Vorsicht: Einwanderung! Invasive Arten und die Gefahr fĂŒr unsere Gesundheit
Die Rote Feuerameise erobert Europa und macht beim Fressen auch vor gröĂeren Tieren nicht halt.
(Bild: Magdalena Smyczek, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)
Invasive Arten bedrohen Gesundheit der Menschen und LebensrÀume. Dennoch wird die Bedrohung durch sie vielfach unterschÀtzt. Das sollten Sie wissen.
Invasive Arten gibt es sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierwelt. Invasive Arten sind Arten, die ursprĂŒnglich aus anderen Regionen stammen und sich in neuen Gefilden immer weiter ausbreiten. Manche Zierpflanzen wurden importiert und dann unbeabsichtigt ausgesetzt. Oder sie sind heimlich, still und leise mit der Fracht oder als Schiffsbewuchs ins Land gekommen.
Der WeltbiodiversitÀtsrat [1] hat Anfang September 2023 den aktuellen Bericht zu invasiven gebietsfremden Arten [2] veröffentlicht.
Invasive Arten können die biologische Vielfalt verringern [3], heiĂt es in dem Bericht. Er hat auch die SchĂ€den quantifiziert [4] â und die sind gigantisch. Die weltweiten Kosten durch eingeschleppte Arten hĂ€tten sich seit 1970 in jedem Jahrzehnt vervierfacht und zuletzt fast 400 Milliarden Euro pro Jahr erreicht.
An der Ausbreitung invasiver Arten sind viele Faktoren beteiligt. Die Zeitschrift Spektrum schreibt dazu:
Der Klimawandel, die Degradation natĂŒrlicher LebensrĂ€ume und das globale Wirtschaftswachstum wĂŒrden mit der Verbreitung invasiver Arten in Wechselwirkung treten und sich gegenseitig befeuern.
SchĂ€tzungsweise 3.500 eingeschleppte Arten breiten sich auf Kosten der ursprĂŒnglichen Flora und Fauna aus. Im ostafrikanischen Victoriasee zum Beispiel sorgen sie dafĂŒr, dass immer weniger Buntbarsche gefangen werden, weil der wichtige Speisefisch von einer eingeschleppten Wasserhyazinthe verdrĂ€ngt wird.
Aber auch in Europa fĂŒhrt die Invasion fremder Arten oft zu einer BeeintrĂ€chtigung der LebensqualitĂ€t. Neben den Pollen der Ambrosia ist dies die Ausbreitung von Insekten, die Krankheiten ĂŒbertragen, die bisher bei uns nicht heimisch waren.
Ambrosia breitet sich aus und ihre Pollen stellen ein Gesundheitsrisiko dar
Eine dieser Pflanzen ist die BeifuĂblĂ€ttrige Ambrosie, lateinisch Ambrosia artemisiifolia. Sie stammt ursprĂŒnglich aus Nordamerika, hat sich aber inzwischen in weiten Teilen Europas ausgebreitet. In ihrer Heimat Nordamerika sind die Pollen der BeifuĂblĂ€ttrigen Ambrosie der wichtigste Auslöser von Pollenallergien.
Nach Deutschland gelangte die Pflanze hauptsĂ€chlich ĂŒber Osteuropa, wo unzureichend gereinigtes Vogelfutter importiert wurde. Da die BeifuĂblĂ€ttrige Ambrosie nur durch Samenbildung ĂŒberleben kann, produzieren ihre BlĂŒten sehr viele Pollen. Eine Staude kann bis zu einer Milliarde Pollen und etwa sechzigtausend Samen tragen, die bis zu 40 Jahre keimfĂ€hig bleiben, was zu einer rasanten Ausbreitung fĂŒhrt.
Durch ihr sehr ĂŒppiges Wachstum verdrĂ€ngt sie viele Nutzpflanzen. Dies stellt ein erhebliches Problem fĂŒr die Landwirtschaft dar. Nach der Verordnung (EU) Nr. 574/2011 [5] der EU-Kommission vom 16. Juni 2011 dĂŒrfen Futtermittel nur noch maximal 50 mg Ambrosiasamen pro Kilogramm Futter enthalten.
Die rasche Ausbreitung der BeifuĂblĂ€ttrigen Ambrosie stellt fĂŒr Allergiker ein zunehmendes Problem dar. Ihre Pollen können heftige Reaktionen wie trĂ€nende Augen, Kopfschmerzen und Asthma auslösen. Durch ihre spĂ€te BlĂŒtezeit verlĂ€ngert sie die ĂŒbliche Pollensaison um die beiden Monate August und September. Schon etwa zehn Ambrosiapollen pro Kubikmeter Luft können eine Allergie auslösen.
Das allergene Potenzial der Ambrosiapollen ist um ein Vielfaches höher als das von GrĂ€serpollen. Im Rahmen der AllergieprĂ€vention mĂŒssen daher bereits einzelne Pflanzen erkannt und entfernt werden. Eine Meldepflicht fĂŒr Ambrosia gibt es in Deutschland allerdings nicht. Hier ist die Eigenverantwortung der GrundstĂŒckseigentĂŒmer gefragt.
Die Rote Feuerameise erobert Europa
Sie ist nur wenige Millimeter groĂ und gilt derzeit als die wohl schlimmste invasive Tierart. In der NĂ€he der sizilianischen Stadt Syrakus [6] wurden aktuell 88 Nester der Roten Feuerameise gezĂ€hlt, nachdem Anwohner immer wieder von BeiĂattacken berichtet hatten.
Damit hat sich diese Ameisenart offensichtlich fest in Europa etabliert. In der Vergangenheit gab es bereits vereinzelte Funde in anderen EU-LĂ€ndern. Die kalten Winter haben sie dort aber bisher nicht ĂŒberlebt.
Die Rote Feuerameise ist einerseits extrem gefrĂ€Ăig, andererseits ein Allesfresser. Da sie in der Lage ist, ganze Obstplantagen leer zu fressen, zĂ€hlt sie zu den gefĂ€hrlichsten SchĂ€dlingen in der Landwirtschaft. Sie verdrĂ€ngen andere Ameisenarten und greifen nicht nur andere Insekten, sondern auch Reptilien und Vögel an. In den USA haben sie regional Kaninchen- und Alligatorenpopulationen vernichtet.
Das hat Auswirkungen auf bestehende Ăkosysteme und gefĂ€hrdet die Artenvielfalt in den Regionen, in denen sie sich neu ansiedeln. Die Ameisen kriechen sogar in Verkehrsampeln und andere elektronische GerĂ€te und legen sie lahm.
Ihre aggressive GefrĂ€Ăigkeit soll auch vor GebĂ€uden und StraĂen nicht Halt machen. Der SĂŒdwestdeutsche Rundfunk SWR1 [7] berichtete:
Sobald sie sich gestört fĂŒhlen, fallen sie in Scharen ĂŒber den Eindringling her. Der wird zuerst schmerzhaft gebissen und kriegt zusĂ€tzlich ein Sekret in die Wunde gespritzt, das extrem brennt. Dann bilden sich kleine rote und juckende, meist eiternde Pusteln. FĂŒr Allergiker kann das lebensbedrohlich sein.
Invasive Krebsart bereichert die Speisekarte
In Deutschland haben sich inzwischen zahlreiche invasive Krebsarten [8] angesiedelt, darunter die Chinesische Wollhandkrabbe, der Kamberkrebs, der Signalkrebs, der Marmorkrebs [9] und der Kalikokrebs [10] sowie der Rote Amerikanische Sumpfkrebs.
Der Nachwuchs der aus Nordamerika stammenden Kalikokrebse ist bereits nach drei Monaten geschlechtsreif. So bekommen im MĂ€rz geschlĂŒpfte Kalikokrebse bereits im Sommer ihren ersten Nachwuchs. Ein Weibchen trĂ€gt zwischen 150 und 500 Eier. Nur so können die Krebse in ihrer eigentlichen Heimat, den USA und Kanada, ĂŒberleben.
Neben ihrer GefrĂ€Ăigkeit ist die Krebspest, die sie ĂŒbertragen, ein Problem fĂŒr die heimischen Flusskrebse, die an dieser Krankheit sterben. Hinter der Krebspest verbirgt sich ein invasiver Algenpilz. Die Krebse werden gelĂ€hmt, oft fallen Scheren und Beine ab.
Der Kalikokrebs wurde offensichtlich von in Lahr stationierten kanadischen Soldaten eingeschleppt, die ihn aus ihrer Heimat als Angelköder kannten. Viele andere invasive Krebsarten werden von Aquarienfreunden [11] gehandelt und dann ausgesetzt.
Auch der Rote Amerikanische Sumpfkrebs stammt, wie der Name schon sagt, aus den USA. In Deutschland ist er zu einer invasiven Art geworden, da er sich ohne Fressfeinde ausbreitet und groĂe SchĂ€den in aquatischen Ăkosystemen anrichtet. Zum GlĂŒck ist er fĂŒr den Menschen essbar und bekommt deshalb menschliche Fressfeinde [12].
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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.de-ipbes.de/
[2] https://www.de-ipbes.de/de/Neuer-IPBES-Bericht-zu-invasiven-gebietsfremden-Arten-veroffentlicht-2214.html
[3] https://zenodo.org/record/8314303
[4] https://www.spektrum.de/news/ipbes-bericht-welt-unterschaetzt-invasive-arten/2176917
[5] https://pflanzengesundheit.julius-kuehn.de/dokumente/upload/60735_vo2011-574-futtermittel-ambrosia.pdf
[6] https://www.italien.de/staedte/syrakus
[7] https://www.swr.de/swr1/rp/programm/rote-feuerameisen-gefaehrlich-europa-invasive-arten-100.html
[8] https://umwelt.thueringen.de/fileadmin/Publikationen/Publikationen_TMUEN/Krebsarten-A5.pdf
[9] https://www.welt.de/wissenschaft/article173215050/Angriff-der-Klon-Krebse-Gefuerchteter-Marmorkrebs-Die-Plage-besteht-nur-aus-Klonen.html
[10] https://www.swr.de/wissen/allesfresser-kalikokrebs-102.html
[11] https://www1.wdr.de/wissen/natur/invasive-flusskrebse-100.html
[12] https://holycrab.berlin/
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