Über die Notwendigkeit von negativen Leitzinsen
- Über die Notwendigkeit von negativen Leitzinsen
- Die Dominanz der Trickle-down-Theorie in der gegenwärtigen Finanzpolitik
- Geldzahlungen als Differenzen generierende Differenzen
- Analyse der (nicht intendierten) Folgen der Finanzpolitik der letzten Jahrzehnte
- Der Aufbau eines gigantischen Schneeballsystems
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Die gefährlichen Folgen der Verdinglichung des Geldes
Dass die Rezepte neoliberaler Wirtschaftsideologie die Patienten - zuvorderst Griechenland - nicht gesunden lassen, ist offenkundig. Die von den Zentralbanken verfolgte Finanzpolitik des billigen, gewollt Inflationsraten in die Höhe treibenden Geldes hat bislang lediglich zur Folge, dass eine ohnehin vermögende Minderheit noch reicher wurde. Hingegen haben "99 Prozent" (Occupy-Wall-Street Bewegung) unter bestenfalls stagnierenden Löhnen und Staats- wie Privathaushalte unter rapide steigender Verschuldung zu leiden. Wie lässt sich erklären, dass gleichwohl an dieser Finanzpolitik starrsinnig festgehalten wird, die kurzsichtig und -fristig einen finanziellen Kollaps lediglich dadurch aufschiebt, dass sie Kreditierung durch Leitzinsen nahe Null Prozent extrem erleichtert?
Die Disposition der modernen, plural in Funktionssysteme (etwa Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Religion, Massenmedien) ausdifferenzierten Gesellschaft1, ohne zentrale, "feudale" Institutionen der Steuerung, macht nicht plausibel, dass eine Finanzelite ("Wall-Street") eine Agenda der globalen Durchsetzung ihrer, ökonomische Ungleichheit Vortrieb leistenden Interessen durchsetzen könnte. Wobei nicht bestritten wird, dass es einflussreichen Lobbyismus gibt, der in kurzfristiger Sichtweise lediglich auf Besitzstandswahrung und -vermehrung aus ist. Es bleibt jedoch Fakt, dass eine tatsächliche Durchsetzung der Ziele dieser Lobbyistengruppen einen finanzwirtschaftlichen Kollaps zur Folge hätte, der auch das "eine Prozent" treffen würde.
Wir wollen deshalb davon ausgehen, dass es Grundüberzeugungen sind, die in ihrer Simplizität eine Funktionssysteme übergreifende Plausibilität geniessen, die die Dominanz gegenwärtiger Finanzpolitik verständlich macht. Perspektiven also, die in diesem Sinne tatsächlich als Weltsichten zu verstehen sind. Die Stossrichtung gegenwärtiger Finanzpolitik folgt nicht etwa nur politischen, nur wirtschaftlichen oder nur wirtschaftswissenschaftlichen Interessen bzw. Ansichten, sondern ergibt sich aus deren Gemengelage; wobei erwähnter Wall-Street Lobbyismus in diesem "Chor" sicherlich nicht die schwächste Stimme ist. Weltsichten sind als "kleinste gemeinsame Nenner" zu verstehen, dürfen in ihrer Komplexität nicht überfordern, damit sie unterschiedlichste gesellschaftliche (politische, wirtschaftliche, ökonomische, massenmediale, religiöse etc.) Perspektiven in eine bestimmte - hier: finanzpolitische - Richtung zu integrieren vermögen.
Im folgenden Abschnitt wird erläutert, dass gegenwärtige Finanzpolitik des kleinsten gemeinsamen Nenners im wesentlichen der Geld verdinglichenden Logik der so genannten Trickle-down-Theorie gehorcht. Im Anschluss werden wir diese Theorie mit einer komplexeren, "konstruktivistischen" Geldtheorie kontrastieren, die zwar nicht den Status einer Weltsicht für sich vereinnahmen, gleichwohl aber mehr Realismus für sich verbuchen kann als die Trickle-down-Theorie, da sie besser mit den (negativen) Konsequenzen vergangener und gegenwärtiger Finanzpolitik in Einklang zu bringen ist.