USA: Die Grenzen des maximalen Drucks auf Iran
Spekulationen über einen strategischen Pakt zwischen China und Iran sind nicht belegt, aber die Beunruhigung in den USA über einen Deal der beiden Länder hat gute Gründe
Die Beziehungen zwischen Iran und China sorgen für Beunruhigung in den USA. Ein Abkommen zwischen den beiden Ländern "trotze" der US-amerikanischen Strategie des maximalen Drucks gegen Iran, wie es die New York Times beschreibt. Pepe Escobar, Autor der Asia Times, ist da deutlicher: Auf Dauer könnten die Hardcore-Sanktionen der USA nichts gegen einen weitreichenden Iran-China-Deal ausrichten. Sie sind da ohnmächtig. Genau das sei ein geopolitischer und -ökonomischer Kern des "strategischen Pakts".
"Tupolew Tu-22M-Überschallbomber auf iranischen Militärbasen"
Einige Leaks zum Pakt sind an die Öffentlichkeit gekommen. Wellen geschlagen hat vor allem ein Bericht der Webseite oilprice.com. Dort werden mit Berufung auf ungenannte Quellen Geheimnisse eines 25-Jahres-Plans enthüllt, die Sensationelles zur militärischen Zusammenarbeit verkünden: So sollen laut iranischer Quellen von China modifizierte Tupolew Tu-22M-Überschallbomber sowie Sukhoi Su-34 und Sukhoi-57 "unbegrenzten Zugang" zu iranischen Militärflugbasen in Hamedan, Bandar Abbas, Chabhar und Abadan erhalten.
Darüber hinaus sollen chinesische und russische Kriegsschiffe Zugang zu in künftigen "Dual-use"-Anlagen erhalten, die von China in iranischen Häfen wie Chabahar, Bandar-e-Bushehr und Bandar Abbas gebaut werden. Begleitend sollen Kapazitäten der elektronischen Kriegsführung mithilfe Chinas und Russlands ausgebaut werden.
Das wäre, wenn es denn auf Tatsachen beruht, keine kleine Sache. Mittlerweile hat sich aber schon das iranische Außenministerium eingeschaltet, um solchen "fabrizierten News" zu widersprechen. Zum Konflikt zwischen den USA und Iran gehören Psy-Ops und politische Botschaften so unentwirrbar dazu, dass den Nachrichten mit Skepsis zu begegnen ist.
Das gilt aber nicht nur für die "Wumms-Enthüllung" von oilprice.com, sondern auch für die Inhalte des Abkommens, die die New York Times präsentiert. Dort ist zwar weniger sensationell von der militärischen Zusammenarbeit die Rede, sondern vor allem von einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die die Iran-Strategie der USA aushebeln könnte.
"400 Milliarden Dollar-Deal"
Auch die Autoren der New Yorker Zeitung berufen sich auf zwei ungenannte Quellen, wenn sie von einer chinesischen Investition in Iran im Volumen von über 400 Milliarden Dollar - allerdings im Lauf von 25 Jahren - sprechen. China würde dafür iranisches Öl zu verbilligten Preisen bekommen.
Geht es nach der NYT, so stecken im iranisch-chinesischen Strategieplan laut "Entwurf" 100 Projekte. Hervorgehoben werden Flughäfen, Hochgeschwindigkeitszugverbindungen, U-Bahnen, der Ausbau von Hafenanlagen, zum Beispiel in Jask, am Eingang zum persischen Golf, und die Zusammenarbeit beim Aufbau einer Infrastruktur für ein 5G-Netz.
Das sind nur Ausschnitte, die anzeigen sollen, in welche Dimensionen die Spekulationen über den Inhalt der Vereinbarungen laufen. Konkret ist nämlich noch wenig Information zum "Iran-China-Deal" verlässlich oder spruchreif. Denn, wie die New York Times selbst einschränkt, ist die Vereinbarung faktisch noch in der Schwebe, sie muss erst vom iranischen Parlament ratifiziert werden - und wichtiger noch: Über den Inhalt ist so gut wie nichts bekannt.
Zwar behauptet die US-Zeitung, dass ihr der "finale Entwurf" vorliegt, zugleich aber verweisen Skeptiker auf das offizielle Dokument dazu, das auch auf Englisch vom Büro des iranischen Präsidenten veröffentlicht wird. Wer sich das offizielle Dokument anschaut, erfährt vor allem von Absichtserklärungen und nichts von den genannten brisanten Inhalten.
Dennoch bleibt noch genug Grund für Beunruhigung aufseiten der US-Führung. Denn an den strategischen Interessen, die beiden Länder aneinander haben, ist grundsätzlich nicht viel zu deuteln. Für China sind die reichen Energieressourcen Irans ebenso von großem Interesse wie der iranische Markt mit einem hohen Anteil junger Menschen an der 80 Millionen-Bevölkerung und Iran ist ein wichtiges Transitland mit zentraler Bedeutung für das Projekt der "neuen Seidenstraße". Ebenso liegen auch für Iran die Vorteile auf der Hand, wenn sich das Land weiter nach Osten orientiert.
Bisherige ökonomische Daten, die nun von gegnerischen Seiten, z.B. aus den Golfstaaten, entgegengehalten werden (ähnlich niedrig wird das Level der gegenwärtigen iranisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen bei bourseandbazaar.com aufgeschlüsselt), taugen noch nicht dazu, die Geschäftsbeziehungen zwischen Iran und China als gefährliche Konkurrenz für die Wirtschaftsmacht USA zu bewerten. Aber das kann sich längerfristig ändern.
Es zeigt sich, dass Chinas politische Strategie, die anders als die USA nicht auf militärische Aggressivität setzt, sondern auf Handel und Wirtschaftsbeziehungen, politische Kooperationsnetze dort aufspannt, wo Strategie des maximalen Drucks hauptsächlich auf Probleme und Niederkämpfen aus ist. Die EU kommt dabei nicht über eine von den USA abhängigen Nebenrolle hinaus.
Weder Frankreich noch Deutschland noch das frühere EU-Mitgliedsland Großbritannien sind willens oder fähig, der US-Sanktionspolitik, die miteinkalkuliert, dass die iranische Bevölkerung stark in Mitleidenschaft gezogen wird, eine eigene Politik entgegenzusetzen. Die Politik des maximalen Drucks der Trump-Administration zielt auf einen Kniefall der Führung in Teheran, den es nicht geben wird.