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US-Außenminister will mit Europäern für einen besseren Iran-Deal zusammenarbeiten

Screenshot Fox on Sunday

Es bleibt aber vage, wie ernst es der Trump-Regierung mit einer neuen Vereinbarung ist

Er werde die nächsten Tage und Wochen hart mit den Europäern zusammenarbeiten, um einen Deal zu erreichen, der "funktioniert" und "schützt", sagte US-Außenminister Mike Pompeo dem amerikanischen Sender Fox-News am Sonntag (ab Minute 12:24 [1], das Thema beginnt bei 09:54). Die Frage des Interviewers lautete, wie hart die US-Regierung mit europäischen Unternehmen umgehen werde, die Geschäftsbeziehungen mit iranischen Partnern unterhalten und den Ausstieg aus der Nuklear-Vereinbarung mit Iran (JCPOA) ignoriere.

Er habe bereits mit den "E3"-Partnern (Großbritannien, Frankreich, Deutschland) während seiner bisherigen kurzen Amtszeit versucht, "den Deal zu reparieren" ("to fix it"). Das habe aber noch nicht geklappt, er habe keine Vereinbarungen erzielen können, sagte Pompeo. Er werde dies nun fortsetzen, um einen funktionierenden Deal, der auch Ziel von Präsident Trump sei, zu erreichen. Die Haltung der iranischen Führung, deren Vertreter sich Nachverhandlungen bislang verweigern, erwähnte Pompeo gar nicht. Das ist offenbar überhaupt nicht von Interesse.

Schutz vor dem "bösartigen Verhalten Irans"

Bezeichnend für die Mentalität der US-Führung ist die Wortwahl des Außenministers, wenn es darum geht, wovor die Vereinbarung bzw. im Jargon der "Deal", schützen soll. Pompeo führt nämlich als Kriterium für einen guten Deal als erste Maßgabe an, dass er die Welt vor dem "schlechten iranischen Verhalten schützen soll, "nicht nur vor ihrem nuklearen Programm, aber genauso vor ihren Raketen und ihrem bösartigen Verhalten". Zwei Mal also das Verhalten, einmal als bad bezeichnet, dann als malign.

Es geht also nicht mehr um die Einhaltung der Vereinbarung, die die 5+1 mit Iran getroffen haben, deren Verletzung Punkt für Punkt nachzuweisen wäre, um auf einem faktischen Boden zu bleiben, sondern um Gefühltes, Interpretationen, Bewertungen, Auslegungen - also Ansichten.

Überraschende Kündigung des IAEA-Chefinspektors

Was die JCPOA anbelangt, so hat sich Iran keiner Regelverstöße gegen die Vereinbarung schuldig gemacht, wie die dafür zuständige Aufsichtsbehörde, die IAEA, festgestellt hat. Deren Chef-Inspektor Tero Varjoranta kündigte sein Amt [2] am Wochenende "aus heiterem Himmel", völlig überraschend, ohne Erklärung. Dass dies "rein zufällig" wenige Tage nach der spektakulären Absichtserklärung Trumps, aus der Iran-Vereinbarung auszusteigen, geschah, ist nicht glaubhaft.

Anzunehmen ist, dass es politisch relevante Gründe sind. Von der Art, dass man sie erstmal nicht nach außen kommuniziert, weil sie unangenehm für eine Konflikt-Partei sein könnten.

Geschichten wie beim Struwwelpeter

Die Begründungen Pompeos, die er anführt, um mit dem Anschein von Objektivität geltend zu machen, warum der Deal mit Iran nicht mehr weitergeführt werden konnte, sind so schlicht gehalten wie in einem Kinderbuch längst vergangener Jahrzehnte oder Jahrhunderte - etwa auf dem Niveau der moralischen Struwwelpeter-Geschichten.

Iran habe von dem Deal profitiert, weil das Land dadurch genug Finanzmittel bekam, um seine militärische Präsenz in anderen Ländern und sein Raketenprogramm zu verstärken, lautet ein Argumentationsbogen - zu dem auch gehört, wie Pompeo an mehreren Stellen anmerkt, dass die Europäer, naiv wie sie seien, dagegen nichts unternommen hätten, "zero sanctions on iranian rockets".

Dazu wird den Hörern kinomäßig vor Auge geführt, dass diese Bewaffnung direkt die Sicherheitsinteressen amerikanischer Bürger betrifft, weil iranische Raketen den Flughafen Riad treffen, wo sich auch US-Bürger aufhalten.

Politik-Kino

Genauere Hintergründe - präzise, nachvollziehbare Nachweise für seine Behauptungen - sind für Pompeo unwichtig. Es geht ihm und der Regierung Trump darum, die Aggressivität Irans zu plakatieren. Tatsächlich kann man daraus aber auch nicht den Gegenschluss ziehen, dass Iran, was Israel angeht, harmlos wäre.

Waren früher in den großen Straßen in Iran Hass-Figuren aufgestellt, welche die USA und Israel mit hässlichen Monster-Feind-Figuren darstellten, so kommen aus Iran zum Thema Israel nach wie vor, regelmäßig auf allen Ebenen seit vielen Jahren immer wieder neu aggressive Äußerungen. Die Bodentruppen der syrischen Regierung sind Milizen mit engen iranischen Verbindungen. Dass dies Israel nicht geheuer ist, muss nicht weiter begründet werden.

Die Frage ist aber, was aus diesem Bedrohungsszenario politisch gemacht wird. Worauf will die US-Politik mit ihrem Iran-Kino, das nahtlos an die Jahrmarkt-Vorstellungen von Netanjahu zur iranischen Bedrohung anschließt, hinaus? Wie ist der Schutz konzipiert - mit Krieg zum Frieden?

Le Monde zitiert [3] am Sonntagabend aus dem Fox-Gespräch mit Pompeo. Der Artikel gibt der Hoffnung Ausdruck, dass Pompeo dafür ist, den "Deal zu verbessern und ihn nicht zu vernichten" ("fix it" versus "nix ist") . Pompeo sagt im Interview, dass Trump an einem neuen Deal gelegen sei.

Die New York Times fügt hinzu, dass die entscheidende Streifrage [4] zwischen den USA und den Europäern darum geht, die Zeit zu verlängern, in der Iran wieder Uran anreichern kann.

"Das Verhalten korrigieren oder das Regime unmöglich machen"

Doch gibt es unter den Beobachtern und Berichterstattern ein anwachsendes Lager derjenigen, die davon überzeugt sind, dass die mit Scharfmachern wie Bolton und Iran-Hardlinern wie Pompeo upgedatete Trump-Regierung kein Interesse daran hat, die Vereinbarung zu verbessern, sondern sie dem Abfall überantwortet, weil sie an größeren Strategien interessiert ist.

Es gehe ihr im Mindesten darum, das Verhalten Irans zu korrigieren, wie aus dem Bericht der New York Times hervorgeht [5] oder eben darum, eine Ablösung des Regimes herbeizuführen.

Diese Sichtweise bestätigt ein Leak aus dem Weißen Haus [6], der, wie der Syrien-Konflikt-Spezialist Sam Heller kommentiert, in ziemlicher VT-Kongruenz [7] formuliert ist.

Beim scharfen US-Überwacher Moon of Alabama [8] wird Material ausgegraben, wonach der Nationale Sicherheitsberater John Bolton schon einmal Druck auf einen Chef-Inspektor ausgeübt hat, der auf eine Kündigung hinauslief ("You have 24 hours to leave the organization").

Nachtrag

"Der Sicherheitsberater von Trump, John Bolton, sagte dem Fernsehsender ABC, Ziel der US-Regierung sei es, sicherzustellen, dass der Iran niemals in die Nähe von Atomwaffen komme. Die USA strebten jedoch keinen Regimewechsel an. Bolton distanzierte sich somit von früheren Aussagen. Noch im Januar hatte er sich dafür ausgesprochen, die Opposition im Iran zu stärken und einen Machtwechsel anzustreben." (Die Zeit [9])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-4047924

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.foxnews.com/politics/2018/05/13/pompeo-backs-trumps-vow-on-europe-helping-iran-pursue-nuclear-weapon.html
[2] http://www.dw.com/en/iaea-nuclear-inspector-tero-varjoranta-steps-down-after-us-quits-iran-deal/a-43749832
[3] http://www.lemonde.fr/proche-orient/article/2018/05/13/iran-les-etats-unis-veulent-travailler-dur-avec-les-europeens-sur-un-nouvel-accord_5298310_3218.html#S6hgOwjeWIUHdJK5.99
[4] https://www.nytimes.com/2018/05/12/us/politics/trump-iran-bolton-mattis-pompeo.html?hp&action=click&pgtype=Homepage&clickSource=story-heading&module=first-column-region&region=top-news&WT.nav=top-news
[5] https://www.nytimes.com/2018/05/12/us/politics/trump-iran-bolton-mattis-pompeo.html?hp&action=click&pgtype=Homepage&clickSource=story-heading&module=first-column-region&region=top-news&WT.nav=top-news
[6] http://freebeacon.com/national-security/white-house-examining-plan-spark-regime-change-iran/
[7] https://twitter.com/AbuJamajem/status/994906647939207168
[8] http://www.moonofalabama.org/2018/05/countdown-to-war-on-iran.html
[9] https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/iran-frist-europa-atomabkommen