USA: Warum leben die Reichen ein Jahrzehnt länger als die Ärmsten?

Seite 2: Lehren nach dem Zweiten Weltkrieg

Senator Rick Scott fordert, dass der Kongress alle fünf Jahre über die Finanzierung dieser Programme abstimmen soll. Senator Ron Johnson fordert eine jährliche Abstimmung. John Thune, ebenfalls US-Senator, sprach sich erst im November letzten Jahres für eine Kürzung der Mittel aus.

In einer Rede vor Anhängern machte Senator Mike Lee seine Position deutlich: "Mein Ziel ist es, die Sozialversicherung abzuschaffen. Sie mit der Wurzel auszureißen und loszuwerden".

Doch trotz aller Diskussionen darüber, ob wir es uns leisten können, in das amerikanische Gesundheitssystem zu investieren, geben die USA bereits heute Tausende Euro pro Kopf mehr für die Gesundheitsversorgung aus als andere Länder - nur wird ein enormer Teil dieser Kosten in Form von Versicherungsprämien und Selbstbeteiligungen auf die amerikanischen Familien abgewälzt.

Zwischen 1900 und 2013 ist die Lebenserwartung der Amerikaner um mehr als 30 Jahre gestiegen. Der Grund ist kein Geheimnis. Ärzte entwickelten Antibiotika und lernten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu behandeln.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete die US-Armee mit Wissenschaftlern zusammen, um den ersten Grippeimpfstoff zu entwickeln, und das War Production Board führte eine Koalition an, um die Entwicklung von Penicillin voranzutreiben.

Und Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnete das Medicare- und Medicaid-Gesetz, dem Forscher einen Anstieg der Lebenserwartung zuschreiben.

Die Rechnung ist einfach: Wenn Regierungen Gesundheit und Medizin zur Priorität machen, leben wir länger. Betrachtet man zehn mit den USA vergleichbare Länder, die alle eine höhere Lebenserwartung haben, so verfügen alle über eine staatlich finanzierte Krankenversicherung.

Warum die Dinge so kompliziert machen? Der Schlüssel zur Erhöhung der Lebenserwartung in den Vereinigten Staaten liegt darin, unsere Gesundheitsversorgung erschwinglicher und zugänglicher zu machen.

Es gibt bereits eine Gruppe, für die das US-Gesundheitssystem hervorragend ist: die Reichen und Mächtigen, die es sich leisten können. Laut einer Harvard-Studie leben die reichsten Amerikaner über ein Jahrzehnt länger als die ärmsten.

Auch unsere Politiker werden immer älter: Wir haben derzeit den zweitältesten Senat und das drittälteste Repräsentantenhaus der Geschichte. Die beiden ältesten Präsidenten, die je im Amt waren, könnten 2024 einen neuen Rekord aufstellen.

Und unseren Richtern am Obersten Gerichtshof geht es so gut, dass sie bis weit in ihre Siebziger von Milliardären finanzierte Weltreisen unternehmen können.

Die privilegiertesten Menschen in unserem Land – und die führenden Politiker, die lange und gut leben – wären gut beraten, die Qualität ihrer Versorgung allen zugänglich zu machen.

Wenn sie sich weigern, sollten die Wähler ihre Karriereerwartungen verkürzen.

Katrina vanden Heuvel ist Redaktionsleiterin und Herausgeberin von The Nation, Amerikas führender Quelle für progressive Politik und Kultur. Von 1995 bis 2019 war sie Redakteurin des Magazins.

Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit der US-Tageszeitung The Nation