US-Strategie gegen Iran: Israel soll Speerspitze werden

Lars Lange
Israelische Kampfjets in der Luft

Israelische Kampfflugzeuge. Foto: Oren Ravid / Shutterstock.com

Die USA wollen Israel bei einem möglichen Iran-Angriff voranschicken. Trump macht dies in einer überraschenden Ankündigung deutlich. Experten warnen vor enormen militärischen Risiken.

Die USA erwägen offenbar, Israel als Speerspitze für einen möglichen Militärschlag gegen den Iran einzusetzen. US-Präsident Donald Trump erklärte am Mittwoch unmissverständlich, dass Israel "die Führung" bei einem möglichen Angriff übernehmen würde, falls die anstehenden Atomgespräche scheitern sollten.

Wie die Times of Israel berichtet, ist dies das erste Mal, dass Trump explizit mit einem von Israel geführten Angriff gegen den Iran gedroht hat.

"Wenn es militärische Maßnahmen erfordert, werden wir militärische Maßnahmen ergreifen. Israel wird offensichtlich sehr stark daran beteiligt sein – es wird der Anführer sein", so Präsident Donald Trump am Mittwoch im Oval Office.

Geplante Gespräche

Diese überraschende Ankündigung folgt Trumps Ultimatum an den Iran und zunehmenden militärischen Vorbereitungen beider Länder, die seit einiger Zeit zu beobachten sind.

Wie aus dem Bericht der Times of Israel hervorgeht, soll es für den kommenden Samstag direkte US-Iran-Gespräche geben.

Operative Einschätzung von Experten: Große Herausforderungen

Falls die Verhandlungen scheitern und die USA mit Israel einen Militärschlag durchführen sollten, würden sie vor erheblichen militärischen Herausforderungen stehen. Die brasilianische Militäranalystin Patricia Marins hat in einer detaillierten Analyse für Defense Arabia fünf zentrale Probleme identifiziert, die einen Angriff auf den Iran erheblich erschweren würden.

Wie Marins ausführt, verfügt der Iran über "mehr Flugabwehrbatterien als ganz Europa zusammen". Diese massive Luftverteidigung stellt selbst für fortschrittliche Tarnkappenjets eine ernsthafte Bedrohung dar. Laut ihrer Analyse war der letzte israelische Luftangriff auf den Iran Ende Oktober letzten Jahres ein Fehlschlag, denn Israel wagte es mit seinen F-35 nicht, in den iranischen Luftraum einzudringen.

US-amerikanische Bomber müssten jedoch tief in den iranischen Luftraum eindringen und über längere Strecken im Zielgebiet operieren, um die Bunkeranlagen anzugreifen, da die Bunkerbrecher-Bomben nur eine begrenzte Reichweite von etwa 80 km haben.

Ein zweites grundlegendes Problem betrifft die Wirksamkeit der GBU-57 Bunkerbrecher-Bomben gegen iranische Anlagen. Laut Marins würden diese Bomben "wenig gegen iranische Einrichtungen ausrichten". Obwohl sie für die Durchdringung von bis zu 60 Metern verstärktem Beton oder Erdreich konzipiert sind, bestehen die iranischen Anlagen aus Ultrahochleistungsbeton (UHPC).

"Diese Bomben durchdrangen bei Tests gegen UHPC-Befestigungen weniger als 15 Meter", erläutert Marins. Zudem befinden sich viele der Bunker unter Bergen und wurden in Zusammenarbeit mit Nordkoreanern errichtet, was auf Tiefen von "hunderten von Metern" schließen lässt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass GBU-57-Bomben wichtige Ziele des iranischen Programms erfolgreich treffen könnten, sei daher "sehr gering".

Als drittes Risiko sieht Marins die Gefährdung US-amerikanischer Stützpunkte in Katar. Würden diese für Angriffe auf den Iran genutzt, könnte Teheran mit massiver Vergeltung reagieren. Zwar könne der Iran die US-Streitkräfte nicht besiegen, doch er verfüge über ein Raketenarsenal, das Katar schwer treffen und den regionalen Seeverkehr ins Chaos stürzen könnte.

Viertens weist Marins auf die strategische Reichweite iranischer Waffen hin. Obwohl sie skeptisch ist, ob iranische Waffen präzise genug wären, um die etwa 4.000 km entfernte Insel Diego Garcia zu treffen, erinnert sie daran, dass die Khorramshahr- und Sejjil-Raketen sowie die Shahed 136-Drohnen mit einer Reichweite von genau 4.000 km angekündigt wurden – genau der Entfernung zu diesem wichtigen US-Stützpunkt im Indischen Ozean.

Abschließend zeigt sich Marins "skeptisch bezüglich der Fähigkeit der USA, das iranische Programm mit Luftangriffen zu stoppen". Sie kommt zu dem Schluss, dass ein Angriff wahrscheinlich auf wirtschaftliche Aspekte beschränkt bleiben und auf Infrastruktur abzielen würde, wie etwa den Hafen von Bandar Abbas, über den "fast 80 Prozent des gesamten Frachtumschlags mit der Außenwelt abgewickelt werden".

Doch selbst diese Maßnahme müsste vorsichtig durchgeführt werden, da starke Vermutungen bestehen, dass der Iran über Anti-Schiffs-Raketen mit Reichweiten von über 1.000 km verfügt.

Iranische Gegenmaßnahmen

Angesichts der zunehmenden Spannungen hat der Iran begonnen, seine Verteidigungsposition zu stärken und seine regionalen Verbündeten zu unterstützen. Wie die Times of Israel berichtet, hat der Iran in der vergangenen Woche neue Langstreckenraketen an Milizen im Irak geliefert, trotz früherer Berichte, dass sie sich angesichts einer möglichen Eskalation mit US-Präsident Donald Trump entwaffnen würden.

Die Lieferungen der Luftwaffe der Revolutionsgarden sollen Boden-Boden-Raketen, die bis nach Europa reichen könnten, sowie Quds 351 Marschflugkörper und Jamal 69 ballistische Raketen umfassen.

Chinesisch-iranische Zusammenarbeit bei Luftverteidigung

Ein weiterer Faktor, der die Verteidigungsfähigkeiten des Iran erheblich stärken könnte, ist die mögliche chinesische Unterstützung bei Luftabwehrsystemen. Wie die chinesische Fachpublikation China-Arms berichtet, fing der Iran am 26. Oktober des vergangenen Jahres von Israel abgefeuerte Raketen erfolgreich ab.

Bemerkenswert war dabei, dass Chinas staatlicher Fernsehsender CCTV in einem ungewöhnlichen Schritt eine vierstündige Live-Übertragung aus Teheran sendete, die diese Abfangaktionen dokumentierte. Der erfolgreiche Abfang israelischer Raketen führte zu Spekulationen über chinesische Luftverteidigungssysteme im Iran.

Laut China-Arms waren in einer undatierten Rede Khameneis im Hintergrund chinesische Systeme zu sehen. Grundlage dafür wäre ein 2021 geschlossenes Partnerschaftsabkommen mit China im Wert von 400 Milliarden Dollar.

Diese Luftabwehrfähigkeiten werden durch ein beeindruckendes Arsenal eigener iranischer Systeme und russischer Importe ergänzt. Der Iran verfügt über das selbst entwickelte Bavar-373-System, das nach iranischen Angaben dem US-amerikanischen Patriot-System überlegen sein soll. Zusätzlich operiert der Iran mit russischen S-300 Luftabwehrsystemen und möglicherweise bald auch mit dem fortschrittlicheren S-400-System.

Wie Bulgarian Military berichtet, soll Russland bereits mit der Lieferung des russischen S-400-Systems begonnen haben, das mit seiner Reichweite von bis zu 400 Kilometern die iranischen Abwehrfähigkeiten erheblich verstärken würde.

Türkischer Faktor: S-400 in Syrien

Eine zusätzliche Komplikation für einen möglichen Iran-Angriff ist die Stationierung türkischer S-400 in Syrien. Wie Defense Mirror berichtet, treibt die Türkei Pläne voran, das von Russland gekaufte S-400-System auf dem T4-Luftwaffenstützpunkt in Zentralsyrien zu stationieren, trotz jüngster israelischer Luftangriffe auf die Region – türkisches Militärgerät, einschließlich Luftabwehreinheiten, soll bereits aktiv zu Stützpunkten nahe Homs und Palmyra verlegt werden.

Mit der Stationierung fortschrittlicher Luftabwehrsysteme auf den zentralsyrischen Flughäfen würde die Türkei de facto die Luftroute in den Iran beherrschen und könnte sie bei Bedarf blockieren.

Aktuelle US-Truppenverschiebungen

Die Vorbereitung auf einen möglichen Konflikt mit dem Iran hat bereits zu erheblichen Verschiebungen US-amerikanischer Militärressourcen geführt.

Wie der X-Kanal Osintdefender berichtet, wurde ein komplettes "Patriot"-Raketenbataillon der US-Armee in die Centcom-Region (Naher Osten) verlegt.

Das stellt eine signifikante Konzentration von Luftabwehrkapazitäten dar, denn ein Patriot-Bataillon besteht aus bis zu 6 Feuereinheiten, die wiederum aus bis zu 8 Startgeräten bestehen. Die Verlegung, die laut "Osintdefender" kürzlich abgeschlossen wurde, erforderte denn auch etwa 73 Flüge mit C-17 Globemaster III-Transportflugzeugen von Asien in den Nahen Osten.

Parallel dazu verschlingt die laufende Bombardierungskampagne im Jemen enorme Ressourcen. Die New York Times berichtet, dass diese Kampagne weitaus umfangreicher ist als vom Pentagon öffentlich zugegeben.

Das US-Militär hat laut dem Bericht in den ersten drei Wochen allein etwa 200 Millionen Dollar an Munition verbraucht. Die Gesamtkosten liegen inzwischen bei weit über einer Milliarde Dollar. Ein hochrangiger Beamter des Verteidigungsministeriums teilte kürzlich Kongressmitarbeitern mit, dass die Marine und das Indo-Pacific Command "sehr besorgt" darüber seien, wie schnell das Militär Munition im Jemen verbrauche.

US-Truppenabzug aus Syrien: Ressourcenverlagerung für Iran-Operation?

Parallel zu den Truppenverstärkungen im Persischen Golf hat das Pentagon eine Reduzierung seiner militärischen Präsenz in Syrien angekündigt. Wie The War Zone berichtet, plant die USA, ihre Truppenstärke in Syrien von derzeit etwa 2.000 auf nur noch 1.000 Soldaten zu halbieren. Dieser Schritt könnte in direktem Zusammenhang mit den wachsenden Spannungen gegenüber dem Iran stehen.

Die Reduzierung der US-Truppen in Syrien dient möglicherweise zwei strategischen Zielen: Einerseits könnten diese Kräfte für andere Operationen in der Region freigesetzt werden, andererseits verringert sich das Risiko, dass amerikanische Soldaten in Syrien bei möglichen iranischen Vergeltungsschlägen ins Visier geraten.

Gleichzeitig zeigen Berichte von Responsible Statecraft, dass die USA möglicherweise eine Ausweitung ihrer Jemen-Operation in Betracht ziehen.

Laut Wall Street Journal sei Washington "offen für die Unterstützung einer Bodenoperation durch lokale Kräfte" im Jemen. Dies würde eine erhebliche Eskalation des US-Engagements gegen die vom Iran unterstützten Houthis bedeuten, die bisher hauptsächlich aus der Luft bekämpft wurden.

Diese parallelen Entwicklungen – Truppenabzug aus Syrien, mögliche Eskalation im Jemen und massive Ressourcenverlagerung in den Persischen Golf – deuten auf eine umfassende Neuausrichtung der US-Militärstrategie im Nahen Osten hin, möglicherweise als Vorbereitung auf eine größere Konfrontation mit dem Iran.

Trumps Ankündigung, dass Israel bei einem möglichen Militärschlag gegen den Iran "die Führung übernehmen" würde, signalisiert einen strategischen Ansatz, der auf Proxy-Kriegsführung setzt. Die USA scheinen ihre bewährte Strategie fortzusetzen, regionale Verbündete für ihre strategischen Ziele einzuspannen.

Doch die türkische Kontrolle über kritische Luftkorridore in Syrien und vor allem die wahrscheinlich erheblichen iranischen Luftverteidigungskapazitäten bedeuten, dass die USA und Israel nicht mehr in einer Welt operieren, in der sie die Lufthoheit beanspruchen können – ein potenzieller Angriff würde ganz erhebliche Risiken bergen.

Die parallele Eskalation im Jemen und der mögliche Einstieg in eine Bodenoperation dort werfen zudem die Frage auf, ob die USA ihre militärischen Ressourcen nicht überdehnen könnten.

Das US-Ultimatum könnte durchaus ein kalkulierter Bluff sein, um den Iran zu Zugeständnissen zu bewegen. Die bevorstehenden Atomgespräche in Oman stellen eine kritische Chance für eine diplomatische Lösung dar, bevor die Frist am 1. Mai abläuft.

Inzwischen verstärkt der Iran seine Position mit der strategischen Aufrüstung seiner Proxy-Kräfte im Irak, wodurch er seine Verteidigungstiefe erhöht und die Kosten eines möglichen Angriffs für die USA weiter steigert.

Letztlich wird alles davon abhängen, wie entschlossen die USA eine iranische Atombombe verhindern wollen – und ob sie bereit sind, die enormen militärischen und geopolitischen Risiken einzugehen, die ein solcher Angriff mit sich bringen würde.