Valentinstag: Wenn Romantik krank macht

Bild Rosen: wallerichmercie / Shutterstock.com / Grafik: TP
Rosen gelten als Symbol der Liebe – doch der Schein trügt. Was viele Verliebte nicht wissen: Die romantischen Blumen können der Gesundheit schaden.
Rosen – die Blumen der Liebe, zum Valentinstag ein alternativloses Geschenk mit langer Tradition – so oder ähnlich wirbt die Floristikbranche alljährlich zum 14. Februar für den Kauf von Schnittblumen. Rosen sind mit Abstand die beliebtesten Schnittblumen der Deutschen, gefolgt von Tulpen und Chrysanthemen.
2023 waren die Niederlande mit rund 905 Millionen importierten frischen Rosen der mit Abstand wichtigste Lieferant von Rosen nach Deutschland. Die gesamte Importmenge lag bei rund 1,2 Milliarden Stück Blumen. Das ganze Jahr über werden Rosen von anderen Kontinenten eingeflogen – meist haftet ihnen ein ganzer Cocktail an Pestiziden an.
In einer im Februar 2023 von Öko-Test beauftragten Laboruntersuchung fanden sich in den untersuchten Rosen 54 verschiedene Spritzgifte. Insgesamt wurden 21 Rosensträuße in verschiedenen Farben und Preislagen getestet – darunter sechs mit deklariertem Fair-Trade-Label. Nur ein Strauß war mit "gut" empfehlenswert. Mehr als drei Viertel der Rosensträuße fielen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch, darunter auch teure Sträuße.
Nur ein einziger Strauß im Test schnitt "gut" ab. In einem Rosenstrauß fand das Labor Rückstände von 21 verschiedenen Pestiziden. Zehn Spritzgifte wurden von Öko-Test als besonders bedenklich eingeordnet. Diese Gruppe umfasst Verbindungen, die als wahrscheinlich und gesichert krebserregend, erbgutverändernd, fortpflanzungsschädigend oder bienentoxisch gelten.
Rosen enthalten in der EU verbotene Spritzgifte
Obwohl die Gefahren vieler Stoffe bekannt sind, produzieren europäische Chemiekonzerne in der EU verbotene Wirkstoffe und verkaufen sie in Ländern außerhalb der EU mit weniger strengen Regularien. Mit Rosen und anderen Importprodukten kommen die hier verbotenen Substanzen mit dem Umweg über Afrika wieder nach Europa zurück. Hinzu kommt, dass für Pestizidrückstände auf Blumen in der EU – anders als bei Obst und Gemüse – keine gesetzlichen Grenzwerte gelten.
So klebten auf drei Vierteln der untersuchten Rosensträuße in der EU verbotene Spritzmittel, darunter das von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) als vermutlich krebserregend eingestufte Insektizid Thiacloprid (seit 2020 verboten) oder das Fungizid Carbendazim, das im Verdacht steht, genetische Defekte auszulösen.
Beide Chemikalien können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und den Fötus im Mutterleib schädigen. In einem Rosenstrauß maß das Labor als höchste Menge eines Einzelstoffs ganze 45 Milligramm pro Kilogramm des Fungizids Spiroxamin, das im Verdacht steht, die Organe und das Kind im Mutterleib zu schädigen.
Gifteinsätze und immenser Wasserverbrauch auf afrikanischen Rosenfarmen
Die getesteten Sträuße kamen vorwiegend aus Kenia, Äthiopien und Uganda. Dort wird in riesigen Rosen-Monokulturen ein immenser Einsatz von Pestiziden gegen Schädlinge und Krankheiten eingesetzt. Vor allem die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Blumenfarmen kommen mit den Chemikalien in Kontakt.
So spritzen im weltweit größten Rosenexportland Kenia viele Beschäftigte Pestizide ohne geeignete Schutzausrüstung. Auch die Zeitspanne zwischen dem Versprühen und dem erneuten Betreten des Gewächshauses ist vielfach zu kurz. Zudem verbraucht der Rosenanbau unglaubliche Mengen an Wasser.
Viele kenianische Rosen stammen aus der Region am Naivashasee, dessen Wasser zur Bewässerung genutzt wird, sodass dessen Wasserspiegel fortwährend sinkt. Die Chemikalien, die auf den Farmen eingesetzt werden, werden häufig direkt zurück in den See gepumpt.
Intransparente Lieferketten
Auf Nachfrage von Öko-Test verweigerten viele Anbieter und Produzenten Angaben darüber, ob sie Verantwortung für ihre Lieferkette und die Arbeitsbedingungen auf dem Blumenfeld übernehmen. Deshalb wurden in puncto Transparenz acht Sträuße mit "ungenügend" bewertet.
Immerhin legten zwei Drittel der Unternehmen ihre Lieferkette komplett oder teilweise offen. Bei zehn Sträußen weisen Hersteller Zertifizierungen für ökologische und soziale Verbesserungen auf. FairTrade ist das bekannteste Siegel und gilt als das mit den höchsten Ansprüchen – zumindest in der Theorie.
Hersteller verweigern Beschäftigten Fairtrade-Prämien
Der sogenannte Blumenstandard soll garantieren, dass Beschäftigte auf den Farmen im Umgang mit Spritzgiften geschult und mit Schutzausrüstungen ausgestattet werden, dass sie sich gewerkschaftlich organisieren dürfen und den gesetzlichen Mindestlohn erhalten.
Laut Fairtrade-Standard müssen zertifizierte Betriebe ihren Beschäftigten mindestens den Tariflohn oder den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Ausgehend von diesem Lohnniveau müssen die Reallöhne jährlich erhöht werden – bis zum existenzsichernden Lohn. Nun hat Fairtrade den Blumenstandard nach eigenen Angaben überarbeitet. Wo weder Mindestlöhne noch Tariflöhne existieren, soll die von der Weltbank definierte internationale Armutsgrenze die Lohnuntergrenze bilden.
Für die Beschäftigten im oben genannten Rosen-Test beträgt die Fairtrade-Prämie – zehn Prozent des Exportpreises. Zwar beziehen acht Anbieter im Test ihre Rosen von einer Fairtrade-Farm, doch sie loben das Siegel einfach nicht aus, sodass sie keine Fairtrade-Prämie zahlen müssen.
Laut Blumenstandard soll auch der Einsatz von Pestiziden gedrosselt werden. So verbietet Fairtrade 207 besonders gefährliche Pestizide mit105 Wirkstoffen. Doch Öko-Test reicht das nicht aus: Immer noch enthalten die Fairtrade-Sträuße zu viele gefährliche Spritzmittel, kritisieren die Autoren. Laut Pestizidatlas 2022 erkranken weltweit jährlich 385 Millionen Menschen an Pestizidvergiftungen und den Langzeitfolgen.
Rosenfarm in Äthiopien verstößt gegen Fairtrade-Regeln
Aldi zum Beispiel kauft einen großen Teil seiner Rosen in Afrika, und da hauptsächlich bei Sher Ethiopia. Das Unternehmen mit Stammsitz in den Niederlanden ist der weltweit größte Rosenproduzent – und Fairtrade zertifiziert. Allein in Äthiopien beschäftigt die Firma rund 12.500 Mitarbeiter.
Auf drei Farmen werden dort jährlich mehr als eine Milliarde Rosen angebaut und in die ganze Welt exportiert. Wie NDR-Recherchen zeigen, kauft der Discounter Rosen von einer Farm, auf der in der EU nicht zugelassene Pestizide zum Einsatz kommen und Fairtrade-Standards missachtet werden.
So ließ der NDR bei Aldi Nord gekaufte Rosen im Labor untersuchen. Im Ergebnis wurden 14 Pestizide nachgewiesen – vier davon waren in der EU nicht mehr zugelassen.
Arbeiterinnen in Gewächshäusern werden mit Giften besprüht
Wenn sie während der Rosenernte ohne Schutzkleidung im Gewächshaus im Wege stünden, sprühe man einfach über sie hinweg, erklärt eine Farmarbeiterin von Sher Ethiopia. So werden die Arbeiterinnen Giften ausgesetzt, die sie gesundheitlich schädigen können, kritisiert der Toxikologe Edmund Maser von der Universität Kiel gegenüber dem NDR. Sher Ethiopia allerdings stritt diese Vorwürfe ab.
Auch zu den Löhnen und dem Fairtrade-Prämiensystem gab es Kritik: "Ich habe viele Arbeiter kennengelernt, die acht oder neun Jahre für Sher gearbeitet haben und keine Chance hatten, ihre Kinder zur Schule zu schicken", berichtet eine Farmarbeiterin. Eine andere sieht keinerlei Vorteile, nur harte Arbeit.
Was beim Kauf von Blumen zu beachten ist
Viele Blumen aus Blumenläden, Supermärkten und Discountern sind inzwischen Fairtrade-zertifiziert. Grundsätzlich gilt: Blumen mit dem Fairtrade-Siegel werden eher sozialverträglich angebaut als konventionelle. Doch frei von Giften sind sie nicht. Rosen aus den Niederlanden sind auch keine Alternative. Dort verbrauchen sie zwar deutlich weniger Wasser als in trockenen Anbauländern. Die beheizten Gewächshäuser verursachen jedoch deutlich mehr Emissionen.
Wenn es im Winter unbedingt Schnittblumen sein müssen, dann besser Tulpen, rät Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin. Pestizidrückstände werden hier seltener festgestellt. Tulpen aus den Niederlanden seien immer noch besser als Rosen aus Afrika, schon allein, weil sie kürzere Transportwege haben.
Eine Alternative sind Kirsch- oder Forsythienzweige, die in der warmen Wohnung in der Vase schnell zu blühen beginnen. Die Pflanzen wachsen bei uns, sind unbelastet und halten länger als jeder Blumenstrauß, betont die Umweltexpertin. Ansonsten sollte man Schnittblumen generell nur saisonal und regional kaufen.
Wirklich nachhaltig sind Blumen im Topf
Rosen zum Beispiel wachsen von Juni bis September im Freiland. Sie können im Kübel gepflanzt werden und auf dem Balkon, Terrasse oder vor dem Hauseingang stehen. Im Winter sollte der Kübel in eine geschützte Ecke gestellt und abgedeckt werden.
Auch Tulpen wachsen im Freiland je Wetterlage ab Mitte März/April. Pflanzt man die Bio-Tulpenzwiebeln im Herbst im Garten ein, treiben sie im kommenden Frühling aus. Auch im Frühling kann man Tulpen als vorgezogene Pflanzen im Topf kaufen und im Garten oder in Kübeln anpflanzen.
Doch bitte nur bienenfreundliche Sorten kaufen: Kleine Wildtulpen etwa mit offenen Blüten liefern hungrigen Insekten im Frühling wertvollen Pollen und Nektar. Hochgezüchtete Gartentulpen hingegen sind für Bienen und andere Insekten wertlos, da sie keine Pollen und Nektar bilden.
Mit Hyazinthenzwiebeln im Topf holt man sich den Frühling ins Haus: Im Winter eingepflanzt beduften die Blüten einige Wochenlang die ganze Wohnung. Sind sie verblüht, werden sie abgeschnitten, das Grün sollte an der Pflanze bleiben. Diese sollte an einem kühlen, aber frostfreien Ort aufbewahrt werden. Bis die Knollen in den Garten gepflanzt werden können. Ein Klassiker sind Alpenveilchen: Bei richtiger Pflege kommen die Blüten immer wieder neu hervor.