Von Kohlebaggern bis Kalifornien: Nach uns die Sintflut
Überschwemmungen in Kalifornien. Bild: Screenshot Global Crisis
Energie und Klima – kompakt: In Lützerath wird geräumt, um Braunkohle abzubaggern. Wissenschaftler warnen vor dem Bruch des Pariser Klimavertrags. In Kalifornien wütet derweil die nächste Extremwetter-Katastrophe.
Während der Klimawandel keine Pause macht, wie von Australien [1] über Indonesien [2] und Kalifornien bis in den Kongo [3] die Menschen dieser Tage zu spüren bekommen, will Deutschland weiter Kohle abbaggern. Ausgerechnet Braunkohle, jenen fossilen Brennstoff, der den geringsten Energiegehalt hat und daher die höchsten Treibhausgasemissionen pro erzeugter Kilowattstunde verursacht.
Wie berichtet [4], hat die Polizei mit der Räumung des Protestcamps in Lützerath begonnen, in jenem umkämpften kleinen Weiler im rheinischen Braunkohlerevier, der nun dem Tagebau Garzweiler 2 geopfert werden soll. Das Portal Netzpolitik schreibt [5] über eine massive Behinderung der Presse durch von Polizei und RWEs Security-Personal. Es habe sogar Übergriffe auf Medienvertreterinnen und -vertreter gegeben.
Am gestrigen Mittwoch wurde der schwarz-grünen Landesregierung und dem grünen Wirtschaftsministerium in Berlin außerdem zum wiederholten Male vorgerechnet, dass es bei der unter Lützerath liegenden Braunkohle nicht um Versorgungssicherheit gehen kann. Das Verbrennen der Kohle würde vielmehr bedeuten, dass Deutschland seine mit der Pariser Klimaübereinkunft übernommenen Verpflichtungen grob verletzt. So wird sich die globale Erwärmung [6] nicht auf die kritischen 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzen lassen.
Über 700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten das, wie ebenfalls berichtet [7], in einem offenen Brief [8] dargelegt. Unterschrieben haben unter anderem auch Professorinnen und Professoren wie Stefan Rahmstorf und Wolfgang Lucht vom Potsdam Institut für Klimafolgen Forschung, Volker Quaschning von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft, Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Antje Bruns von der Universität Trier, Mojib Latif vom Geomar – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Jelle Bijma vom Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und Aletta Bonn von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.
Unterdessen halten im US-Bundesstaat Kalifornien die extremen Niederschläge und Überschwemmungen an, wie unter anderem die britische Zeitung Guardian berichtet [9]. Es sei eine unbarmherzige Folge von Stürmen, die den Westküstenstaat durchschütteln. Mindestens 17 Menschen seien bereits gestorben, darunter auch zwei Obdachlose [10], die in ihren Zelten von umfallenden Bäumen erschlagen wurden.
Für mehr als 100.000 Kalifornier ist die Stromversorgung unterbrochen. Zehntausende sind zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden, schreibt die Zeitung. Ganze Dörfer sind überschwemmt, manche Straße durch Steinstürze und Schlammlawinen versperrt oder durch Unterspülung unpassierbar.
Kalifornien wird seit Jahren von einer Abfolge von Dürren, extremen Waldbränden und ebenso extremen Niederschlägen heimgesucht, die einander verstärken [11]. Dürren befördern die Waldbrände, die wiederum die schützende Vegetation zerstören und die Erosion erleichtern. Kommt es zu extremem Regen, bevor Gras und Unterholz sich erholt haben, werden Erdrutsche umso wahrscheinlicher.
Wie eine nachhaltige Wasserwirtschaft aussehen könnte
Andrew Fisher von der Universität Kaliforniens, Santa Cruz, veranlasst das zu einem Plädoyer [12] für mehr Vorsorge. Vor allem die Tatsache, dass große Teile des Landes nach wie vor unter einer extremen Dürre [13] leiden, lässt ihn fragen, wie dieser Widerspruch aufgelöst werden kann.
Das Problem ist zum einen, dass das besonders trockene Landesinnere und der Süden des Bundesstaates wenig von den gegenwärtigen Niederschlägen abbekommt. Dem wäre nur mit aufwendigem Transport beizukommen. In diesem Fall müsste man sich überlegen, ob Meerwasserentsalzungsanlagen eventuell günstiger sind.
Zum anderen landet ein großer Teil der derzeitigen Niederschläge, nach dem er sein Zerstörungswerk angerichtet und zum Teil durch überlaufende Kläranlagen und Abwassersysteme verseucht ist, im Meer. Viel zu wenig kann versickern und die leeren Grundwasserspeicher auffüllen. Gäbe es ab morgen keine Niederschläge mehr, würden schon im Februar wieder akute Dürrebedingungen herrschen.
Das Land braucht also mehr Speicher. Infrage kommen Überflutungswälder und Sümpfe, in denen das Wasser stehen und langsam versickern kann. Auch das gezielte Fluten von Äckern wäre hier und da sinnvoll, ist aber unter anderem von den angebauten Feldfrüchten abhängig. Nicht alle Pflanzen vertragen es, eine Woche oder länger im Wasser zu stehen.
Fisher schlägt außerdem nach unten unversiegelte Auffangbecken in der Nähe von Berghängen vor, aus denen das eingesammelte Regenwasser langsam das Grundwasser auffüllen lassen. Er und seine Kollegen hätten damit in einem Pilotprojekt gute Erfahrungen gemacht. Bauern hätten für das Vorhaben gewonnen werden können und zum Teil Land zur Verfügung gestellt, da sie dadurch, über ein spezielles Verrechnungssystem, ihre Bewässerungskosten senken konnten.
Ähnliche Überlegungen wird man sich auch hierzulande machen müssen, wenn wie in den letzten Jahren die Niederschläge seltener, dafür aber merklich stärker werden. Auch das Verschwinden der Alpengletscher [14] wird im Einzugsgebiet des Rheins eine Herausforderung für Wasserversorgung, Landwirtschaft und Binnenschifffahrt darstellen, verschlimmert durch die Zerstörung vieler Flussauen und die Begradigungen der letzten Jahrhunderte, die das Wasser schneller abfließen lassen.
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Links in diesem Artikel:
[1] https://floodlist.com/australia/floods-kimberley-western-australia-january-2023
[2] https://floodlist.com/asia/indonesia-floods-java-island-january-2023
[3] https://floodlist.com/africa/dr-congo-floods-bukavu-south-kivu-january-2023
[4] https://www.telepolis.de/features/Guten-Morgen-aus-Luetzerath-Raeumungsbeginn-im-Braunkohlerevier-7455491.html
[5] https://netzpolitik.org/2023/klimaproteste-schikanen-und-uebergriffe-gegen-presse-in-luetzerath/
[6] https://www.telepolis.de/features/Europa-im-Hitzestress-7454957.html
[7] https://www.telepolis.de/features/Wissenschaftler-und-Promis-fordern-Stopp-der-Raeumung-von-Luetzerath-7456024.html
[8] https://de.scientists4future.org/offener-brief-ein-moratorium-fuer-die-raeumung-von-luetzerath/
[9] https://www.theguardian.com/us-news/2023/jan/10/california-storms-flooding-evacuations-latest?ref=upstract.com
[10] https://www.theguardian.com/us-news/2023/jan/10/california-winter-storm-unhoused-deaths-sacramento
[11] https://floodlist.com/america/usa/atmospheric-rivers-wildfire-burn-scars-mudslides-california-cascading-climate-disasters
[12] https://floodlist.com/protection/california-save-rain-ease-floods-droughts
[13] https://www.drought.gov/data-maps-tools/us-drought-monitor
[14] https://www.telepolis.de/features/Schneekanonen-und-Gletscherschwund-7454175.html
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