US-Gewerkschaft: Heftige Kritik an Amazon nach Tornado-Katastrophe

Luftaufnahme der zerstörten Stadt Mayfield im Westen des US-Bundesstaates Kentucky am 12. Dezember. Bild: State Farm, CC BY 2.0

Nach den schweren Stürmen am vergangenen Wochenende werden Vorwürfe gegen den Onlineversandhändler und ein weiteres Unternehmen erhoben. Wurden Menschenleben fahrlässig aufs Spiel gesetzt?

Bei den verheerenden Tornadostürmen in den USA sollen laut Medienberichten allein im Bundesstaat Kentucky mehr als 70 Menschen ums Leben gekommen sein. Es dürften jedoch noch mehr Zeit vergehen, bis das volle Ausmaß der Katastrophe bekannt wird.

CNN berichtete von mehr als 30 Tornados in den sechs Bundesstaaten, die in der Nacht vom vergangenen Freitag auf Samstag neben Kentucky die US-Bundesstaaten Mississippi, Missouri, Arkansas, Illinois und Tennessee getroffen haben.

Während die Einwohner von West-Kentucky nach den wahrscheinlich schlimmsten Tornados, die den Bundesstaat je heimgesucht haben, weiter mit Aufräumarbeiten beschäftigt sind, beginnt dort nun auch die Suche nach Verantwortlichen.

"Warum wurde eine Stadt zerstört und eine andere nicht, warum wurde diese Straße dem Erdboden gleichgemacht und die nächste blieb unversehrt?", fragt die führende regionale Tageszeitung Herald-Leader. Sowohl Fragen nach versagenden Frühwarnsystemen als auch marode Infrastrukturen stehen im Mittelpunkt der Kritik.

Konkrete Aufklärung wird auch im Falle von mehreren Todesfällen in einer Fabrik im Westen Kentuckys verlangt. In einer Kerzenfabrik, von der Supermarktketten in den ganzen USA beliefert werden, arbeiteten auch am vergangenen Freitagabend trotz der Tornado-Warnungen 110 Menschen in der Nachtschicht.

Bis Sonntagmorgen wurden nur 40 Personen gezählt. Mittlerweile wurden die meisten Mitarbeiter lebend gefunden. Ein Sprecher des Unternehmens Mayfield Consumer Products teilte gegenüber der Nachrichtenagentur AP jedoch mit, dass acht Menschen in der Fabrik ums Leben gekommen seien und acht weitere noch vermisst würden.

Laut Medienberichten kamen auch in Edwardsville im Bundesstaat Illinois Arbeiter bei einem der Tornadostürme ums Leben. In der über 300 Kilometer von Chicago entfernten Stadt richtete ein Tornado an einem Lagerhaus des Handelsriesen Amazon so schwere Zerstörungen an, dass Teile der Halle kollabierten.

Gewerkschaft spricht von "unentschuldbaren" Konzernentscheidungen

Die Behörden gaben an, dass der Tornado mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometern pro Stunde wütete, das Dach des Lagers abriss und die Betonwände zum Einsturz brachte, während die Arbeiter im Inneren blieben. Zwei Frauen und vier Männer fanden dabei den Tod.

Die Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU) veröffentlichte am Samstag nach dem Einsturz des Lagers eine Erklärung und kritisierte Amazon dafür, dass es angeblich von seinen Mitarbeitern verlange, während eines großen Tornados weiterzuarbeiten, und nannte dies "unentschuldbar".

Stuart Appelbaum, Präsident der RWDSU, sagte hierzu in einer Erklärung:

Dies ist ein weiteres empörendes Beispiel dafür, dass das Unternehmen Profite über die Gesundheit und Sicherheit seiner Beschäftigten stellt, und das können wir nicht hinnehmen. Amazon kann nicht weiterhin aus dem Schneider sein, wenn es das Leben hart arbeitender Menschen aufs Spiel setzt.

Andere Aktivisten wiesen derweil darauf hin, dass allein in den vergangenen sechs Monaten Amazon fahrlässig Menschenleben aufs Spiel setzte, indem der Konzern Vorwarnungen von Unwettern ignorierte: So auch bei Überschwemmungen in New York und der Extremhitze an der nördlichen Pazifikküste, welche die USA im Sommer heimsuchte. Schon damals hatten Gewerkschafter von Amazon wesentlich bessere Schutzvorkehrungen für die Beschäftigten verlangt.