Vermögensgewinne der Multimilliardäre und das Ende des Hungers

Vermögenszuwachs der reichsten Menschen der Welt nimmt gigantische Ausmaße an. In diesem Licht erscheinen Hunger und Armut auf der Erde als leicht zu lösende Probleme. Wenn man träumen dürfte.

Grund zur Freude dürfte bei den 500 reichsten Menschen auf diesem Planeten herrschen. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres konnten sie ihr Vermögen in einem Maß steigern, das leicht jegliche menschliche Vorstellungskraft übersteigt.

Die nackten Zahlen: Die 500 vermögendsten Menschen der Welt durften sich in nur sechs Monaten, also in nur gut 180 Tagen, über zusätzliche 852 Milliarden US-Dollar freuen (etwa 784 Milliarden Euro).

Wohlgemerkt, Ausgaben für ihren luxuriösen Lebensstil muss man hiervon nicht mehr abziehen. Es handelt sich bei dieser gigantischen Summe ausschließlich um die Vermögenssteigerung. Elon Musk bereitet sich mit einem Plus von 96,6 Milliarden US-Dollar und insgesamt 248 Milliarden US-Dollar auf seinen Konkurrenzkäfigkampf mit Mark Zuckerberg vor, der mit einem Gewinn von 58,9 Milliarden US-Dollar (insgesamt 107 Milliarden US-Dollar) fast schon erbärmlich dagegen aussieht.

Eine etwas andere Perspektive

Vermögenszahlen übersteigen ab einer gewissen Dimension die menschliche Vorstellungskraft. Ein kleiner Vergleich mag hier helfen. 500 Menschen, also 0,000006217 Prozent der Weltbevölkerung, haben in sechs Monaten ein zusätzliches Vermögen gewonnen, das 106 US-Dollar pro Mensch entspricht.

Anders ausgedrückt: Würden diese 500 Multimilliardäre nur darauf verzichten, in den sechs Monaten ihr Vermögen zu vermehren (also keinen Euro verloren zu haben und trotzdem ihrem extrem teuren Lebenswandel frönen zu können), und würde man diese Summe auf die Weltbevölkerung übertragen, so könnte sich jeder einzelne Mensch in allen Ländern der Erde über mehr als 100 US-Dollar in einem halben Jahr freuen.

Das wäre eine Summe, die das Leben sehr vieler sehr verändern würde. Im Gegensatz zum Leben der Menschen, die so viel Geld besitzen, dass sie es unmöglich zu Lebzeiten ausgeben können.

Die andere Seite des Reichtums

Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen schreibt aktuell:

Bis zu 828 Millionen Menschen - mehr als jeder Zehnte der Weltbevölkerung - gehen immer noch jede Nacht hungrig zu Bett. Schätzungen des Welternährungsprogramms aus 79 der Länder, in denen wir arbeiten (und für die Daten vorliegen), deuten darauf hin, dass im Jahr 2023 mehr als 345 Millionen Menschen mit einem hohen Maß an Ernährungsunsicherheit konfrontiert sein werden. Das ist ein Anstieg um fast 200 Millionen seit Anfang 2020 (vor Covid-19).

Über 40 Millionen Menschen in 51 Ländern befinden sich im Jahr 2023 in einer akuten Ernährungsunsicherheit, die einem Notfall entspricht oder schlimmer. Ohne dringende lebensrettende Maßnahmen besteht für sie die Gefahr einer Katastrophe oder einer Hungersnot. Weiterhin leiden schätzungsweise 45 Millionen Kinder unter fünf Jahren an akuter Unterernährung.

WFP at a Glance, 3. Juli 2023

Bereits vor zwei Jahren, als die Multimilliardäre während der Corona-Krise über unvorstellbare Gewinne jubeln durften, während Armut und Hunger explodierten, wandte sich David Beasley, Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms, mit eindringlichen Worten an die Öffentlichkeit:

Es gibt heute Reichtum in Höhe von 400 Billionen Dollar auf der Erde, und es gibt die Tatsache, dass neun Millionen Menschen jedes Jahr an Hunger sterben ... Schande über uns.

Auf dem Höhepunkt von Covid stieg das Nettovermögen der Milliardäre um 5,2 Milliarden US-Dollar pro Tag. Zur gleichen Zeit sterben täglich 24.000 Menschen an Hunger. Wir sollten uns schämen.

Auf dem Höhepunkt von Covid wuchs das Nettovermögen der Milliardäre stündlich um beachtliche 216 Millionen US-Dollar. Doch 1.000 Menschen pro Stunde starben an Hunger ... Schande über uns.

David Beasley, September 2021

Hilfe wäre ein Leichtes

Ein Gedankenspiel: Man stelle sich vor, was die 852 Milliarden US-Dollar, die ein paar Handvoll Menschen an Silvester 2022 noch nicht besaßen, und nun ihr eigen nennen dürfen, weltweit Gutes tun könnten.

Betrachtet man den Segen, den Milliarden Menschen dank dieser 852 Milliarden US-Dollar erleben könnten, offenbart dies noch eine weitere Dimension des gigantischen Reichtums und der damit zusammenhängenden Ungleichheit.

Wenn die 500 reichsten Menschen der Welt sich "nur" mit ihrem unvorstellbaren Reichtum begnügen würden, den sie am Ende des letzten Jahres hatten und auf die neuen Vermögensgewinne verzichten würden (was nun beileibe kein Aufruf zum asketischen Leben wäre), könnte man das Elend der Welt im wahrsten Sinne des Wortes mit einem Federstrich beenden. Jetzt.

Eine Studie, die auch von der deutschen Bundesregierung unterstützt wurde, hatte vor zwei Jahren berechnet, was es kosten würde, bis zum Jahr 2030 den Hunger in der Welt zu besiegen. Es sind insgesamt 330 Milliarden US-Dollar (siehe auch hier).

Nicht einmal 40 Prozent des Vermögenszuwachses der 500 reichsten Menschen in sechs Monaten.

Ein Gedankenspiel über die extreme Ungleichheit in der Welt: Ein paar Handvoll Menschen, die nicht einmal mehr wissen, was sie mit ihrem Reichtum anfangen sollen, und Millionen Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie der immer drohenden Gefahr des Hungertodes entkommen sollen.

Jean Ziegler, von 2000 bis 2008 UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, schrieb einmal: "Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet. Dieser Massenvernichtung begegnet die öffentliche Meinung des Westens mit eisiger Gleichgültigkeit."