Urheberrecht und KI: Was Nutzer jetzt wissen müssen

New York Times verklagt Microsoft und OpenAI. Auch KI-Nutzer könnten haftbar gemacht werden. Der Fall wirft komplexe Fragen zu KI und Urheberrecht auf.

Die New York Times (NYT) hat am 27. Dezember 2023 Microsoft und OpenAI wegen Urheberrechtsverletzung verklagt. Die Verantwortlichen der traditionsreichen Zeitung haben entdeckt, dass mit OpenAI nahezu wortgetreu Artikel der NYT kopiert und ohne Urheberrechts- oder Quellenangabe weiterverbreitet werden.

Milliardenschaden durch Urheberrechtsverletzungen: Die Klage der NYT

Die Klage beziffert keine exakte Schadenssumme, spricht aber von "rechtlichen und tatsächlichen Schäden in Milliardenhöhe" durch das "rechtswidrige Kopieren und Verwenden der einzigartig wertvollen Werke der Times".

Es wird verlangt, dass alle Chatbot-Modelle und Trainingsdaten vernichtet werden, die urheberrechtlich geschütztes Material der Zeitung verwenden. Wie aber sieht es mit Nutzern aus, die mit der KI durch entsprechend formulierte Befehle urheberrechtlich geschütztes Material reproduzieren und verbreiten?

Haftung von KI-Nutzern: Ein neues rechtliches Terrain

Die könnten eventuell zur Kasse gebeten werden. Am 22. Dezember hat der KI-Anbieter Midjourney die Nutzungsbedingungen für seine Künstliche Intelligenz angepasst. Unter Abschnitt 10, Absatz 4 steht dort:

Wenn Sie wissentlich das geistige Eigentum von jemand anders verletzten, und uns das Geld kostet, wir werden Sie finden und das Geld von Ihnen eintreiben. Wir könnten auch andere Dinge tun, wie zum Beispiel versuchen, ein Gericht dazu zu bringen, Ihnen die Zahlung unserer Anwaltskosten aufzuerlegen. Tun Sie es nicht.

Ebenfalls in den Nutzungsbedingungen vermerkt ist unter Absatz 2, "Sie dürfen den Dienst nicht nutzen, um zu versuchen, die geistigen Eigentumsrechte anderer, einschließlich Urheberrechte, Patente oder Markenrechte, zu verletzen. Wenn Sie dies tun, drohen Ihnen möglicherweise Strafen, einschließlich rechtlicher Schritte oder einem dauerhaften Verbot des Dienstes."

Es versteht sich von selbst und ist auch in den Nutzungsbedingungen festgehalten, dass die persönlichen Daten von Nutzern in solchen Fällen von Midjourney weitergegeben werden.

Abmahnungen gegen KI-Nutzer: Eine neue rechtliche Herausforderung

Findige Abmahner könnten diese rechtlichen Voraussetzungen für Abmahnungen gegen die Nutzer der KI und nicht die einzelnen Tech-Unternehmen nutzen. Zumal es für einzelne Urheber schwierig ist, sich gegen die finanzstarken Tech-Firmen zu behaupten. In den Nutzungsbedingungen wird gedroht, dass bei nicht nachweisbarer Urheberrechtsverletzung die Anwaltskosten und weitere Verfahrensgebühren in Rechnung gestellt werden.

Je nachdem wie teuer die Anwälte von Midjourney sind, bedeutet dies für Urheber ein kaum abzuschätzendes Kostenrisiko einer direkten Klage gegen Midjourney.

Nutzerfeedback und rechtliche Risiken: Ein Balanceakt

Midjourney entfernt die als Plagiat gekennzeichneten Werke, nimmt aber in diesem Zusammenhang auch die Beschwerden der Nutzer entgegen. Diese können gegen die Entfernung eines von ihnen generierten Werks Widerspruch einlegen, gehen aber auch ein schwer kalkulierbares Risiko ein.

"Bitte beachten Sie, dass Sie gemäß Abschnitt 512(f) des DMCA für Schäden (einschließlich Kosten und Anwaltshonorare) haftbar gemacht werden können, wenn Sie wissentlich und erheblich falsch angeben, dass Material oder Aktivitäten auf den Diensten versehentlich oder durch falsche Identifizierung entfernt oder deaktiviert wurden", vermerkt Midjourney dazu.

Reproduktion geschützter Werke durch KI: Ein rechtliches Graufeld

Dass es möglich ist, mit der KI urheberrechtlich geschützte Werke zu reproduzieren, liegt daran, dass die KI mit real existierenden urheberrechtlich geschützten Werken trainiert wurde. "Generative KI hat ein Problem mit visuellen Plagiaten Experimente mit Midjourney und DALL-E 3 zeigen ein urheberrechtlich geschütztes Minenfeld", titeln Gary Marcus und Reid Southen in einem Gastbeitrag vom vergangenen Freitag in IEEE-Spektrum, der Zeitschrift, die vom Institute of Electrical and Electronics Engineers in den USA herausgegeben wird.

Persönliche Erfahrungen: KI und Urheberrecht aus Künstlersicht

Southen, ein Filmkonzeptkünstler und Illustrator, der unter anderen in den Hollywood-Blockbustern von Marvel, bei der Matrix-Trilogie und "Die Tribute von Panem" seine Arbeit eingebracht hat, konnte durch entsprechende Befehle bei Midjourney seine eigenen Werke über die KI reproduzieren.

Er konfrontierte das Unternehmen mit seinen Funden und seine Nutzeraccounts wurden deshalb mehrfach gesperrt, wie er auf seinem Profil auf der Microblogging-Plattform X, früher Twitter, dokumentiert.

Zusammen mit seinem Co-Autor kommt er zum Schluss, "zumindest einige generative KI-Systeme können plagiierende Ergebnisse erzeugen, auch wenn sie nicht direkt dazu aufgefordert werden, wodurch Benutzer möglicherweise Urheberrechtsverletzungsklagen ausgesetzt werden."

Falschinformationen durch KI-Generatoren: Ein weiteres Problemfeld

Dass die KI-Generatoren nicht nur Plagiate herstellen können, sondern auch Texte unter Umständen inhaltlich so verändern, dass Falschinformationen, im KI-Jargon "Halluzinationen" erzeugt werden, ist ein weiterer Klagepunkt der NYT.

Während die Modelle der Beklagten kopieren und reproduzieren, schaden sie auch der Times kommerziell und Wettbewerbsrechtlich indem sie den Inhalt der Times ohne Zustimmung oder Entschädigung paraphrasieren, so dass Inhalte der Times zugeordnet werden, welche sie tatsächlich nicht veröffentlicht hat.

Klageschrift der New York Times

Beispielhafte Fehlinformationen: Die Herausforderung für Medienunternehmen

Als ein Beispiel gibt die Zeitung an, dass auf die Frage, welche die gemäß der NYT "15 Lebensmittel, die am gesündesten für das Herz sind", zwar ein Artikel der NYT mit dem Titel "Ein herzgesunder Weg zu essen" von der NYT verlinkt wurde, allerdings in einer zusammengefassten Inhaltsangabe zwölf nicht von der Zeitung empfohlene Lebensmittel, einschließlich Rotwein (in Maßen) angegeben wurden.

Zusammenarbeit und Konflikte: Medienunternehmen und KI

Anders als die NYT hat sich die Nachrichtenagentur Associated Press mit OpenAI geeinigt, und ihre News-Inhalte verkauft.

Der Axel-Springer-Verlag hat ebenfalls einen Vertrag mit OpenAI abgeschlossen und das Medienunternehmen Funke könnte folgen.

Doch auch in solchen Fällen scheint die Frage der Urheberrechte noch nicht abschließend geklärt. Die Journalistenverbände verlangen eine angemessene Beteiligung der Journalisten an den Erlösen.

Eindeutig ist bisher nur, dass die KI nicht selbst Urheber sein kann. Denn für die Urheberschaft setzt der Gesetzgeber eine "persönliche geistige Schöpfung" voraus, die im Fall der KI (noch) nicht gegeben ist.

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