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USA: Republikaner will Bürger und Finanzamt gleichstellen

Steuerzahler sollen auf ähnlich fadenscheinige Ausreden zurückgreifen dürfen wie die Behörde

Im letzten Jahr [1] kam heraus, dass das amerikanische Bundesfinanzamt IRS ein besonderes Augenmerk auf die Steuererklärungen von Organisationen legte, die Kritiker der derzeit herrschenden Demokratischen Partei sind. Als ein Untersuchungsausschuss die Vorwürfe untersuchen wollte, hieß es von Seiten der Behörde, die dazu angeforderten E-Mails des ehemaligen Direktors der Exempt Organizations Division seien wegen einer "Computerpanne" leider verloren gegangen.

Darauf hin bat der Ausschuss um die Festplatten, mit denen versucht werden sollte, die Daten mit professioneller Hilfe von Computerforensikern wiederherzustellen. Die Antwort, die das Finanzamt darauf hin gab, erinnere viele Abgeordnete an die Bart-Simpson-Ausrede "Der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen": Angeblich hat man nämlich die Festplatten "zum Recycling vernichtet".

Ein Bürger, der dem Finanzamt mit einer solchen Geschichte käme, hätte wahrscheinlich wenig Erfolg. Deshalb hat der republikanische Abgeordnete Steve Stockman aus Texas jetzt den The Dog Ate My Tax Receipts Act [2] vorgestellt. Der soll den Bürgern gegenüber dem IRS ähnlich "fadenscheinige" und "offensichtlich erfundene" Ausreden erlauben, wie sie die Behörde selbst vorbringt.

Steve Stockman. Foto: United States Congress.

Wem für Behauptungen in seiner Steuererklärung Belege fehlen, der darf dem Gesetzentwurf nach auf eine von zehn pauschal erlaubten Katalogausreden zurückgreifen, weil man - so Stockman - "von Steuerzahlern nicht erwarten sollte, dass sie Gesetzen folgen, an die sich die Obama-Administration selbst nicht hält". Das widerspräche dem Gründungsgrundsatz der Vereinigten Staaten, nach dem die Regierung dem Volk Rechenschaft schuldig ist.

Die erste genehmigte Ausrede lautet "der Hund hat meine Steuerbelege gefressen", die zweite nennt (in offensichtlich direkter Anspielung auf die Behauptungen des IRS) "diverse bequeme und nicht weiter erklärte Computerfehler". Mehrere andere verweisen auf politische Peinlichkeiten der Demokraten - darunter: "ich habe die Dokumente gegen fünf Terroristen eingetauscht [3]", "ich habe sie in einem Waffenbehälter vergessen, der an mexikanische Drogenbarone verkauft wurde [4]" und der Hinweis darauf, dass das IRS ja jederzeit die NSA nach einer Kopie fragen könne.

Diese Ausreden sollten dem Entwurf nach so lange akzeptiert werden müssen, bis das Finanzamt dem Kongress alle gewünschten Dokumente vorlegt oder eine Erklärung liefert, die sie vorbringen kann "ohne rot zu werden". Tatsächlicher Zweck des chancenlosen Gesetzentwurfs dürfte allerdings eher sein, dass die Ausreden des IRS bekannter werden.


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Links in diesem Artikel:
[1] http://en.wikipedia.org/wiki/2013_IRS_controversy
[2] http://stockman.house.gov/media-center/press-releases/stockman-bill-allows-taxpayers-to-use-same-lame-excuses-as-irs
[3] http://www.theguardian.com/world/video/2014/jun/05/bowe-bergdahl-republican-senators-prisoner-exchange-video
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/ATF_gunwalking_scandal