UK: Noch mehr Abhörbefugnisse
Verrordnungsentwurf begleitend zum RIP-Gesetz über Telekommunikationsüberwachung von Firmen und Behörden
Am 28. Juli war das Gesetz zur "Regulation of Investigatory Powers" von der Queen abgesegnet worden. Dieses gibt der Polizei und den Geheimdiensten weitreichende Abhörbefugnisse. Es schreibt aber auch den Schutz der Privatsphäre nach den Vorgaben der EU-Datenschutzrichtlinie fest. Damit Unternehmen und Behörden in ihren eigenen Anlagen dennoch mithören und gegebenenfalls auch aufzeichnen dürfen, beeilt sich das Industrie- und Handelsministerium (DTI) nun mit einer Zusatzverordnung.
Der diese Woche vorgelegte Entwurf legt die Ausnahmen von der Datenschutzrichtlinie fest, in den "Regulations On Lawful Business Practice Regarding The Interception of Telecommunications". Bis Ende August ist nun Zeit, auf diesen Vorschlag zu reagieren. Normal wäre eine Beratungsperiode von zumindest 8 Wochen. Doch das DTI möchte diese Verordnung noch rechtzeitig verabschieden, bevor das RIP-Gesetz im Oktober in Kraft tritt.
Die Verordnungen werden es Unternehmen und Behörden erlauben, Telekommunikation zu einer Reihe von Beweiszwecken abzuhören, ohne dass die Abgehörten dazu ihre Zustimmung geben müssen. Diese Zwecke sind das Verhindern oder Aufspüren von Verbrechen, das Aufspüren der nichtautorisierten Verwendung von Telekommunikationssystemen, der Schutz von Netzwerken gegen Viren oder Hacker und die Bekämpfung oder Ermittlung in Fällen von Betrug oder Korruption. Behörden, aber nicht Unternehmen, dürfen auch noch im Interesse der nationalen Sicherheit abhören.
Ein unausgegorener Entwurf?
Firmen wie Behörden dürfen auch abhören, um Beweise zu erhalten, dass Transaktionen stattgefunden haben und dass dabei Regeln und Vorschriften eingehalten wurden. Das kann durchaus auch im Sinne einer Privatperson sein, z.B. wenn es darum geht zu beweisen, dass Kommunikation mit einem Unternehmen in einem Streitfall stattgefunden hat. Doch wie das DTI am Ende seiner Erläuterungen selbst zugibt, sei man mit dem Verfassen des Verordnungsentwurfs im Verzug gewesen und könne nicht alle zukünftigen technischen Eventualitäten berücksichtigen, weshalb der Entwurf mit einem "breiten Pinsel" verfasst worden sei.
Der sehr wirtschaftsfreundliche Minister Steven Byers gibt damit Unternehmen eine Reihe von "guten Gründen", weshalb sie das Nutzungsverhalten von Telekommunikation ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz beobachten dürfen. Es ist zum Beispiel völlig offen, was unter "nichtautorisierte Nutzung" von Telekommunikationssystemen fällt, wahrscheinlich ist damit u.a. das "Surfen" am Arbeitsplatz gemeint. Fazit: Der private Kommunikationsraum wird im Vereinigten Königreich immer enger, es bleiben wohl bald nur noch Flüstergespräche in dunklen Pub-Ecken. Die Reaktion der wegen dem RIP-Gesetz ohnehin verschnupften ITC-Wirtschaft ist mit Spannung zu erwarten, ebenso wie die noch ausstehenden Verordnungen über die Umsetzung des RIP-Gesetzes im Detail.