Überlegungen zu moralischen und unmoralischen Maschinen
Seite 2: Maschinelle Moral
Die Ethik ist also die Disziplin, die Moral ihr Gegenstand. Ein Student von mir erklärte während einer Vorlesung auf Nachfrage treffend: Ethik treibt man, Moral hat man. Was ist nun aber die Moral, was ist das, was man hat, als Jugendlicher oder Erwachsener, als Person? Es gibt unterschiedliche Erklärungsversuche von verschiedenen Philosophen. Man kann, Otfried Höffe folgend, von einem normativen Grundrahmen für das Verhalten vor allem zu den Mitmenschen, aber auch zur Natur und zu sich selbst sprechen, von einem Komplex von Handlungsregeln, Wertmaßstäben und Sinnvorstellungen. Wenn wir etwas als moralisch bezeichnen, meinen wir häufig, es sei moralisch gut, und wenn wir etwas als unmoralisch bezeichnen, finden wir es moralisch schlecht.
Der Begriff der maschinellen Moral wird von einigen Vertretern verwendet wie der Begriff der künstlichen Intelligenz, entweder metaphorisch oder intentional. In diesem Sinne würde man zum einen die maschinelle Moral mit der menschlichen Moral nicht oder nicht in allen Aspekten gleichsetzen, sondern sie mit dieser in ein Verhältnis setzen; diese wäre ein Vorbild und jene ein Bild von ihr, eben eine mehr oder weniger stimmige Metapher (und mithin ein Bruchstück oder eine Spielart). Man könnte zum anderen annehmen, dass dieses Vorbild in ferner Zukunft erreicht wird, dass die maschinelle Moral eines Tages nicht mehr unterscheidbar von der menschlichen oder dieser zumindest sehr ähnlich ist; dann hätte man eben eine Intention, die man mit dem Begriff der maschinellen Moral andeutet.
Vor diesem Hintergrund halte ich es für unproblematisch, von moralischen Maschinen zu sprechen. Ich meine eben nicht, dass diese identisch mit moralischen Menschen seien, weder mit Blick auf die Moral noch in Bezug auf die Verstandes- bzw. Gefühlsfähigkeit. Sie sind für mich selbst dann nicht identisch, wenn ausschließlich menschliche Moral übertragen und ausgeführt wird, denn die maschinelle Moral ist dennoch anders, und die Regeln und Fälle, die der Mensch eingespeist hat, passen selten ganz genau zu den tatsächlichen Situationen, und die erdachten und die tatsächlichen Situationen liegen meist leicht verrutscht übereinander. Die teilautonomen und autonomen Maschinen, die ohne uns zurechtkommen müssen, auf den Straßen, über den Wäldern, über den Meeren, wenden Regeln und Fälle nicht nur raum- und zeit-, sondern gewissermaßen auch inhaltsverschoben an. Zugleich möchte ich betonen, dass bestimmte Maschinen in gewissen Aspekten durchaus bestimmten Menschen ebenbürtig sind. Sie können beispielsweise konkrete Regeln ebenso strikt befolgen wie religiöse Fundamentalisten. Maschinelle Moral kann also zumindest einen Teil der menschlichen ausmachen.