USA: Gentrifizierung führt zum Gebrauch von Schusswaffen

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Studie zeigt engen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Mieten in ärmeren Stadtteilen und den Verletzungen mit Feuerwaffen. Weshalb kommt es in gentrifizierten Stadtteilen zu mehr Gewalt?

Gentrifizierung kann ganz schön gefährlich sein. Zumindest in den USA. Der Prozess der oft extremen Mietsteigerungen und Verdrängung von ärmeren Altmietern – in Berlin auch gerne mal mit Polizeigewalt und tödlichen Folgen – führt auf der anderen Seite der Atlantik zu einer doch eher zweifelhaften Aufwertung der Quartiere.

Das zeigt jetzt eine Untersuchung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Demnach waren in den untersuchten Jahren 2014 bis 2019 in den gentrifizierten Nachbarschaften Verletzungen durch Feuerwaffen 26 Prozent häufiger als in Nachbarschaften ohne Gentrifizierungsprozesse.

Wurden nur Nachbarschaften mit jeweils ähnlicher Sozialstruktur verglichen, so nahmen die entsprechenden Verletzungen gar um 62 Prozent zu.

Als Gentrifizierung wurde für die Untersuchung ein Vorgang definiert, bei dem in einem Innenstadtbezirk der Median der Mieten über den Werten in der Region lag und zugleich der Median der Haushaltseinkommen in dem betroffenen Bezirk 20 Prozent oder mehr unter dem vergleichbaren Wert der Umgebung blieb.

Soziale Verwerfungen

Der Median ist jener Wert, der genau die Mitte einer Stichprobe kennzeichnet. Beim Einkommen heißt es zum Beispiel, dass die Hälfte der Haushalte unter diesem Wert liegt und die andere Hälfte darüber. Das Durchschnittseinkommen ist hingegen in Gesellschaften mit großer Ungleichheit, wie der hiesigen, deutlich höher, weil die hohen und sehr hohen Einkommen den Wert nach oben drücken.

Doch weshalb kommt es in den gentrifizierten Stadtteilen zu mehr Gewalt? Die Autorinnen und Autoren schreiben, dass die genauen Mechanismen Gegenstand weitere Studien sein sollten. Allerdings nehmen sie an, dass die Ursachen in den sozialen Verwerfungen und der Verdrängung zu suchen sind.

Außerdem ist anzumerken, dass sich in den USA hinter den Zahlen über Verletzungen mit Schusswaffen auch viele Selbstmorde verbergen. Auch hierzulande kommt es immer wieder vor, dass sich Menschen nach oder während einer Zwangsräumung aus Verzweiflung selbst töten, was allerdings bisher die Gerichte nicht dazu bewogen hat, von der äußerst großzügigen Vergabe von Räumungstiteln Abstand zu nehmen.

Derweil ist der Tod durch Schusswaffen in den USA inzwischen endemisch. Die Autorinnen und Autoren sprechen von etwas über 45.000 Toten im Jahre 2020. 2022 waren es bereits mehr als 48.000, heißt es bei der US-Behörde Centers for Desease Control and Prevention. Etwas über der Hälfte seien Selbstmorde gewesen und weitere mehr als 40 Prozent Tötungsdelikte.