Von der Leyens Vorschlag: Ein Klimakommissar von Shell
Die Präsidentin der EU-Kommission schlägt als neuen Ressortleiter für die Klimapolitik einen Parteifreund und ehemaligen Mitarbeiter eines Ölkonzerns vor.
Mit dem Abgang von Frans Timmermans, der in den Niederlanden bei den kommenden Wahlen als Spitzenkandidat eines Bündnisses seiner Sozialdemokraten mit den dortigen Grünen antritt, ist der Posten des EU-Kommissars für Klimafragen vakant. Timmermans war unter anderem für die Ausarbeitung der Klimaschutzpolitik der EU und für die Verhandlungen auf den jährlichen UN-Klimakonferenzen verantwortlich.
Nun hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) den niederländischen Christdemokraten Wopke Hoekstra als Nachfolger vorgeschlagen, nach dem dieser von der niederländischen Regierung nominiert worden war. Hoekstra ist derzeit in Den Haag stellvertretender Premierminister und Außenminister.
Laut seinem offiziellen Lebenslauf hat Hoekstra von 2002 bis 2004 für den Ölkonzern Shell und danach bis 2017 für den weltweit tätigen Unternehmensberater McKinsey gearbeitet. Letzteres hielt ihn allerdings nicht davon ab, sich in den niederländischen Senat wählen zu lassen. Im Lobbyismus scheint der Kandidat also bestens geübt.
Von der Leyens Vorschlag muss noch Mehrheit im EU-Parlament finden
Der Vorschlag der Kommissionspräsidentin muss allerdings noch eine Mehrheit im EU-Parlament finden. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters ist diese allerdings alles andere als sicher. Seine Partei, die Europäische Volkspartei (EPP), zu der neben den spanischen Postfrankisten von der Partido Popular unter anderem die niederländischen und die hiesigen Christdemokraten gehören, hat im Parlament keine Mehrheit.
Entsprechend wird in der sozialdemokratischen Fraktion gemurrt, dass ein Sozialdemokrat Timmermans nachfolgen sollte. "Angesichts der jüngsten zynischen und populistischen Manöver, mit denen die EPP versucht hat, den Green Deal zu verwässern (…) ist es für unsere Fraktion wichtig, dass das Klima-Portfolio in den Händen der Familie der Sozialisten und Demokraten bleibt", heißt es in einer Stellungnahme der Fraktion.
Auch von der Linken gibt es Kritik an dem Kandidaten. Einen Christdemokraten als Nachfolger eines Sozialdemokraten zu nominieren, sei ziemlich unsportlich vom niederländischen Premier Mark Rutte. Hoekstra sei nicht in der Lage, Timmermans zu ersetzen und die politische Balance würde zugunsten der Rechten verändert, meinen Manon Aubry von La France insoumise und Martin Schirdewan von der deutschen Linkspartei.
Anja Hazekamp von der niederländischen Tierschutzpartei Partij voor de Dieren ergänzt:
Die globale Klima- und Biodiversitätskrise verschärft sich, während dringend benötigte Maßnahmen für ein grüneres, sozialeres und tierfreundlicheres Europa unter schweren Beschuss von Konzernlobbyisten und ihren politischen Vertretern gerät. Wopke Hoekstra ist ein ehemaliger Shell-Mitarbeiter und Mitglied einer Partei, die systematisch versucht hat, wichtige Teile des europäischen Green Deals wie etwa das Naturwiederherstellungsgesetz zu sabotieren.