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Von NetHack bis Netrek

Die Telepolis Top Ten Open Source Spiele

Spiele waren lange Zeit das Stiefkind der freien Software und der Hauptgrund, warum auch GNU/Linux-User noch eine alte Windows-Installation beibehielten. Doch auch in diesem Bereich gibt es mittlerweile ein beachtliches aber noch relativ wenig beachtetes Angebot: Im April 2007 finden sich auf SourceForge über 17.000 Projekte im Bereich "Garnes". Viele davon sind Erweiterungen für kommerzielle Spiele und Emulatoren wie ZSNES [1] oder ScummVM [2], aber auch die Liste der eigentlichen Spiele ist mittlerweile so umfangreich, dass es sich lohnt, eine Top-Ten-Liste zu erstellen

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Platz 1

Platz 1: NetHack

NetHack [3] ist eines der ersten Dungeon-Rollenspiele. Die Basisversion läuft fast überall, auch auf Handheld-Geräten. Die aufwändigere grafische Oberfläche Vulture's Eye [4]gibt es allerdings nur für Windows, MacOS X und GNU/Linux, das ältere Falcon's Eye [5] lässt sich auch für DOS und BSD kompilieren.

Vorläufer von NetHack war das auf dem 1974 veröffentlichten Rollenspielklassiker Dungeons & Dragons basierende Spiel Rogue, das 1983 an der Berkeley-Universität geschrieben wurde und in dem Spielelemente wie Monster durch Buchstaben dargestellt wurden. Da der Quellcode offen zugänglich war, entstand aus Rogue Hack, das sich über im Usenet gepostete Entwicklungen zu NetHack entwickelte. Mitte der 1980er organisierte der Husserl-Experte Izchak Miller die Entwickler im DevTeam, dem später auch Eric S. Raymond [6] angehörte.

Das Spiel weist eine selten erreichte Komplexität auf, was dazu führte dass Fanbekundungen unter anderem in Form von Filk-Songs [7] und Comics [8] entstanden. NetHack-Fans richten sogar ihren Editor nach ihren Spielgewohnheiten aus und verwenden Vim [9], weil er dieselben Tasten für die Bewegung belegt und deshalb gut für's Nethack-Training ist. Obwohl es NetHack seit 1987 gibt, wird es von der sehr großen Spielergemeinde immer noch weiterentwickelt. Zum 20. Jahrestag der ersten Version von NetHack wird sich Thomas Mayer in Telepolis ausführlicher mit dem Spiel befassen.

Platz 2

Platz 2: FreeCiv

FreeCiv [10] ist eine freie Version des Sid-Meier-Klassikers Civilization für den Multiuser-Betrieb in Echtzeit. Seit Version 1.6.4 ist auch ein Singleplayer-Modus gegen eine künstliche Intelligenz möglich, ab 2.0 auch diplomatische Verhandlungen mit den vom Computer erschaffenen Zivilisationen. Im Gegensatz zum Original gibt es FreeCiv auch für weniger verbreitete Platformen wie AmigaOS und PalmOS [11]. Viele GNU/Linux-Distributionen haben das Spiel bereits integriert.

Der Spieler beginnt FreeCiv 4000 vor Christus als Stammesführer und muss die Wirtschaft so planen, dass in sinnvoller Reihenfolge neue Technologien entwickelt werden. Aufgrund der feindlichen Umgebung darf dabei auch die Rüstung nicht zu kurz kommen. Mittels Mod-Packs [12] kann FreeCiv auch als Fantasy-Szenario gespielt werden.

Mit FreeCiv kann man sich online und unblutig am "Kampf der Kulturen" beteiligen

Platz 3

Platz 3: FreeCol

FreeCol [13] ist eine Open-Source-Version von Sid Meiers Colonization, die im Februar 2007 Projekt des Monats bei SourceForge war. Ähnlich wie in Civilization muss der Spieler aufbauen, entwickeln, erobern, handeln und verhandeln.

Start des Spiels ist das Jahr 1492. Die neuen Welt kann wie der amerikanische Kontinent gestaltet sein, muss es aber nicht - was das Entdecken neuer Gebiete spannender macht. Erst baut sich der Spieler Stützpunkte auf, holt aus Europa Siedler und Werkzeuge, und exportiert Felle, Tabak, Rum und Edelmetalle. Der rechtzeitige Bau von Wagen, Schiffen und Verteidigungsanlagen darf nicht versäumt werden wie der richtige Zeitpunkt für die Erklärung der Unabhängigkeit.

Platz 4

Platz 4: TORCS

TORCS [14] ist ein 3-D-Autorennspiel von Bernhard Wymann. Der Spieler steuert seinen Wagen mit Maus, Tastatur oder Lenkrad gegen andere vom Computer gesteuerte Fahrer. Zwar ist die grafische Darstellung der Formel-1- und Rally-Wagen nicht ganz so gut wie bei kommerziellen Rennspielen, aber TORCS bietet eine eindrucksvolle Simulation des Fahrgefühls, bis hin zu den Bodenwellen. Es läuft unter GNU/Linux, BSD, MacOS X and Windows. Auf Fanseiten gibt es unter anderem Wägen, Strecken, Patches und sogar T-Shirts und Mützen [15].

Platz 5

Platz 5: Battle for Wesnoth

Battle for Wesnoth [16] ist ein Fantasy-Strategiespiel für Windows, GNU/Linux, MacOS X, BSD und andere Platformen, das weniger die Qualität des Originellen, als die des Typischen aufweist. Eigentlich auf Einzelspielermodus angelegt verfügt es mittlerweile über die Option zum Mehrspielermodus über LAN, Internet und Hotseat.

In der Original-Kampagne kämpft die Hauptfigur Konrad, der letzte Spross einer entmachteten Dynastie, zusammen mit einem Zauberer gegen die böse Königin Asheviere. Dafür muss er eine schlagkräftige Armee aus unter anderem Elben, Zwergen, Trollen, Orks, Untoten und Drachen zusammenstellen. Mit dieser Armee werden dann Dörfer erobern, die Gold bringen (mit dem wiederum die Armee finanziert wird).

Platz 6

Platz 6: Sowjet Unterzögersdorf

Sowjet Unterzögersdorf [17] ist kein Open-Source-Spiel im strengen Sinn, weil die Engine vom Adventure Game Studio [18] stammt. Für den zweiten Teil des Spiels ist aber die Entwicklung einer eigenen Engine im Gespräch. Die Inhalte wurden von der österreichischen Künstlergruppe Monochrom und den Programmierern Ralf Traunsteiner und Ivan Averintsev unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellt. Sowjet Unterzögersdorf gibt es für Windows, MacOS X, GNU/Linux und BSD.

Es spielt in einer Art Transnistrien [19] in Niederöstereich, einem fiktiven Überbleibsel der sowjetischen Besatzungszone, die es in der Alpenrepublik zwischen 1945 und 1955 tatsächlich gab. Wie im Monochrom-Projekt zu Paul Georg Thomann oder in Thomas Pynchons Gravity's Rainbow wird auch hier Fiktives mit Realem vermengt – wobei das Reale von der mit Absurdität vermengten Tristesse der frühen Kottan-Folgen lebt. Das Spiel ist in Russisch mit deutschen Untertiteln auf einem fotorealistischen Bauernhof der offenbar keinen real existierenden Sozialismus brauchte, um so heruntergekommen auszusehen wie er fotografiert wurde. Auf diesem Bauernhof muss der Spieler mit der Figur "Genosse Gomulka" Aufgaben lösen, die – ebenso wie die im Spiel vorkommenden Maschinen - eine Spur bizarrer sind als in den meisten Adventures – allerhöchstens noch vergleichbar mit Day of the Tentacle [20].

Platz 7

Platz 7: BZFlag

BZFlag [21] ist eine Online-Multiplayer-Panzerschlachtsimulation mit OpenGL-3D-Grafik. Das Spiel steht unter der LGPL; die erste von Chris Schoeneman in C programmierte Version kam bereits 1993 heraus. Der Name entstand aus der Abkürzung für den Arcadenklassiker Battlezone [22] und dem das Spielprinzip erweiternden Modus "Capture the Flag". BZFlag läuft auf GNU/ Linux, BSD, Windows, MacOS X, Solaris und anderen Systemen. Auf etwa 200 Servern tragen Spieler Panzerschlachten aus, wobei sie zwischen drei verschiedenen Spieltypen wählen können.

Platz 8

Platz 8: Widelands

Widelands [23] ist eine freie Version des Amiga-Aufbauspielklassikers Siedler von Volker Wertich. Das Echtzeit-Strategiespiel läuft unter GNU/Linux, BSD, MacOS X und Windows und lässt sich sowohl gegen den Computer als auch gegen andere Spieler spielen. Widelands beginnt auf einer Burg, von der aus der Spieler ein kleines Stück Land kontrolliert, wo er Wirtschaftsgüter erzeugen und Gebäude errichten lässt. Karten aus Siedler II lassen sich importieren.

Platz 9

Platz 9: Alien Assault Traders

Alien Assault Traders [24] ist ein Web-basiertes Online-Strategiespiel, das aus BlackNova Traders [25] entwickelt wurde, einem Open-Source-Strategiespiel, das im Webbrowser läuft. Der Spieler kommandiert ein Raumschiff, das er zu Beginn des Spiels ausrüstet und mit dem er Planeten kolonisiert. Ein anderer Vorläufer von Alien Assault Traders ist Trade Wars, das zurück in die Urzeit der Computerspiele führt: Die erste Version wurde von Chris Sherrick für den TRS-80 [26] in BASIC programmiert und 1984 für Nochange [27] auf den PC portiert. Sherrick wiederum bezog seine Inspiration aus dem Brettspiel Risk [28] und aus den in BASIC geschriebenen Spielen Star Trader [29] und Hunt the Wumpus [30], deren Quellcode – wie der von Trade Wars - ebenfalls offen vorlag.

Platz 10

Platz 10: Netrek

Netrek [31] ist ein Echtzeit-Strategiespiel in einem Star Trek Universum. Die Vorläufer des Spiels reichen zurück in das Jahr 1968. Bis zu 16 Spieler treten in zwei Teams über das Internet gegeneinander an und kämpfen um die Vormachtstellung in der Galaxie. Gespielt werden kann als Föderation, Romulaner, Klingonen oder Orion. Ziel des Spiels ist die Beherrschung der Galaxie. Dies geschieht dadurch, dass alle Planeten der feindlichen Gruppe erobert werden. Jeder Spieler kommandiert ein Raumschiff (von denen es fünf verschiedene Größen gibt). Als Waffen stehen unter anderem Torpedos und Phaser zur Verfügung, außerdem Tarnvorrichtungen.

Im Client sieht der Spieler in einem Fenster sein eigenes Schiff und dessen Umgebung, in einem zweiten die Informationen über seine Resourcen und seine Erfolge, in einem dritten die Stärke der gegnerischen Spieler und in einem vierten eine politisch-militärische Karte der Galaxis. Ein Chatfenster ermöglicht die Kommunikation mit Spielern aus dem eigenen Team und mit dem Gegner. Da Information die für den Spielerfolg eine wesentliche Rolle spielt, hat sich ein Netrek-Slang mit eigenen Kürzeln herausgebildet.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3413062

Links in diesem Artikel:
[1] http://sourceforge.net/projects/zsnes/
[2] http://scummvm.sourceforge.net
[3] http://sourceforge.net/projects/nethack
[4] http://www.darkarts.co.za/projects/vultures/
[5] http://falconseye.sourceforge.net/index.html
[6] http://www.catb.org/~esr/
[7] http://www.partiallyclips.com/filk/nethack/
[8] http://www.partiallyclips.com/filk/nethack/
[9] http://vim.sourceforge.net/
[10] http://www.heise.de/software/default.shtml?prg=25834&kat=268&srt=dwl
[11] http://sourceforge.net/projects/freeciv4palmos
[12] ftp://ftp.freeciv.org/freeciv/contrib/modpacks/
[13] http://www.heise.de/software/default.shtml?prg=36733&T=freecol&kat=268&srt=n
[14] http://torcs.sourcefofgdnet/
[15] http://www.cafepress.com/torcs
[16] http://www.heise.de/software/default.shtml?prg=18729&kat=268&srt=dwl
[17] http://www.monochrom.at/suz-game/
[18] http://adventuregamestudio.co.uk/
[19] http://www.geo.de/GEO/kultur/gesellschaft/51392.html
[20] http://www.dott2.de/
[21] http://www.bzflag.org/
[22] http://games.atari.com/playgames/arcade/battlezone/battlezone_400.jsp
[23] http://www.widelands.org/
[24] http://sourceforge.net/projects/aatrade
[25] http://sourceforge.net/projects/blacknova/
[26] http://discover-net.net/~dmkeil/
[27] http://www.bbsdocumentary.com/software/IBM/DOS/NOCHANGE/
[28] http://www.hasbro.com/common/instruct/Risk1959.PDF
[29] http://www.dunnington.u-net.com/public/basicgames/TRADER
[30] http://www.atariarchives.org/morebasicgames/showpage.php?page=178
[31] http://sourceforge.net/projects/netrek