zurück zum Artikel

USA: Berufungsgericht hält Aussetzung des Einreiseverbots für Visainhaber aufrecht

Die Space Needle, das Wahrzeichen von Seattle. Foto: Rattlhead. Lizenz: Public Domain

Regierung beschreitet Rechtsweg - Debatte über Gefährderstaaten

Am Freitag entschied der Seattler Bundesrichter James Robart, der von Donald Trump verhängte Einreisestopp für Personen aus sieben Ländern, die die US-Heimatschutzbehörde noch unter Barack Obama als gefährlich eingestuft hatte, gelte nicht für Personen, denen bereits ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis ausgestellt wurde. Die ihnen drohenden wirtschaftlichen und anderen Nachteile wiegen seiner Ansicht nach schwerer als die Gefahr, die das Dekret abwehren soll. US-Medienberichten zufolge soll die Entscheidung eine höhere fünfstellige Zahl von Personen betreffen. Sie gilt dem Willen des Gerichts nach für die gesamten USA - vorerst.

Denn Trump akzeptierte die Meinung des Gerichts aus der Frasier-Stadt am anderen Ende der USA nicht, sondern beschritt noch am Samstagabend den Rechtsweg dagegen. Am Sonntag entschied ein mit drei Richtern besetzter und für die Westküste zuständiger Berufungsausschuss in San Francisco, dass die von der Regierung vorgebrachten Argumente (Gefährdung der Sicherheit der USA und Kompetenzüberschreitung des Gerichts) keine Aussetzung des Urteils erforderlich machen. Nun haben beide Parteien bis heute Nachmittag Zeit, dem Ausschuss weitere Argumente vorzulegen.

Gang zum Supreme Court wahrscheinlich

Rechtskundige Beobachter sehen mit dem Fall aber auch so grundsätzliche Fragen aufgeworfen, dass wahrscheinlich erst der Supreme Court ein endgültiges Urteil fällen wird. Diese endgültige Entscheidung könnte deshalb lange auf sich warten lassen - und sie wird möglicherweise von einem Supreme Court gefällt, der anders besetzt ist als der jetzige (vgl. Supreme Court: Trump nominiert Scalia-Fan [1]).

Dass Trump nicht bereit ist, bereits unteren Instanzen nachzugeben, zeigen seine Tweets [2], in denen er eine Kompetenzanmaßung der Judikative kritisiert und meint, Richter Robart habe "unser Land für potenzielle Terroristen […] geöffnet" und "böse Leute sehr glücklich" gemacht. Angeordnet hat er nun schon einmal schärfere Einreisekontrollen.

Louvre-Attentäter befeuert Visumsdebatte

Der Louvre-Attentäter, der am Freitag im berühmten Pariser Museum mit einer Machete Wachsoldaten attackierte und jetzt mit einem Bauchschuss im Krankenhaus liegt, ist - wie inzwischen feststeht - ein ägyptischer Staatsangehöriger, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebte und mit einem 680 Euro teuren Touristenvisum in den Schengenraum einreiste, das er dem Figaro [3] zufolge bar bezahlte.

Sein Fall löste auch in Europa Diskussionen darüber aus, ob die aktuellen Sicherheitsüberprüfungen bei der Visaerteilung noch ausreichen. Nigel Farage, der ehemalige Vorsitzende der britischen UKIP, glaubt sogar, dass der ganze Schengenraum am Ende sei, weil er zu einer Zeit konstruiert wurde, als man die heutige Terrorgefahr noch nicht antizipierte.

Warum steht Saudi-Arabien nicht auf der Liste?

In US-Medien befeuert der Louvre-Fall die Debatte darüber, ob die Staaten, über deren Angehörige man ein Einreisemoratorium verhängte, überhaupt die gefährlichsten sind. Trump griff für sein Dekret (in dem keine Länder namentlich genannt werden) auf eine Gefährderländerliste zurück, die noch unter seinem Vorgänger Obama erstellt wurde. Damit hat er zwar ein Argument gegen Kritiker von Seiten der Demokraten, lässt jedoch die Frage offen, warum beispielsweise Saudi-Arabien nicht darauf enthalten ist - das Land, aus dem 15 der 19 9/11-Attentäter und zahlreiche andere Terroristen kamen und dessen Staatsdoktrin, der Wahabismus, mit dem Salafismus der Dschihadisten ideologisch eng zusammenhängt.

Der Tatsache, dass Saudi-Arabien nicht auf der Liste steht, dürften auch ökonomische Erwägungen zugrunde liegen: Das Ölkönigreich pflegt enge geschäftliche Kontakte in die USA, was entsprechend viele Geschäftsreisen zur Folge hat. Würden Einreisen in die USA zeitweise gestoppt, dann könnten die Wahabiten ihrerseits mit Einreisebeschränkungen für Amerikaner reagieren, was finanzielle Interessen größerer Unternehmen berühren und eventuell sogar die Energieversorgung gefährden könnte.

Trump hat allerdings angekündigt, die USA von Öllieferungen aus dem Nahen Osten unabhängiger zu machen. Dabei setzt er nicht nur auf erneuerbare Energielieferanten wie Wind und Sonne (die im kalten Januar 2017 in Deutschland mit weniger als 9 der benötigten 50 Mrd. kWh [4] weiter von einer Sicherung der Stromversorgung entfernt waren als 2016), sondern auch auf Kohle aus den USA, deren einfacherer Abbau mit weniger Natur- und Landschaftsschutzvorschriften in Bundesstaaten wie West Virginia die Arbeitsplätze der Arbeiter sichern soll, die ihm im November mit zum Wahlsieg verhalfen.

Gefährderstaaten lassen Israelis nicht einreisen

Der Einreisestopp, den die USA begrenzt gegen Angehörige der Staaten Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien verhängt haben, ist nicht der einzige der weltweit existiert: Diese sieben Staaten sowie Algerien, Bangladesch, Brunei, Kuwait, der Libanon, Malaysia, Oman, Pakistan, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate lassen keine israelischen Staatsangehörigen einreisen [5]. Ein Einreisestopp, der nicht begrenzt ist, sondern von diesen Staaten dauerhaft aufrechterhalten wird.

Einige Länder verweigern die Einreise dem Auswärtigen Amt zufolge [6] auch Deutschen und anderen Angehörigen von Drittstaaten, wenn sich in deren Pass ein israelischer Einreisestempel befindet.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3617974

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tp/features/Supreme-Court-Trump-nominiert-Scalia-Fan-3614434.html
[2] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/828042506851934209
[3] http://www.lefigaro.fr/actualite-france/2017/02/03/01016-20170203ARTFIG00325-louvre-l-auteur-de-l-attaque-des-militaires-venait-de-dubai.php
[4] http://www.iwr.de/news.php?id=33008
[5] http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5162605/Auch-israelische-Juden-von-USEinreiseverbot-betroffen
[6] http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/FAQ/Reisehinweise/12-EinreiseIsrael.html?nn=383016