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Von Pinkelproblemen, Nazi-Bildern und den kulturellen Symbolen des Reichtums

Skulpturen vor dem Barber Vintage Motorsports Museum. Bild: R. Stumberger

Auf der Suche nach Amerika II

Es war eine eigenartige Erfahrung auf dem Weg von Syrakus nach Oneida im US-Bundesstaat New York, oben, im Nordosten der USA. Und das gleiche geschah an der Westküste in Oregon auf der Straße von Cannon Beach nach Portland. Will man in freier Wildbahn pinkeln, ist das nicht so einfach. Denn: Immer gehört das Land irgendjemand. Das ist bei uns auch so, fällt aber nicht so auf. In den USA besteht der öffentliche Raum aus der Straße, auf der man fährt. Steigt man aus, ist man in der Regel von Privatbesitz umgeben. Sieht aus wie Wildnis, aber hinter dem Baum steht das Haus. Oder es gibt sowieso nur den gnadenlos kleingeschnitten Rasen.

Das Privateigentum hat einen eigenen Stellenwert und es würde mich nicht wundern, wenn es gesetzlich absolut legitim ist, einem Wild-Pinkler sein Ding wegzuschießen. Interessant wird es freilich, wenn Privateigentum sich zu extremem Reichtum verdichtet. In den USA führt dies im kulturellen Bereich zu seltsamen exotischen Blüten. Man kann dies an den Museen beobachten. Sie fungieren als Zeichen und Symbole, als öffentliche Präsentation von überbordenden und alle Maßstäbe sprengenden privaten Reichtums.

McMinnville, Hughes und die CIA

Gut 30 Kilometer südwestlich von Portland in Oregon finden sich bei McMinnville auf einer grünen Wiese große, moderne Hallen mit Glasfassaden, davor sind etliche alte Düsenjets aufgebockt. Es handelt sich um das "Evergreen Aviation und Space Museum", ein privates Flugzeugmuseum, gegründet 1991 von Captain Michael King Smith, dem Sohn von Delford M. Smith, der wiederum "Evergreen International Aviation" gründete.

Diese Fluggesellschaft steht in enger Beziehung zum amerikanischen Geheimdienst CIA und führt für diesen Flüge aus, so soll eine ausgestellte B-17 (ursprünglich ein viermotoriger Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg) an geheimen CIA-Operationen in Südamerika beteiligt gewesen sein. Evergreen bedient auch noch andere Geschäftsfelder wie Löschflüge oder das Bereitstellen von Supertankern.

Sohn und Museumsgründer Michael Smith (er starb bei einem Autounfall) hatte jedenfalls durch seine Herkunft genügend Kleingeld, um innerhalb von ein paar Jahren das riesige Flugzeugmuseum aufzubauen. Und in den Hallen von McMinnville kreuzen sich sozusagen die Hobbies von Milliardären. Denn Star der Ausstellung ist das größte Flugzeug der Welt, die "Spruce Goose", die "Gans aus Fichtenholz", wie das gigantische Wasserflugzeug "Hughes H-4" genannt wird. Sie flog ein einziges Mal, am 2. November 1947, als der exzentrische Milliardär Howard Hughes sein "Baby", das einzige Modell des achtmotorigen Transportflugzeuges mit einer Spannweite von 97,5 Meter (zum Vergleich: der moderne Airbus A380 hat eine Spannweite von 79,8 Metern) im Hafen von Long Beach in Kalifornien auf einer Strecke von 1,5 Kilometer zum Fliegen brachte. Danach verschwand das fast gänzlich aus Holz gefertigte Riesenflugzeug für mehr als drei Jahrzehnte in einem Hangar und aus der Öffentlichkeit. Und steht jetzt als Verkörperung der Allmacht von Geld in dem Museum, das wiederum selbst eine Ikone des Reichtums ist.

Nun finden sich auch in Europa allenthalben private Flugzeug-, Auto- oder Motorradmuseen, doch es sind die Dimensionen dieser privaten Institutionen in den USA, die einen erstaunen. Zum Beispiel nahe Birmingham im südlichen US-Bundestaat Alabama. Von außen sieht das "Barber Vintage Motorsports Museum" aus wie eine moderne Fabrikationshalle von General Motors oder wie ein großer silberner Flugzeughangar.

Linker Hand sind auf grünem Rasen drei übergroße Metall-Figuren aufgestellt, die an "Supermänner" erinnern. Drinnen im Gebäude lassen sich dann die technischen Vehikel bestaunen: Rund 1200 Motorräder und Gespanne, ausgestellt auf fünf Ebenen und aufgestapelt wie Matchbox-Spielzeugautos - das Museum ist wohl das größte Motorrad-Museum der Welt. Der Gründer, Georg Barber, stammt aus einer Familie, die im Milchgeschäft und mit Grundstücken reich wurde. Er selbst fuhr in den 1960er Jahren Autorennen und pflegte einem Millionärs-Erben angemessenen Lebensstil.

Die Größe der Sammlung kommt auch schlicht dadurch zustande, dass einfach jeweils ein Exemplar der neuesten Motorrad-Modelle aufgekauft wurde.

Deutsche Autobahn

Szenenwechsel nach Milwaukee in Wisconsin. Dort ist das Grohmann-Museum zu besichtigen, das 2007 eröffnet wurde. Auf drei Etagen ist eine Sammlung von Gemälden mit Themen der Arbeitswelt zu sehen. Im Mittelpunkt steht der Bergbau und die Metallverarbeitung, hier finden sich frühe Ansichten von Dorfschmieden ebenso wie Bilder mit Ansichten der gewaltigen Industrieanlagen der 1920er Jahre. Etwa Otto Bollhagens "Im Walzwerk" oder die "Duisburger Kupferhütte" von Hans Müller.

Es ist die Sammlung des deutschstämmigen Ex-Industriellen Eckhart Grohmann und sie trägt ohne Zweifel seinen individuellen Stempel. Die Kunstsammlung - ein Beispiel für das amerikanische Mäzenatentum Wohlhabender - ist mittlerweile eine Stiftung, die der Ingenieursschule von Milwaukee gewidmet ist. Es ist vielleicht der technischen Ausrichtung des Museums in Milwaukee geschuldet, dass das Gemälde "Konstruktion der Autobahnbrücke über die Werra" nicht deutlich aus der Galerie der anderen Werke herausgehoben ist. Denn dieses Gemälde zeigt den Bau der deutschen Reichsautobahn während des Nationalsozialismus.

Mercker (1891 - 1973) gilt als Maler der Nazizeit, Grohmann hat mehr als 80 Mercker-Bilder in seiner Sammlung und einige davon hängen im Museum. Als dieses 2007 eröffnet wurde, kritisierte eine Milwaukeer Tageszeitung die unkritische Darstellung dieser Nazi-Kunst und bemängelte, dass die Vergangenheit der ausgestellten Gemälde nicht aufgezeigt wurde. In der Tat verzichtet das Museum weitgehend auf eine historische Einordnung seiner Exponate.

Deutlich wird anhand dieser Museen das Schwergewicht des Privateigentums in den USA, das sich im kulturellen Bereich seine eigenen Denkmäler in Form von Museen setzt. Sie gerinnen so zu Zeichen und Bilder von individuellen Vorlieben, die - ermöglicht durch teilweise unglaublichen Reichtum - ohne öffentliche Korrektur ins Monströse und Herrschaftliche abgleiten.

Teil 1: Vom Verschwinden der Bilder oder die Entdeckung der Hinterhöfe [1]


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