Von Block zu Block in Gaza: Wie wird die israelische Invasion aussehen?

Seite 2: Wie die Israelis kämpfen werden

Zunächst müssen sie die Hamas-Kämpfer aufspüren und sie dann in ihren befestigten Stellungen angreifen, ohne dabei übermäßige Verluste in Kauf nehmen und Zivilisten töten zu müssen.

Um die Hamas-Kämpfer ausfindig zu machen, werden die Israelis eine Vielzahl von Mittel nutzen. Sie werden bereits das elektromagnetische Spektrum von Mobiltelefonen, Computern und Funkgeräten nach einer elektronischen Signatur durchsuchen, um ein potenzielles Ziel zu identifizieren.

Sie werden die sozialen Medien nach Erkennungsmerkmalen durchforsten und Drohnen, bemannte Flugzeuge und menschliche Aufklärungsteams einsetzen, um zu bestätigen und zu überprüfen, was sie zu wissen glauben.

All das und noch viel mehr werden sie tun, um zuzuhören, zu sammeln und sich ein Bild von Kommandozentralen, Logistikstandorten, Artilleriestellungen und der Schlachtordnung zu machen – wer wer ist, wer über was verfügt und wo es sich befindet.

Dieser Prozess wird als nachrichtendienstliche Vorbereitung des Schlachtfelds bezeichnet. Das haben die Israelis seit Beginn der Feindseligkeiten getan – in Wahrheit wurden einige ihrer Ziele höchstwahrscheinlich schon lange vor dem Angriff der Hamas festgelegt, so wie die Hamas mit Sicherheit eine solide Zielliste israelischer Ziele hatte und hat.

Der Einmarsch am Boden ändert diesen Prozess natürlich. Wenn die israelischen Panzer und die Infanterie sich dem Feind "nähern", wird das Aufspüren und anschließende Angreifen von Hamas-Kämpfern höchstwahrscheinlich zu einer bloßen Erwiderung des Feuers werden – oft ohne die Zeit dafür zu haben, herauszufinden, wie man die Zahl der zivilen Opfer begrenzen kann.

Es ist eine Sache, eine Pause einzulegen und sich in unwegsamem Gelände zurückzuziehen, aber eine andere, herauszufinden, wer auf einen schießt.

Sobald sie den Feind ausfindig gemacht haben, haben die Israelis eine Reihe von Möglichkeiten, die Hamas-Kämpfer zu bekämpfen. Aber es ist nicht einfach, zu entscheiden, welche Waffe am besten geeignet ist.

Sie müssen ihr Handeln an drei Kriterien messen: 1) Erzielt sie die gewünschte Wirkung auf den Feind? 2) Können sie die Aufgabe bewältigen, ohne zu viele israelische Soldaten zu verlieren? 3) Können sie die Zahl der zivilen Opfer begrenzen, die, wenn sie zu hoch ansteigen, für Israel zu einer schweren Bürde im Krieg werden?

Wenn zivile Opfer keine Rolle spielen würden, würden die Israelis ihre massive Feuerkraft einsetzen, um alle Ziele oder potenziellen Ziele der Hamas zu zerstören. Sie haben das Potenzial, Gaza-Stadt buchstäblich dem Erdboden gleichzumachen, indem sie die über 900-Kilo-Satellitenbomben mit verzögerten Zündern einsetzen, um die bekannten Tunnelkomplexe zu zerstören oder sie zumindest für immer zu versiegeln. Damit würde das Ziel erreicht, die Hamas zu zerstören und die israelischen Verluste zu begrenzen.

In Wirklichkeit würde dieser Ansatz jedoch zu inakzeptablen Opfern unter der Zivilbevölkerung führen. Der umgekehrte Weg wäre ein Nahkampf, bei dem man einen stärker "chirurgischen" Weg sucht. Im Nahkampf muss man die Vorteile des Verteidigers in der urbanen Kriegsführung in Kauf nehmen, und man muss mit Verlusten rechnen – mit sehr vielen Verlusten.

Die Erstürmung eines Gebäudes kann wie die Erstürmung eines Schützengrabens sein. Wir haben in der Ukraine gesehen, wie das aussieht.

Wie werden die Israelis also kämpfen? Ihre beste Option, um die Hamas zu zerstören (was oberste Priorität hat), ihre eigenen Verluste zu begrenzen (zweite Priorität) und die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung zu begrenzen (letzte Priorität), wird darin bestehen, hart zuzuschlagen, wenn sie bekannte, überprüfte Ziele vorliegen haben, vorzurücken, um mit dem Feind in Kontakt zu kommen, und dann die Waffe auszuwählen, die sie einsetzen wollen. Sie bewegen sich langsam und bedächtig, ein Block nach dem anderen.

Deswegen sagte der israelische Premierminister Netanjahu, dass es ein langer Krieg werden wird. Das reibt die Hamas durch Zermürbungstaktik und Versorgungsengpässe auf.

Je länger es dauert, desto mehr Lebensmittel, Wasser und Treibstoff verbraucht die Hamas, ohne Hoffnung auf wirkliche Nachschublieferungen. Die Israelis verkünden dabei, dass der Krieg existenziell ist. Das werden sie auch weiterhin tun, während sie die den Druck managen, der im Zuge von Verlusten und Opfern unter der Zivilbevölkerung entstehen wird.

Manche meinen, es werde wie der Kampf um Falludscha zwischen den US-Streitkräften und den irakischen Aufständischen aussehen. Das mag sein. Aber ich denke, es wird eher wie in Stalingrad oder Berlin sein. Wie in diesen Schlachten sehen beide Seiten den Krieg als existenziell an und werden sich entsprechend verhalten.

Eines ist sicher: Für die Bevölkerungen auf beiden Seiten ist dieser Krieg die Hölle.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit Responsible Statecraft. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.

Rob Givens ist Brigadegeneral der US-Luftwaffe im Ruhestand und arbeitet derzeit als Büroleiter für Senator Rand Paul im US-Bundesstaat Kentucky.