Urlaub am Mittelmeer: Wenn Touristenziele zu Katastrophengebieten werden
Dürren, Waldbrände, vermüllte Strände, Ungeziefer – welche Ferienziele in Südeuropa sind noch empfehlenswert – und welche Art von Tourismus hat Zukunft?
Die griechische Insel Euböa brennt. Das Feuer, das sich in unwegsamem Gelände rasend ausbreitet, sei wegen der starken Winde kaum unter Kontrolle zu bringen, meldet die Deutsche Presseagentur.
Waldbrände bedrohen Ortschaften auf Euböa
Mehrere Dörfer und Ortschaften in der betroffenen Region im Süden der Insel wurden vorsorglich evakuiert. Wie beinahe jeden Sommer kämpfen Feuerwehr und Freiwillige gegen Waldbrände in Griechenland.
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Der Brand von Euböa ist nur einer von mehr als 50 Bränden, die binnen 24 Stunden in Griechenland ausgebrochen waren. Während man die Brände woanders in den Griff bekam, wütet das Feuer auf der Insel weiter. Die Einwohner hoffen darauf, dass der Wind nachlässt - ansonsten könnte die Situation noch viel gefährlicher werden.
Auf Sizilien wird das Trinkwasser knapp
Hitze und Trockenheit herrschen auch auf der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien, die unter extremem Wassermangel leidet. Nachdem es im Winter und Frühling kaum geregnet hat, waren im Sommer einige Stauseen, die als Trinkwasserquelle für Millionen Menschen dienen, bereits ausgetrocknet.
Wie zum Beispiel der Lago Fanaco: Der See wurde 1953 angelegt, um die Region nahe der sizilianischen Hauptstadt Palermo mit mehr als einer Million Einwohner mit Trinkwasser zu versorgen. So bezogen neun kleine Städte ihr Trinkwasser ausschließlich aus dem See.
Wo einst ein fast 1,4 Quadratkilometer großer Stausee zwischen den Bergen lag, ist heute nur noch Schlamm und Geröll übrig. Es ist der dritte See der Insel, der einfach verschwindet. Davor trockneten Pergusa und der Ogliastro komplett aus. Auch der größte See – Simeto - trocknete teilweise aus. In den Stauseen der Insel liegen die nutzbaren Kubikmeter Wasser nur noch bei 121 Millionen, 33 Millionen weniger als im Vormonat.
Militärschiffe liefern Trinkwasser an Einwohner und Touristen
Ein Tankschiff soll nun rund 1,2 Millionen Liter Wasser aus Kalabrien abholen und an die sizilianische Küste transportieren – auch Palermo soll mit dem Wasser beliefert werden. Mit jeder Ladung können bis zu 120 Tanker auf der Insel aufgefüllt werden. Unklar ist, ob die Wassermengen ausreichen werden, um Einwohner und Touristen zu versorgen.
Ursprünglich hatte das kommunale Wasserversorgungsunternehmen geplant, in jedem Stadtbezirk an einem Tag pro Woche die Wasserversorgung auszusetzen. Doch davon wurde schließlich abgesehen, um keine Touristen abzuschrecken. In den vergangenen Wochen gingen zudem neue Brunnen in Betrieb.
Palermos Bürgermeister soll die Bürger aufgefordert haben, Wasser aus privaten Brunnen an die Verwaltung zu verkaufen. Eine langfristige Lösung für die Insel gibt es bisher nicht.
Auf der Insel fallen durchschnittlich 500 bis 600 Liter pro Quadratmeter Regen im Jahr. Seit letzten Herbst regnete es nur 250 Liter – etwa die Hälfte des Regens, der dem Land normalerweise verfügbar ist, erklärte der Winzer Filippo Buttafuoco. Wegen hoher Temperaturen und der Dürre trieben die Reben zehn Tage früher aus als üblich. Auch die Traubenernte begann zwölf Tage früher als im vergangenen Jahr. Auch für den kommenden Herbst rechnen Wetterexperten mit wenig Regen.
Adria: Blaukrabben vernichten Meerestiere
Wegen einer Blaukrabbenplage brach die Muschelproduktion an der italienischen Adria um 80 Prozent ein. Tausende Fischereibetriebe bangen um ihre Existenz. Gastronomen und Urlauber müssen auf die gewohnte kulinarische Vielfalt auf der Speisekarte verzichten. Die Blaukrabbe verursachte bei italienischen Fischern bisher Schäden in Höhe von 100 Millionen Euro, indem sie ganze Muschelzuchtanlagen zerstört, aber auch Austern, andere Krustentiere und Fische wie Seezunge und Meeräsche vernichtet.
Weil Muscheln und andere Meeresfrüchte nicht mehr gefangen werden, fehlen bald Hauptzutaten wie Venus- oder Miesmuscheln für Spezialitäten.
Unmengen von Müll im Meer
Plastikflaschen, Netze, Tüten, Masken bilden teilweise ganze Abfallteppiche inzwischen auch im Mittelmeer. Anhand von Satellitenbildern erstellten Müll-Forscher nun eine umfängliche Karte der Plastikansammlungen.
Eine entsprechende Studie der European Space Agency (ESA) wurde im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht. Demzufolge sollen mehr als 14.000 Müllschwaden im Mittelmeer treiben – manche davon sind bis zu 23 Kilometer lang. Insgesamt bedeckt der Müll 94,5 Quadratkilometer, was etwa der Fläche von Paris entspricht.
Demnach schwimmen besonders große Müllteppiche vor Frankreich, Griechenland, Spanien, Italien sowie vor Albanien, Marokko und Tunesien. Bei heftigen Regenstürmen gelange der Müll ins Mittelmeer, erklärt Andrés Cózar von der Universität Cádiz. Zum Teil verteilt er sich mit den jeweiligen Strömungen, zum Teil verbleibt ein Großteil in der Nähe der betreffenden Regionen.
Teneriffa: Fäkalien wabern vor den Stränden
Medienberichten zufolge soll ein defektes Wasserrohr schuld daran sein, dass die Fäkalien ungefiltert ins Meerwasser gelangen. Die Ursache dafür sei eine Überlastung der Kläranlage in Puerto de la Cruz, die mit der Menge des Abwassers überfordert sei, hieß es von Seiten der Stadtverwaltung.
Bereits am 21. Juni waren bei einer Wasseranalyse hohe Werte der sogenannten E.coli-Bakterien nachgewiesen worden, so dass einige beliebte Strandabschnitte gesperrt werden mussten.
Dies ist wohl symptomatisch für die vom Massentourismus geplagten Kanaren. Im April dieses Jahres waren Zehntausende auf die Straßen gegangen, um gegen steigende Mieten für Einheimische, Müll, Umweltverschmutzung zu protestieren.
Mutierte Kakerlaken vermiesen Mallorca-Urlaub
In Spanien nahm die Häufigkeit des Auftretens von Kakerlaken im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 33 Prozent zu, auf den Balearen sogar um 37 Prozent. Der spanischen Umweltorganisation Anecpla zu Folge ist der Klimawandel, genauer gesagt, die hohe Luftfeuchtigkeit in Kombination mit Temperaturen über 28 °C ein Grund für ihr vermehrtes Auftreten.
Weil die sommerlichen Phasen länger und die Winter milder werden, vergrößert sich auch dass Zeitfenster, in dem sich die Kakerlaken vermehren können.
Wenn immer höhere Temperaturen erreicht werden, die Hitze bereits mitten im Frühling einsetzt und erst weit im Herbst endet, so sind das optimale Lebensbedingungen für Kakerlaken, die dazu führen, dass sie ihren Lebenszyklus exponentiell beschleunigen.
Super-Kakerlaken sind resistent gegen Insektizide
Der zweite Grund für die Kakerlakenplage sind genetische Mutationen, die dazu führten, dass die Schaben mittlerweile gegen viele Insektizide resistent sind. Zwar habe man bis zum Jahr 1990 in Spanien Insektizide versprüht, doch die Insekten seien irgendwann dagegen resistent geworden, erklärt Carlos Pradera von Anticimex. Seit zwanzig Jahren kommen überwiegend insektizide Köder zum Einsatz. Doch inzwischen haben Kakerlaken gelernt, die Köder zu erkennen: Sie fressen sie entweder nicht oder probieren sie aus und fressen nicht erneut.
Kakerlaken übertragen Krankheitserreger auf Nahrungsmittel, die wiederum von Menschen verspeist werden. Neben Magen-Darm-Erkrankungen oder Hepatitis können ihre Ausscheidungen auch Allergien auslösen. Damit Kakerlaken gar nicht erst in die Ferienwohnung bzw. ins Zimmer kommen, sollte man auf Sauberkeit achten, Feuchtigkeit vermeiden und Essensreste entfernen, Spalten oder Löcher zu schließen.
Wege zum Ökotourismus auf Mallorca
Gigantische Hotels in den Ballungszentren, Shoppingmalls und vermüllte Strände machen Spaniens beliebteste Urlaubsinsel schon länger zu schaffen. Und auch die derzeitige Ökosteuer von 50 Cent bis zwei Euro pro Kopf wird den Massentourismus kaum effektiv eindämmen können.
Wer die Insel umweltfreundlich bereisen will, sollte bei der Anreise öffentliche Verkehrsmittel nutzen und sich in nachhaltig zertifizierten Hotels bzw. in Ferienwohnungen oder Fincas einquartieren, abgelegene Wanderwege und Strände nutzen und am besten saisonale und lokale Produkte konsumieren.
Kreta, Lipsi, Alonnisos: Vorbilder für sanften Tourismus
Griechenland fördert schon länger den nachhaltigen Tourismus. So entstanden im hügeligen Hinterland kleine Öko-Hotels und Pensionen. Ein Hotel kümmert sich sogar um den Tierschutz auf der Insel und versorgt Streunerkatzen. In dem einst verlassenen Dorf Miliá auf Kreta haben zwei Griechen das Mountain Retreat aufgebaut. Die Häuser wurden renoviert, ausgebaut und modernisiert.
Strom wird über Solaranlagen und Windenergie gewonnen, geheizt wird über Holzöfen und Kamine. Miliá ist beinahe autark, denn: Trinkwasser, Olivenöl, Käse, Eier und Brennholz werden direkt am Hang gewonnen. Viele Olivenbauern stellten auf ökologischen Anbau um und produzieren Öl in Bio-Qualität.
Auf der16 Quadratkilometer großen Insel Lipsi werden seit 1988 keine Baugenehmigungen für Hotels mit mehr als 60 Betten erteilt. Dafür vermieten die Einwohner private Zimmer. Auch wird hier der Müll getrennt. Schwimmen, Schnorcheln, Mountainbike fahren und Wandern, kann und darf man hier überall. Die Restaurants greifen vor allem auf lokale und saisonale Produkte zurück. Zudem wird auf der Insel leckerer Rotwein angebaut und hauptsächlich regional verkauft.
Schutzzone für Mönchsrobben auf griechischer Insel
Auf der Insel Alonnisos mit seinen rund 1.600 Einwohner werden Hotels umweltfreundlich geführt und lokale und saisonale Lebensmittel angeboten. Außerdem kann man hier die seltenen Mönchsrobben beobachten: Es wurde eine Schutzzone um die Insel eingerichtet, die größeren Fangbooten verbietet, dort zu fischen. Nur einheimische Fischer dürfen rund um die Insel auf Fischfang gehen. Diese Maßnahme schützt nicht nur die Robben, sie stärkt auch die lokale Wirtschaft.
Nachhaltige Unterkünfte auf Peloponnes
Auch das griechische Festland bietet Unterkünfte für sanften Tourismus. So wurde das Hotel The Westin Resort Costa Navarino in Messenien, Peloponnes, 2017 als der nachhaltigste Touristenort in ganz Europa ausgezeichnet. Das Hotel verfügt außer über einer Photovoltaik-Anlagen auch über ein integriertes Abfallmanagement.
In einer Aktion pflanzte das Unternehmen 6.500 Olivenbäume und baute zwei Wasserreservoirs für die Bewässerung der Region. Das interaktive Umweltzentrum "Navarino Nature Hall" informiert Besucher über die Flora und Fauna der Umgebung.