Von Gaza zum Roten Meer: Eröffnen USA regionalen Krieg an globaler Handelsroute?

Seite 2: Deutschland, Frankreich, UK machen Druck auf Waffenstillstand

Paul Sullivan vom Global Energy Center des Atlantic Council in den USA kann sich sogar vorstellen, dass China und Indien ihre Präsenz in der Region verstärken könnten.

Es würde mich nicht überraschen, wenn China und möglicherweise auch Indien mehr Mittel in die Region schicken würden, um ihr Öl zu schützen. Die Nato könnte die Einsatzkräfte aufstocken, die sich auf den freien Seeverkehr und die Sicherheit der Schifffahrt konzentrieren könnten. Die USA werden sich stärker engagieren, wenn die Spannungen zunehmen.

Iranische Regierungsvertreter, während sie ihre Unterstützung für die Huthi bekräftigen, haben den USA und ihren Verbündeten mit "außergewöhnlichen Problemen" gedroht, sollten sie eine Task Force gegen die Huthi einrichten.

Es scheint nun also genau das Szenario einzutreten, das alle Akteure im Nahen Osten, abgesehen von der jemenitischen Rebellengruppe, eigentlich vermeiden wollen: eine Ausweitung des Gaza-Kriegs in einen regionalen Kriegsschauplatz. Zugleich wächst der Druck auf die Netanjahu-Regierung, den Krieg gegen Gaza zu deeskalieren und einzustellen, um genau das zu verhindern.

Der wachsende Druck auf Israel lässt sich unter anderem an den jüngsten Äußerungen in Europa und den USA ablesen. In Deutschland, Frankreich und Großbritannien ist man zunehmend besorgt über die humanitäre Situation im Gazastreifen.

Die französische Außenministerin Catherine Colonna hat Israel daher zu einem "sofortigen und andauernden Waffenstillstand" aufgefordert. In einem gemeinsamen Artikel in der Sunday Times verlangen die deutsche Außenministerin Baerbock und ihr britischer Amtskollege David Cameron von allen Parteien, auf einen langfristigen Waffenstillstand hinzuarbeiten.

Die Vereinten Nationen riefen Israel in einer Resolution zu einem sofortigen Waffenstillstand auf, während US-Präsident Joe Biden davor warnte, dass Israel die internationale Unterstützung im Zuge der unterschiedslosen Bombardierung von Zivilisten verliere. Das hindert die USA aber nicht daran, ihr Veto bzw. Nein bei Abstimmungen im Sicherheitsrat und in der UN-Generalversammlung über eine Waffenruhe in Gaza einzulegen und Waffen in großem Umfang trotz der humanitären Bedenken an Israel zu liefern.

Gaza-Krieg: Wie lange verbleiben USA an der Seitenlinie?

International und im Land wird die Biden-Regierung immer eindringlicher aufgefordert, sich der überwältigenden Mehrheit der Staaten anzuschließen, die ein Einstellen der Bombardierungen und Kämpfe verlangt.

Die UN-Organisation Ocha meldet in ihrem aktuellen Update zu Gaza: "No one and nowhere is safe", "Niemand ist nirgendwo sicher." 18.787 Bewohner der Enklave seien nach Angaben der Gesundheitsbehörde vor Ort bisher getötet worden (Stand 14. Dezember), 70 Prozent davon Kinder und Frauen.

Die schwersten Angriffe Israels finden im Moment in Khan Younis, im Süden, und in den Gebieten Ash Shuja'iyeh, At Tuffah und Ad Darraj in Gaza-Stadt statt. Die Notaufnahme des Al-Shifa-Krankenhauses im nördlichen Gazastreifen sei ein "Blutbad" und die Einrichtung müsse "wiederbelebt" werden, so die Warnung der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Netanjahu hat angekündigt, den "Krieg gegen die Hamas" über Monate weiterführen zu wollen. Die Frage ist, wie lange die Biden-Regierung in den USA noch an der Seitenlinie verharren kann.

Denn angesichts der Eskalation im Roten Meer, abgesehen von der humanitären Katastrophe, dem internationalen Image- und dem inländischen Popularitätsverlust, der wiederum Auswirkungen hat auf die US-Interessen im Nahen Osten und in der Welt sowie für Bidens Bewerbung um die Präsidentschaft im nächsten Jahr, wird der Gaza-Krieg für das Weiße Haus zunehmend zu einer Lose-Lose-Situation.

Aber bisher gibt es noch keine wirklichen Anzeichen für einen Kurswechsel Washingtons.