Volle Energie im Terahertz-Bereich

"So ein Strahl wurde nie zuvor geschaffen"

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In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals Nature berichten Forscher von der Erzeugung einer Breitband-Terahertzstrahlung mit bisher unerreichter Leistung.

Experimentierhalle des Jefferson Laboratory

G. L. Carr von der National Synchrotron Light Source des Brookhaven National Laboratory, Michael C. Martin und Wayne R. McKinney von der Advanced Light Source Division des Lawrence Berkeley National Laboratory, sowie K. Jordan, George R. Hell und G.P. Williams von der Free Electron Laser Facility des Jefferson Laboratory in Newport News ist es gelungen, eine sehr leistungsstarke Terahertzstrahlung herzustellen.

Zwischen dem Bereich der Mikrowellen und dem infraroten Licht liegt die Terahertz-Frequenz (ein Terahertz, THz = 1'000'000'000'000 Hertz). Sie ist das Interface zwischen Elektronik und Photonik. Für das menschliche Auge ist die Terahertzstrahlung nicht erfassbar, denn sie ist 300fach kleiner als das Limit der visuellen Wahrnehmung. Massenkommunikationssysteme wie Radio, Funk und Fernsehen funktionieren im Megahertz-Bereich, während im Gigahertzbereich die Mikrowellen sowie die Satelliten- und Mobilkommunikation angesiedelt ist. Darauf folgt die bisher große Lücke im Terahertzbereich, bevor dann die sichtbare und die Wärme-Strahlung einsetzt.

Die Entwicklung leistungsstarker Terahertz-Strahlungsquellen wird weltweit intensiv betrieben, denn die potenziellen Anwendungen könnten sowohl in der Wissenschaft wie in der Technologie vielfältig sein. Das reicht von der Terahertz-Spektroskopie, mit der sich der Wasseranteil in Pflanzen und Biomaterialien bestimmen lässt sowie Gewebe durchleuchten, bis zur Manipulation von Quantenzuständen in Halbleitern. Für die Medizin haben die Terahertz-Bilder der abgetasteten Proben den Vorteil, zusätzliche Informationen zu liefern, die den anderen Spektralbereichen nicht zugänglich sind. Außerdem ist die Untersuchung nicht mit Nachteilen wie der Strahlenbelastung lebender Organismen durch das Röntgen verbunden.

Im Mai diesen Jahres hatte ein internationales Forscherteam von der Entwicklung eines Terahertz-Lasers aus herkömmlichen Halbleiter-Materialien berichtet (vgl. Wissenschaftler entwickeln Terahertz Laser).

In Deutschland wird unter anderem als Sonderforschungsbereich der DFG in Köln im Terahertz-Bereich geforscht (Vgl. Entwicklung der Interstellaren Materie: Terahertz-Spektroskopie im Weltall und Labor. Bisher war es aber nur möglich, sehr leistungsschwache Terahertzstrahlung zu erzeugen. Das hat sich jetzt geändert.

Das Team um Carr verwendete eine Technik, die auf der Synchrotronstrahlung von beschleunigten Elektronen basiert. Dabei werden die Elektronen beschleunigt, aber nicht einem Halbleiter gefangen, sondern sie bewegen sich in einem Vakuum mit annähernder Lichtgeschwindigkeit. Das ist in einem Teilchenbeschleuniger wie dem am Jefferson Laboratory möglich.

Mit ihrem Verfahren erzeugten die Physiker eine Breitband-Terahertzstrahlung mit einer durchschnittlichen Leistung von 20 Watt. Dadurch entsteht 100 000mal mehr Energie, als die besten verfügbaren Quellen bislang lieferten.

In seinem begleitenden News&Views-Artikel in Nature zeigt sich Mark Sherwin von der University of California begeistert:

Carr und Kollegen berichten von der Generierung eines Strahls von Terahertzstrahlung, der ein breites Spektrum der Frequenzen bis zu einem Terahertz bei einer durchschnittlichen Energie von 20 W umfasst. So ein Strahl wurde nie zuvor geschaffen. Carr und sein Team haben eine Tür zu neuen Untersuchungen und Anwendungsmöglichkeiten auf einer Vielzahl von Gebieten aufgestoßen. (...) Wie bei jeder neuen Technologie ist es schwierig die wichtigsten Anwendungsgebiete vorauszusagen - die Erfinder des Lasers haben auch nicht auf den Barcode abgezielt. Die Autoren spekulieren, dass die Spitzenleistung für die Erforschung von nichtlinearen Phänomenen in neuen Materialien und Geräten genutzt werden - und dass die große Durchschnittsenergie "full-field, real-time image capture" - also im Endeffekt Terahertz-Filme ermöglichen könnte. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die große Durchschnitts - und Spitzenenergie dafür genutzt werden könnte um Materialien, chemische Reaktionen und biologische Prozesse zu manipulieren oder zu verändern.