Vergessen Sie Stonehenge! Das hier ist Britanniens wahres Ur-Monument
Künstlerische Darstellung der Steinkreise in Dorchester. Bild: Jennie Anderson/ University of Exeter
Steinzeit-Struktur neu untersucht. Riesiger Kreisgraben ist älter als Stonehenge. Spoiler: Spuren von Außerirdischen und deren Ufos wurden nicht gefunden.
Eine Entdeckung in Südengland wirft ein neues Licht auf die Entwicklung der steinzeitlichen Monumentalarchitektur und offenbart Einblicke in die geistige Welt unserer Vorfahren vor über 5.000 Jahren.
Archäologen der Universität Exeter haben durch präzise Radiokarbondatierungen herausgefunden, dass die rätselhafte Kreisanlage von Flagstones in Orchester bereits um 3.200 vor Beginn unserer Zeitrechnung errichtet wurde – und damit rund 200 Jahre älter ist als bisher angenommen.
Flagstones älter als Stonehenge – aber weniger bekannt
Dieser Fund macht Flagstones zum ältesten bekannten großen Steinkreis auf den Britischen Inseln und möglicherweise zu einem der frühesten Monumente dieser Art überhaupt. Die Anlage besteht aus einem perfekt kreisförmigen Graben von 100 Metern Durchmesser und enthält sowohl Körperbestattungen als auch Kremationen.
Damit vereint sie Merkmale älterer Erdwerke, der sogenannten "causewayed enclosures", mit Elementen jüngerer Steinkreise wie dem bekannteren Stonehenge.
Frühere Erkenntnisse revolutioniert
Die revolutionären Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der Übergang von rechteckigen zu runden Monumenten und von Körperbestattungen zu Kremationen deutlich früher stattfand als bisher gedacht. Diese Veränderungen in Architektur und Bestattungssitten spiegeln vermutlich tiefgreifende Umbrüche in den Glaubensvorstellungen und der sozialen Organisation der damaligen Gesellschaften wider.
Flagstones im Kontext anderer Monumente der Region
Die neuen Radiokarbondaten erlauben es auch, den Bau von Flagstones präzise in die "Zeitlandschaft" des weiteren Monumentkomplexes von Dorchester einzuordnen.
So wurde die Anlage 100 bis 375 Jahre nach dem Langhügel von Maiden Castle errichtet, der über den Ringen eines früheren Erdwerks aufgeschüttet worden war. Maiden Castle ist eines von mehreren linearen Monumenten in der Gegend, zu denen auch die lange Grabeneinfriedung von Alington Avenue zählt, die kurz vor 3.625 und 3.380 vor unserer Zeitrechnung angelegt wurde – und damit bis zu 470 Jahre vor dem nahe gelegenen Flagstones.
War Flagstones ein verbotener Ort?
Als das Mount Pleasant Henge 555-770 Jahre nach Flagstones gebaut wurde, waren die älteren Erdwerke von Maiden Castle, Alington Avenue und Flagstones selbst bereits verwittert. Das Fehlen von spätneolithischem Material in Flagstones deutet sogar darauf hin, dass die Stätte nicht nur unverändert blieb, sondern möglicherweise aktiv gemieden wurde. Dennoch strukturierte ihre Präsenz die späteren Aktivitäten in der Landschaft, wobei jüngere Monumente wie Mount Pleasant in geringer Entfernung errichtet wurden – vielleicht, um an Legitimität zu gewinnen.
Stonehenge und die Fantasie
Der Schweizer Autor Erich von Däniken und anderer Verfechter der Prä-Astronautik-Therorie vertreten die These, dass Stonehenge nicht von Menschen, sondern von Außerirdischen errichtet wurde. Diese Behauptung ist Teil seiner größeren Theorie, dass viele monumentale Bauwerke der Antike, wie auch die Pyramiden oder die Nazca-Linien, nur mithilfe außerirdischer Technologie hätten errichtet werden können. Diese Idee wurde erstmals umfassend in Dänikens 1968 erschienenen Buch "Erinnerungen an die Zukunft" (international bekannt als "Chariots of the Gods?") dargestellt.
Stonehenge als Modell des Sonnensystems
Eine besonders fantasievolle These von Dänikens besagt, dass Stonehenge ein maßstabsgetreues Modell unseres Sonnensystems darstellt. Er behauptet sogar, dass in diesem Modell bereits der Asteroidengürtel dargestellt sei – ein astronomisches Phänomen, das die damaligen Menschen unmöglich hätten kennen können.
In einem seiner Vorträge hatte Däniken die gängige Interpretation von Stonehenge als Kalender als "die blödeste" aller Theorien. Ein nicht gerade zimperlicher Umgang mit der Altertumswissenschaft.
Von Däniken selbst ging indes noch weiter und behauptet, dass Stonehenge nur eines von insgesamt 17 prähistorischen Modellen des Sonnensystems auf der Welt sei. Er stellt die These auf, dass verschiedene prähistorische Bauwerke auf der Erde durch Linien verbunden werden können, und dass diese Anordnung ein Beweis für außerirdischen Einfluss sei. Diese Linien und Muster sollten laut von Däniken als eine Art Signal an die Außerirdischen dienen, ähnlich wie die Nazca-Linien, um ihnen die menschliche Intelligenz zu demonstrieren.
Die Forscher in Großbritannien – vorsichtig ausgedrückt – sehr viel zurückhaltender. Rückschlüsse auf die genauen Umstände, warum Flagstones in den Jahrhunderten nach dem Verlassen der Städte offenbar von Menschen gemieden wurden, ziehen Sie nur vorsichtig. Details darüber, was damals wirklich geschehen ist und was unsere frühesten Vorfahren wirklich motiviert hat, wissen wir nicht, wir können es nur vermuten.
Die Archäologie trägt hier aktiv dazu bei, über wissenschaftlich stichhaltige und nach prüfbare Messungen und Nachweise Rückschlüsse zu ziehen. Und das ist oft spannend genug.