Von Louis CK Antirassismus lernen
Der Komiker Louis CK spricht in "Saturday Night Live" von seinem "milden Rassismus" und erntet dafür einen Shitstorm - dabei macht er es genau richtig
Der auch in Deutschland immer bekannter werdende Komiker "Louis CK" gab zu, dass er Rassismus "habe". Und das, während er beim letzten Saturday Night Live moderierte - die wohl populärste Comedy-Show im amerikanischen Fernsehen. Das verursachte einen sogenannten "Shitstorm" - und zwar einen gewaltigen.
Das ist an sich nachvollziehbar, zumal in den U.S.A., ähnlich wie in Deutschland, gerade ein Kulturkampf zwischen rechten und linken (und anderen) Weltbildern tobt. Er hat damit mit der Nadel in ein Wespennest gestochen. Dabei ist Louis CK den meisten von uns meilenweit voraus, wenn es darum geht, Rassismus zu verstehen. "I love being white", trifft er beispielsweise in einer anderen Sendung den Nagel auf den Kopf.
Nicht dass Weiße besser seien, sondern, er gesteht sich ein, dass er als weißer Mann privilegiert ist. Hat CK also etwas Rassistisches gesagt? Hat er nicht! Wer ernsthaft gegen Rassismus ist, muss tun, was CK tut. Er sei kein Rassist. Das stellt er klar. "However, I do have mild racism". Diese Unterscheidung, die er macht, ist wichtig: Das Problem der meisten Menschen auch in Deutschland ist nicht der blanke Rassismus. Es funktioniert nicht, dass man sich selbst befragt: "Will ich Juden und Sinti vernichten? Nein? Also bin ich frei von Rassismus".
CK erkennt seinen eigenen, "milden Rassismus" an. Das heißt, die Unterscheidung und Bewertung von Menschen nach ihrer Hautfarbe oder Kultur steht im Raum. Sie fällt nicht vollständig weg. Betritt beispielsweise ein "white guy" mit Kapuzenpulli des Nachts die Tankstelle, sei das für Ck automatisch weniger bedrohlich, als wenn es ein "black guy" ist. Und wie ein anständiger Antirassist erkennt CK, dass er diesen Typen nicht kennt, und sich ein vorschnelles Urteil bildet, und berichtigt sich selbst.
Und das ist der springende Punkt: Es lässt sich nur berichtigen, wenn man sich dessen bewusst ist. Was hinter unserem Rücken abläuft, darauf haben wir keinen Einfluss. Wir kommen aus zutiefst rassistischen Kulturen. Es ist ein Fehler, das zu vergessen. Die westliche Kult ist in Abgrenzung zum Wilden und Barbarischen entstanden. Wir glaubten, so viel weiter entwickelt zu sein, dass wir uns erlaubten, Menschen aus Afrika und anderen Ländern wie Hunde besitzen zu dürfen.
Noch vor zwei Generationen hat eine deutsche Volksbewegung (nicht nur) halb Europa in Schutt und Asche gelegt, um die Rasse der Juden zu vernichten und ihre eigene zur Herrenrasse zu erheben. Wer könnte behaupten, dass solche Vorstellungen innerhalb weniger Jahre vollständig aussterben könnten?
Sehr viele Geschichten, an denen wir sehr hängen, weil sie den Tiefen unserer Vorstellungswelt entstammen, basieren auf der Vorstellung, dass schwarze Haut, tierische Impulse und Brutalität zusammengehören, wie bei den Trollen in "Der Herr der Ringe". Die Elben dagegen sind das Nordische, Helle, Gute. Solche Verbindungen in den westlichen Erzählungen gibt es so oft, dass sie kein Zufall sein können.
Allerdings gibt es auch sehr universale Denkmechanismen, die die Grundlage für Rassismus bilden.
Menschen denken mit Hilfe von Schubladen. Diese ordnen unsere Wahrnehmung. Und das ist auch sinnvoll. Allerdings besitzt der "gesunde Menschenverstand" viele Schubladen, die eine falsche Wahrnehmung erzeugen. Beispielsweise das Gegensatzpaar "Deutsch-Ausländer". Wenn ein Türkischstämmiger in Neukölln einer blonden Frau hinterherpfeift, halten viele das für eine Kennzeichen der "türkischen" Kultur. Wenn ein deutschstämmiger das selbe tut, ist er eben ein "Proll".
Dabei halten die meisten Türkischstämmigen das Nachpfeifen ebenfalls für respektlos, während viele Deutschstämmige es für harmlos bis witzig halten. Selbstverständlich lassen sich in "der" arabischen und türkischen Kultur frauenfeindliche Strömungen finden, aber wo nicht? Und auch in "der türkischen Kultur" wird (zu Recht) über so etwas gestritten, so wie hier gerade um den Rassismus in "der deutschen Kultur" gestritten wird. Große Teile der Gezi-Bewegung gehören zu einer Kultur, die so Sexismus benennt und angreift.
Das Wort "Kultur" hat heutzutage in Bezug auf Nationalitäten den Beigeschmack von Rasse, weil sie fälschlicherweise als einheitlich und homogen vorgestellt wird. "Die Kultur" Istanbuler Bildungsbürger ist der von Berliner Akademikern aber ähnlicher als der von türkischen Bauarbeitern.
Solche Reflexe sind nicht "böse", sondern mehr oder weniger "natürlich". Aber sie müssen hinterfragt werden, denn sonst entwickelt sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort dieses "milder Rassismus haben" zu einem "Rassist sein". Nehmen wir uns ein Beispiel an Louis CK und werfen einen kritischen Blick auf unsere Schubladen und Vorstellungen. So wie es eben kaum Fähigkeiten gibt, die einfach vom Himmel fallen, muss auch der Antirassismus geübt und gepflegt werden. Da hilft u.a. immer schön Louis CK gucken.
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