zurück zum Artikel

Ukraine-Krieg: Bachmut ist offenbar gefallen

Bild: Armed Forces of Ukraine, CC BY 4.0

Selenskyj bestätigt Meldungen aus Russland über Einnahme der Ruinenstadt. Sieg der russischen Truppen hat hohe symbolische Bedeutung. Wie es nun weitergeht.

Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hat den Fall der seit Monaten schwer umkämpften Stadt Bachmut offenbar bestätigt. Zuvor hatten russische Quellen vermeldet, die eigenen Truppen hätten den Ort komplett eingenommen.

Als er gefragt wurde, ob die Stadt im Osten seines Landes sich noch unter ukrainischer Kontrolle befinde, antwortete er: "Ich denke nein." Selenskyj fügte hinzu, "für heute" sei Bachmut "nur in unseren Herzen". Die Aussagen tätigte Selenskyj unmittelbar vor einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden zum Abschluss des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima.

Russische Vertreter hatte am Samstag erklärt, die Stadt vollständig erobert zu haben. Die Regierung in Kiew hatte dieser Darstellung zunächst widersprochen. Dann aber sprach Selenskyj von einer "Tragödie". Es gebe in der Stadt "nichts mehr".

Die Schlacht um Bachmut gilt als die längste und verlustreichste in dem seit 15 Monaten währenden Krieg in der Ukraine. Die Stadt ist inzwischen zwar weitgehend zerstört. Dennoch hatte sie für beide Seiten einen hohen Symbolwert. Die Ortschaft hat im Grunde keine strategische Bedeutung. Dennoch ist die offensichtliche Niederlage der ukrainischen Truppen ein schwerer Rückschlag für Kiew – er dürfte die eigenen Truppen für eine wichtige Offensive demoralisieren.

Die internationalen Unterstützer versuchen den Rückschlag offenbar durch eine immer neue und stärkere Aufrüstung der Ukraine zu kompensieren. Bei seinem Treffen mit Selenskyj in Japan kündigte US-Präsident Joseph Biden weitere und umfangreichere Waffenlieferung für Kiew an.

Das Paket umfasse "Munition, Artillerie und gepanzerte Fahrzeuge", teilte Biden am Sonntag am Rande des G7-Gipfels in Hiroshima mit. Erst vor zwei Tagen hatte Washington Nato-Staaten seine Zustimmung zur Lieferung von Kampfjets des Typs F-16 an Kiew erteilt.

USA geben F-16 frei, Scholz gegen Nato-Beitritt der Ukraine

Selenskyj war am Samstag zu dem Gipfel der Gruppe führender Wirtschaftsnationen gereist, nachdem die Freigabe der F-16-Kampfjets durch die US-Regierung für die Ukraine kurz zuvor erfolgt war.

Nachrichtenagenturen zitierten namentlich nicht genannte US-Regierungsvertreter, denen zufolge Biden beim G7-Gipfel auch die Ausbildung ukrainischer Piloten an "Kampfjets der vierten Generation einschließlich (des US-Kampfjets) F-16" zugesagt habe. Dabei würde man von "Verbündeten und Partnern" unterstützt.

Selenskyj hatte die Entscheidung als "historisch" begrüßt. Er setze nun auf eine rasche Umsetzung in der Praxis.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich indes gegen einen raschen Nato-Beitritt der Ukraine ausgesprochen. Derzeit sehe er die militärische Unterstützung Kiews im Abwehrkampf gegen Russland im Vordergrund, sagt Scholz in Hiroshima am Rande des G7-Gipfels in einem Interview mit Welt TV.

Für die Zeit nach dem Krieg müsse geklärt werden, wie Sicherheitsgarantien für das Land aussehen könnten. Die Ukraine werde dann vor allem auf westliche Waffen zurückgreifen. Beim Nato-Gipfel in Bukarest habe man der Ukraine eine Perspektive gegeben. "Aber es war immer eine Entscheidung, bei der allen sehr klar war, dass das nicht in absehbarer Zeit passieren wird", fügte er hinzu. Die Ukraine könne derzeit viele Bedingungen für einen Beitritt nicht erfüllen.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9060965