Verschlüsselung in Gefahr: Signal droht mit Rückzug aus Schweden
Signal stellte einen möglichen Rückzug aus Schweden in den Raum
(Bild: Camilo Concha/Shutterstock.com)
Signal plant Rückzug aus Schweden, falls neue Gesetze Verschlüsselung gefährden. Bürger und Unternehmen sind alarmiert. Was bedeutet das für die Privatsphäre?
Meredith Whittaker, CEO des verschlüsselten Messenger-Dienstes Signal, droht damit, den Service in Schweden einzustellen, falls dort neue Gesetze Provider zur Herausgabe verschlüsselter Nutzer-Chats an Behörden zwingen.
Wie der Nachrichtensender SVT Nyheter berichtet, plant die schwedische Regierung ein entsprechendes Gesetz, um Verschlüsselung für Ermittler zu knacken.
Demnach könnte ein solches Gesetz bereits im März 2026 in Kraft treten und Anbieter von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) wie Signal, WhatsApp oder iMessage betreffen.
Verschlüsselung nur ganz oder gar nicht
"Entweder ist es eine Schwachstelle, die jeden eindringen lässt, oder wir halten an einer starken, robusten Verschlüsselung fest und gewährleisten das Recht auf Privatsphäre für alle", erklärte Whittaker im Interview. Es gebe keine Hintertür nur für die "Guten". Verschlüsselung funktioniere entweder für alle oder sei für alle gebrochen.
Sollte Schweden ein solches Gesetz verabschieden, würde Signal den Markt verlassen, bevor man einer Maßnahme zustimme, "die unsere Fähigkeit, private Kommunikation zu ermöglichen, katastrophal untergraben würde", so die Firmenchefin.
Eine identische Position hatte das Unternehmen bereits eingenommen, als Großbritannien ein ähnliches Vorhaben im Rahmen des "Online Safety Bill" erwog.
Ermittler wollen wieder mitlesen
Schweden hatte 2021 eine Untersuchung seiner Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung und zum Datenzugriff eingeleitet. Der im Mai 2023 veröffentlichte Abschlussbericht empfahl unter anderem, dass verschlüsselte Messaging-Dienste Chatdaten bis zu zwei Jahre lang speichern und Strafverfolgungsbehörden auf Anfrage zur Verfügung stellen müssen.
Justizminister Gunnar Strömmer erklärte, es sei entscheidend, dass Ermittlungsbehörden und Nachrichtendienste auf verschlüsselte Inhalte zugreifen könnten, um schwere Straftaten zu vereiteln - das Hauptargument, mit dem auch Großbritannien seine Pläne zum Aufbrechen von Verschlüsselung verfolgt.
Eine solche Regelung würde im Wesentlichen die bestehende Verpflichtung von Telekommunikationsunternehmen, Anruf- und SMS-Daten an die Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben, auf Anbieter verschlüsselter Kommunikation ausweiten.
Dazu müssten diese Plattformen jedoch die Möglichkeit implementieren, die Kommunikation ihrer Nutzer zu entschlüsseln – was bei Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unmöglich ist, da niemand außer den Kommunikationspartnern die Nachrichten lesen kann, nicht einmal der Plattformbetreiber selbst.
Dominoeffekt befürchtet
Auch andere Länder wie Australien und die EU haben bereits mit ähnlichen verschlüsselungsfeindlichen Vorstößen für Kritik gesorgt.
In den USA sprechen sich FBI und Heimatschutz-Agentur CISA in der Frage uneins: Während CISA für verschlüsselte Messaging-Plattformen eintritt, befürwortet das FBI eine "verwaltete Verschlüsselung", die von einem Anbieter auf Anfrage entschlüsselt werden kann.
Signal CEO Whittaker geht es jedoch nicht nur um den eigenen Dienst oder die Pläne einer einzelnen Regierung. Vielmehr sieht sie das grundlegende Recht auf sichere Kommunikation in Gefahr: "Indem sie Signal zwingen, seine Kernsicherheit zu kompromittieren, signalisieren sie, dass Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Wesentlichen verboten ist."