Von Neugeborenen bis Senioren: UN dokumentiert zivile Opfer im Gaza-Konflikt

Zerstörung in Gaza. Bild: mohammad abu elsebah/ Shutterstock.com

Fast 70 Prozent der verifizierten Todesopfer in Gaza sind Frauen und Kinder. Die UN hat bisher 8.119 Opfer bestätigt. Der jüngste Tote war erst einen Tag alt.

Bei den Auseinandersetzungen im Gazastreifen sind nach einem Bericht des UN-Menschenrechtsbüros fast 70 Prozent der verifizierten Todesopfer Frauen und Kinder. Dies äußerte das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) in einer Stellungnahme. Israel wies den Bericht zurück und hinterfragte die Zahlen.

Grundlagen der Datenerhebung

Dabei besteht an den Zahlen wenig Zweifel. Die Daten, die auf einer Überprüfung durch drei unabhängige Quellen basieren, darunter Nachbarn, Familienmitglieder, lokale NGOs, Krankenhausunterlagen oder UN-Mitarbeiter vor Ort, zeigen allerdings auch eine deutliche Diskrepanz zu den insgesamt über 43.000 Opfern, die von palästinensischen Gesundheitsbehörden für den bereits 13 Monate andauernden Krieg angegeben werden.

Die UN hat bisher 8.119 Opfer verifizieren können.

Anschuldigungen systematischer Verstöße

Die UN verurteilen die Ergebnisse als "systematische Verletzung der grundlegenden Prinzipien des internationalen humanitären Rechts", zu denen die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten sowie die Verhältnismäßigkeit gehören. Volker Turk, Hoher Kommissar für Menschenrechte, betonte die Notwendigkeit einer gründlichen Untersuchung der Vorwürfe schwerwiegender Verstöße gegen das internationale Recht durch glaubwürdige und unparteiische Gerichte.

Israels Stellungnahme

Israel, dessen Militär gegen die Hamas-Miliz kämpft, weist den Bericht entschieden zurück und beschuldigt das OHCHR, die Realitäten vor Ort nicht korrekt widerzuspiegeln.

Die israelische Diplomatenmission bei der UN in Genf hebt hervor, dass die Hamas absichtlich unter Zivilisten Unterschlupf suche und diese als menschliche Schutzschilde benutze, wodurch die Miliz Verantwortung für deren Tod trage.

Israel gibt an, dass auf jeden getöteten Kämpfer etwa ein Zivilist komme – ein Verhältnis, das auf die Taktiken der Hamas zurückzuführen sei.

Die Hamas verneint den Vorwurf, Zivilisten und zivile Infrastrukturen, einschließlich Krankenhäuser, als menschliche Schutzschilde zu verwenden.

Maßnahmen Israels zur Vermeidung ziviler Opfer

Nach einem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Personen im Süden Israels getötet und mehr als 250 als Geiseln genommen wurden, startete Israel eine Offensive.

Das Militär versichert, große Anstrengungen zu unternehmen, um zivile Verluste zu minimieren und betont, dass jeder militärische Einsatz den Prinzipien der Unterscheidung und Verhältnismäßigkeit folge. Es wird ein regulierter, mehrstufiger Prozess zur Genehmigung von Angriffen beschrieben, der dafür sorgen soll, dass Kommandeure alle vernünftigerweise verfügbaren Informationen erhalten.

Betrachtung der Opferzahlen

Die jüngste Opferzahl, die von UN-Beobachtern verifiziert wurde, betraf einen einen Tag alten Jungen, die älteste war eine 97-jährige Frau. Besonders betroffen sind Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren, gefolgt von der Altersgruppe 10–14 und dann Kindern bis einschließlich vier Jahren.

Dies spiegelt die demografische Struktur des Gazastreifens wider und deutet auf ein scheinbares Versäumnis hin, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um zivile Verluste zu vermeiden. In 88 Prozent der Fälle wurden fünf oder mehr Personen im selben Angriff getötet, was auf den Einsatz von Waffen mit weitreichenden Auswirkungen durch das israelische Militär hindeutet.

Schon im April Trümmer für 14 Jahre

Die verheerenden Folgen des Krieges zwischen Israel und Gaza waren bereits im April deutlich geworden. Nach Angaben eines hochrangigen UN-Minenräumungsexperten sind durch die israelischen Angriffe 37 Millionen Tonnen Trümmer entstanden, die mit Blindgängern durchsetzt sind.

Pehr Lodhammar, ehemaliger Chef des United Nations Mine Action Service für den Irak, erklärte auf einer Pressekonferenz, dass die Beseitigung des Schutts in Gaza bei Einsatz von 100 Lastwagen mehr als 14 Jahre dauern könnte.

Diese Einschätzung erfolgte fast sieben Monate nach Kriegsbeginn, wobei derzeit keine genaue Prognose für das Kriegsende und damit für den Beginn einer vollständigen Räumung möglich sei.