Umjubelter EU-Emissionshandel ist Klima-Schwindel
Klimaproteste. Bild: John Englart / CC BY-SA 2.0
Der Handel mit Verschmutzungszertifikaten soll in der EU weiter ausgebaut werden. Bisher hat er aber nichts für den Klimaschutz gebracht. Warum wird er dann so gefeiert?
Die EU hat einen umfassenden Emissionshandel beschlossen. Damit soll der Handel mit Verschmutzungszertifikaten noch ausgeweitet werden. Viel gelobt vonseiten der Sozialdemokraten, Liberalen und Konservativen bis zu den Grünen im EU-Parlament wird die Einigung als Durchbruch für den Klimaschutz gefeiert.
Der Emissionshandel gilt weltweit als das wichtigste Instrument für den Klimaschutz. In Wirklichkeit hat er jedoch so gut wie nichts bewirkt.
Dennoch – oder eher deswegen? – weitet er sich über Europa hinaus u. a. auf China, Mexiko, einige US-Bundesstaaten sowie Kanada und Neuseeland aus.
Warum der Emissionshandel für Klimaschutz nichts gebracht hat
Seit Einführung des EU-Emissionshandels (ETS) 2005 sind die Emissionen in der EU bis 2021 um etwa 36 Prozent und in Deutschland um etwa 31 Prozent gesunken. Damit argumentieren viele Befürworter des ETS.
Doch dafür ist nicht der Emissionshandel die Ursache. Dieser wurde bisher weitgehend im Stromsektor angewandt, wo der Ausbau der erneuerbaren Energien der alles entscheidende Grund für die Minderung der CO₂-Emissionen ist.
Hauptsächlich die Emissionen gesenkt haben Gesetze für Einspeisevergütungen – wie das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Keine einzige Anlage der erneuerbaren Energien wurde je mithilfe des Emissionshandels finanziert.
Keine einzige Bank finanziert Erneuerbare-Energie-Projekte auf der Basis des Emissionshandels, denn dieser bietet – anders als eine gesetzlich geregelt Einspeisevergütung – keinerlei direkte Refinanzierungseinnahmen. Von einer nennenswerten Wirkung des Emissionshandels im Stromsektor kann also keine Rede sein.
Die erneuerbaren Energien wurden im Wesentlichen mit der Förderung der Einspeisevergütung finanziert und in jüngerer Zeit auch ohne Förderung privatwirtschaftlich mit direkter Vermarktung (PPA). Möglich wurde dies mit dem Erfolg des EEG, da mit diesem Gesetz die Investitionskosten in den letzten 20 Jahren drastisch gesunken sind. Der Emissionshandel spielte dabei ebenfalls keine Rolle.
Das Nullsummenspiel des Emissionshandels
Das Grundprinzip des Emissionshandels besteht darin, dass die Emissionshandelspreise so hoch sein sollen, dass im Markt zu emissionsärmeren Alternativen gegriffen wird. Im Energiesektor sollen also die Preise für Erdöl, Erdgas und Kohle so hoch sein, dass sich erneuerbare Energien noch besser lohnen.
Dabei könnte der Emissionshandel erst dann Wirkung erzielen, wenn die Emissionshandelspreise tatsächlich so hoch wären, dass sie den Verursacherkosten entsprechen würden. Laut Umweltbundesamt (UBA) hätten diese 2022 bei etwa 237 Euro pro Tonne Kohlendioxid liegen müssen.
Jedoch lag der Emissionshandelspreis 2022 nie über 100 Euro pro Tonne CO₂. Die jetzige Einigung zum Emissionshandel wird für die Verbraucher von fossiler Energie eine moderate Preissteigerung bringen.
Berechnungen von Verivox ergeben für die jüngste Einigung des EU-Emissionshandels beispielhaft: Ein Paar, das im Jahr im Durchschnitt 12.000 Kilowattstunden Erdgas verbraucht, zahlt 2023 dann 86 Euro mehr, im nächsten Jahr 100 Euro, 2025 schließlich 129 Euro und 2026 zwischen 158 und 187 Euro.
Wegen dieser moderaten Preissteigerungen wird kaum jemand auf eine Heizung mit erneuerbaren Energien umsteigen. Die CO₂-Emissionen werden also weitergehen, der Emissionshandel wird wieder unwirksam verpuffen.
Sollte der Energiepreisanstieg aber dennoch für viele hoch sein, also seine erwünschte Klimawirkung zeigen, so ist laut EU-Kommissar Frans Timmermans vorgesehen, einen Ausgleich für die hohen Energierechnungen mit Steuergeldern zu zahlen.
Damit wird die ganze Absurdität des EU-Emissionshandels offensichtlich: Mit den steigenden CO₂-Preisen sollen auch die Energiepreise steigen. Wenn diese Energiepreise aber steigen, soll es soziale Abfederungen geben, sprich, für die meisten wird dann der Energiepreis kaum steigen. Wo bleibt dann die Wirkung des Emissionshandels?
Im letzten Jahr haben wir genau gesehen, wie die Politik handelt. Als wegen Verknappungen auf den Weltmärkten die Erdöl- und Erdgaspreise – insbesondere als Auswirkung des Ukraine-Kriegs – gestiegen waren, gab es plötzlich Tankrabatte und Heizkostenzuschüsse für alle, ohne Ansehen der sozialen Not.
Hohe fossile Energiepreise 2022 haben zu Einsparungen geführt
Eigentlich war 2022 genau die für den Klimaschutz erhoffte Wirkung von hohen Erdgas- und Erdölpreisen eingetreten, einen höheren Emissionshandelspreis hätte es gar nicht gebraucht.
Und tatsächlich gab es 2022 einen enormen Einspareffekt beim Erdgas: Laut einer aktuellen Studie des Centre for Sustainability der Hertie School wurden die von der Bundesregierung und der EU-Kommission ausgegebenen Sparziele sogar deutlich übertroffen.
Der Erdgasverbrauch sank zwischen September und Dezember 2022 um etwa 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Autoren der Studie betonen, dass dies aufgrund der hohen Erdgaspreise geschah.
Doch die Einsparungen hätten wohl noch höher sein können, die Klimawirkung also stärker, wenn nicht mit Steuergeldern die Heiz- und Spritrechnungen für die Verbraucher wieder gesenkt worden wären – wohlgemerkt für alle, nicht nur für die Bedürftigen.
Genau dies soll nach Timmermans wieder im Emissionshandel passieren, wenn die Energiepreise infolge höherer Emissionszertifikats-Preise steigen.
Merken denn die EU-Politiker, EU-Beamten und EU-Regierungen mitsamt ihren wissenschaftlichen Beratern gar nicht, wie absurd ihre Beschlüsse sind?
Für den Klimaschutz beschließen sie höhere CO₂-Preise und sobald dann logischerweise die Energiepreise steigen, beschließen sie wieder steuerliche Energiepreishilfen. Der Effekt: Klimaschutz bleibt auf der Strecke.
Gebäude, Verkehr und Industrie: Das gleiche Klimaschutz-Trauerspiel
Zudem hat sich die EU-Ebene darauf geeinigt, dass der EU-Emissionshandel auch auf Gebäude und den Verkehr ausgeweitet werden soll. Im Industriesektor wurde gleich die Unwirksamkeit mitbeschlossen, denn bis 2034 soll die Industrie weiterhin kostenlose Zertifikate erhalten. Klimaschutz also erst nach 2034?
Die Ausweitung auf den Verkehrssektor wird auch keine Klimaschutzwirkung bringen, wie man seit nunmehr zwei Jahren in Deutschland sehen kann. Der Emissionshandel im Verkehr wurde noch unter Kanzlerin Merkel eingeführt.
Aktuell sind alle Zeitungen voll davon, dass der Verkehrssektor eben keinen Beitrag zum Klimaschutz bringt, weshalb Verkehrsminister Volker Wissing massiv unter Druck steht. Wie das? Ich dachte, es gibt einen Emissionshandel im Verkehrssektor! Er sollte doch den Klimaschutz im Verkehr bringen!
Es zeigt sich also gerade in Deutschland, dass der Emissionshandel im Verkehr komplett versagt. Dass er nicht wirken kann, hatte ich bereits anhand meiner Emissionshandels-Prämien von je 300 Euro für meine beiden E-Mobile beschrieben.
Diese waren überhaupt kein Anreiz für mich (und wohl alle anderen E-Autokäufer) ein E-Auto zu kaufen. Vielmehr ist diese Prämie ein Anreiz für all jene, die weiter CO₂ emittieren wollen, mir und anderen E-Autofahrern diese Prämie zu zahlen.
Es ist unbegreiflich, warum die Verhandler im EU-Parlament, alle Wissenschaftler, die die Studien dafür machen, die EU-Kommission und die Regierungen innerhalb der EU nicht erkennen, dass der Emissionshandel nichts anderes ist als Schwindel.
Er ist schlicht eine umfassende Erlaubnis für die Klimazerstörer, weiter CO₂ zu emittieren. Sie zahlen offensichtlich nur umfangreich aus der Portokasse für ihre Emissionen, statt diese endlich zu stoppen.
Selbst Klimaforscher haben das nicht verstanden. So hat gerade Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung auf dem CDU-Klimaschutzkongress den Emissionshandel in höchsten Tönen gelobt.
Dabei hatte ich schon im Jahr 2000 einige Streitgespräche mit Edenhofer über die Unwirksamkeit des Emissionshandels gegenüber der Wirksamkeit des EEG geführt. Schon damals konnte oder wollte er meinen Argumenten nicht folgen.
Dass er aber bis heute nicht erkennt, dass das EEG – im Gegensatz zum Emissionshandel – Klimawirksamkeit erzielt hat und der Emissionshandel eben nicht, lässt zumindest Zweifel an seiner Analysefähigkeit aufkommen.
Emissionshandel dient fossilen Geschäftsinteressen
Heute nach über zwei Jahrzehnten Unwirksamkeit des Emissionshandels wird klar: Wer für diese Unvernunft der EU-Institutionen nun einen umfassenden Emissionshandel einzuführen, eine Begründung sucht, wird sie schnell finden: Der Emissionshandel ist nicht dafür da, Klimaschutz zu organisieren, sondern die Geschäfte der fossilen Wirtschaft in den Sektoren, Strom, Heizungen, Verkehr und Industrie weiter gewähren zu lassen.
Hermann Scheer und mir war das alles schon im Jahre 2000 klar. Der Emissionshandel ist nichts anderes als die Täuschung der fossilen Wirtschaft Klimaschutz zu tun, in Wirklichkeit geht es ihnen nur um das Weiterführen ihrer fossilen Geschäfte.
Wir hatten im Jahre 2000 daher im Bundestag der Einführung des nationalen Emissionshandels nicht zugestimmt. Doch die rot-grüne Mehrheit unter Umweltminister Jürgen Trittin sah das damals anders und so haben wir eben bis heute zwar einen Emissionshandel, aber keinen Klimaschutz.
Aus Gründen des Bestandsschutzes der fossilen Geschäftsinteressen wird bis heute das untaugliche Instrument Emissionshandel als das wirksamste Instrument für den Klimaschutz propagiert und seine Ausweitung in der EU und weltweit weiter beschlossen.
Damit rast die Weltgemeinschaft immer schneller auf eine um drei Grad Celsius aufgeheizte Erde zu, in der es keine menschliche Zivilisation wie heute mehr geben wird.