Videoüberwachung und Demokratie
Seite 2: Öffentlicher Raum als Lebensraum
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Der öffentliche Raum ist wichtig - für die Gesellschaft und die Politik. Er ist der Ort für soziale Begegnungen, Interessendurchsetzungen und Konfliktbewältigungen. Im öffentlichen Raum wird Sport getrieben, es gibt Feste und Umzüge. Der öffentliche Raum entfaltet gesellschaftliche Bindekraft. Er ist - ohne Übertreibung - der Lebensraum.
Im öffentlichen Raum wird - das zeigen etwa Militärparaden - Macht demonstriert. Hier werden durch Demonstrationen politische und soziale Ansprüche geltend gemacht. Nicht zuletzt werden im öffentlichen Raum auch politische Konflikte ausgetragen. Neuere Beispiele dafür sind etwa der "Platz des himmlischen Friedens" in Peking, der Alexanderplatz in Ost-Berlin, der Taksim-Platz in Istanbul oder der Maidan in Kiew. Öffentlicher Raum hat auch eine große Bedeutung für eine funktionierende Demokratie.
Demokratie im öffentlichen Raum
Die Geschichte der Demokratie beginnt mit einem öffentlichen Raum - der Agora, dem Marktplatz des antiken Athen. Hier trafen sich die Bürger, um über politische Fragen zu debattieren und zu entscheiden. Hier tagte die Volksversammlung (ekklesia), das wichtigste Entscheidungsgremium.
Bis heute gehört zum Wesen der Demokratie die öffentliche Kommunikation. In kleinen Demokratien versammeln sich die Bürger noch heute auf dem Marktplatz, um gemeinsam politische Fragen zu entscheiden. Die Schweiz ist dafür das Paradebeispiel. Selbstverständlich ist das in der modernen Massendemokratie praktisch kaum möglich. Öffentliche Kommunikation in der Demokratie ist heute deshalb zum großen Teil eine Kommunikation über Massenmedien und in sozialen Medien.
Trotzdem bleibt der - analoge - öffentliche Raum wichtig für die Demokratie. Denn hier treffen völlig unterschiedliche Welten aufeinander. Hier begegnen sich Banker und Hartz IV-Empfänger auf Augenhöhe. Das kann zu Irritationen und Denkanstößen führen. Dabei wird die entscheidende Fähigkeit der Demokratie gefordert und gefördert. Nämlich die Fähigkeit, Kompromisse mit völlig widerstreitenden Interessen zu schließen, statt Zwang und Gewalt anzuwenden.
Wie wichtig der öffentliche Raum für die Demokratie, dokumentiert das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in Art. 8 GG. Es ist - in den Worten des Bundesverfassungsgerichts - als "kollektive Meinungsfreiheit" unentbehrlich für die demokratische Ordnung. Stringent weitergedacht bedeutet das: Der öffentliche Raum ist unentbehrlich für die demokratische Ordnung. Hier beginnt die Demokratie-Problematik der Videoüberwachung.
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