US-Heimatschutzministerium warnt vor gefälschten syrischen Pässen
In einem Sicherheitsbericht wird verbreitet, dass Menschen mit solchen bereits eingereist sein könnten, was Politikern zur Panikmache dient
Einer der Selbstmordattentäter, der sich vor dem Fußballstadion in Paris in die Luft sprengte, hatte einen vermutlich gefälschten syrischen Pass bei sich, der vermutlich einem getöteten syrischen Soldaten gehört hatte. Nun warnt das US-Heimatschutzministerium in einem Bericht (Homeland Security Investigations (HSI) Intelligence Report), der letzte Woche an die Sicherheitsbehörden ging, dass IS-Anhänger mit gefälschten, aber echt aussehenden Pässen in die USA gelangt sein könnten.
Nach dem Bericht, der ABC-News offenbar vorliegt, könne der IS vermutlich selbst authentisch aussehende Pässe drucken, nachdem die Islamisten die Stadt Deir ez-Zour teilweise eingenommen wurde. Dort habe es eine Behörde mit vielen unausgefüllten Pässen und einen Passdrucker gegeben. Eine weitere Passbehörde gebe es in Raqqa, der "Hauptstadt" des IS. Im Bericht heißt es allerdings, dass Raqqa und Deir ez-Zour "seit 17 Monaten" vom IS kontrolliert würden, was für Deir ez-Zour nicht zutrifft.
Zudem wird nur von einer bloßen Möglichkeit gesprochen, dass "Menschen mit Pässen, die in diesen vom IS kontrollierten Städten 'ausgegeben' wurden, oder solche, die unausgefüllte Pässe hatten, in die USA eingereist sein könnten". Die Quelle, von der diese Information stammt, wird mit "mittlerer Vertrauenswürdigkeit" eingestuft.
Allerdings hat auch FBI-Direktor James Comey am Mittwoch im Rechtsausschuss des Senats auf eine entsprechende Frage des Ausschussvorsitzenden Charles Grassley, dem republikanischen Senator aus Iowa, erklärt, die Geheimdienste hätten die Sorge, dass der IS gefälschte Pässe herstellen könne. Allerdings scheint Comey damit Grassley entgegenzukommen, der einerseits die US-Regierung kritisieren und andererseits die von syrischen Zuwanderern angeblich ausgehende Gefahr beschwören will.
US-Präsident Obama will 2016 gerade einmal 10.000 syrische Flüchtlinge - vor allem Gefolterte, Kranke, Frauen und Kinder - aufnehmen, was von Seiten der Republikaner nach den Anschlägen in Paris, verstärkt durch das Massaker in San Bernardino, zunehmend ablehnen. Der Präsidentschaftskandidat Donald Trump verlangt einen totalen Einreistopp für Muslime.
Grassley wies darauf hin, dass National Counterterrorism Center angeblich Personen "mit Verbindungen zu Terrorgruppen in Syrien" ausgemacht habe, die versuchen würden, "mit der Hilfe des Flüchtlingsprogramms in die USA zu gelangen". Das von Obama angekündigte Flüchtlingsprogramm ist allerdings noch gar nicht angelaufen, zudem sollen die Syrer dann bis zu zwei Jahre lang intensiv oder skrupulös von Dutzenden von Behörden auf Sicherheit überprüft werden, bevor sie in den USA reisen dürfen und dort aufgenommen werden. Seit 2011 wurden 2.234 syrische Flüchtlinge aufgenommen.
Grassley führte weiter aus, dass auch der FBI-Direktor Informationslücken beim Überprüfen bestätigt habe. Man müsse aber nicht nur deswegen Sorge haben, sondern auch, weil der IS große Teile des Landes und damit Regierungsgebäude kontrolliere. Damit habe er auch Zugriff auf persönliche Informationen von "vielen unschuldigen Syrern", die Grassley nun aber unter Generalverdacht stellte, als er den FBI-Direktor rhetorisch fragte, ob er die Sorge habe, "dass der IS Pässe oder andere Identitätsdokumente für seine Kämpfer so fälschen kann, dass sie praktisch nicht erkannt werden können". Darauf sagte Comey, das sei möglich.
Trotz offener IS-Bekenntnisse konnte Tashfeen Malik bei Visa-Sicherheitsüberprüfungen durchschlüpfen
Dass gefälschte Pässe zirkulieren, haben auch Journalisten demonstriert, die im September einen gefälschten syrischen Pass für den niederländischen Regierungschef Rutte kaufen konnten.
Nach dem Bericht des Heimatschutzministeriums sei Syrien überschwemmt mit gefälschten Dokumenten, so würde der Besitz von gefälschten Pässen nicht einmal als illegal betrachtet. Nach dem Informanten könne man Pässe für 200 bis 400 US-Dollar kaufen, zurückdatierte Stempel in den Pässen würden ähnlich viel kosten. In der Türkei sei ein Pass mit einer Nummer entdeckt worden, aus dem man schließen könne, dass er in eine vom IS kontrollierten Gebiet Anfang des Jahres ausgestellt worden sei. In dem Bericht wird eingeräumt, dass man keine Kenntnis über den Ort habe, an dem sich Passdruckmaschinen befinden, da diese mobil seien. Man habe auch keine Kenntnis, wie die angeblich in Deir ez-Zour gestohlenen Pässe aussehen. Aber man meint, es müsse auf jeden Fall gewarnt werden: "Wenn die Möglichkeit des IS, Pässe herzustellen, nicht kontrolliert wird, dann wird sich dessen Einsatzgebiet weiterhin vergrößern und sich über die von ihnen kontrollierten Gebiete ausdehnen."
Noch mehr Gründe zur gewünschten Ablehnung syrischer oder überhaupt islamischer Flüchtlinge dürfte die Erkenntnis liefern, wie die New York Times berichtet, dass die Pakistanerin Tashfeen Malik, die mit ihrem Mann Syed Rizwan Farook das Massaker in San Bernardino beging und sich zum Islamischen Staat bekannt haben soll, durch drei Hintergrundüberprüfungen des Heimatschutz- und des Außenministeriums sowie des FBI geschlüpft ist - obgleich sie, wie man jetzt entdeckte, schon zuvor öffentlich auf Sozialen Netzwerken mitgeteilt hatte, dass sie den Islamischen Staat unterstütze und Teil von ihm sein wolle. Zudem musste Farook zwei Gespräche mit einem pakistanischen Beamten bei der Ausreise und in den USA mit einem Einwanderungsbeamten führen, als sie die Green Card beantragte.
Farook kam über das K-1 Visaprogramm in die USA, nach dem Ausländer zur Heirat von US-Bürgern einreisen dürfen. Das Weiße Haus hat nun angeordnet, das Programm und 90.000 Personen, die in den letzten beiden Jahren darüber in die USA gekommen sind, zu überprüfen. Die Kritik ist, dass offenbar Postings in den Sozialen Netzwerken nicht für die Sicherheitsprüfungen herangezogen werden.