Während Trump zollt, erntet China in Südostasien

Luca Schäfer
Xi Jinping

China hat in Südostasien eine Handels- und Diplomatieoffensive gestartet

(Bild: Octavio Hoyos/Shutterstock.com)

Inmitten des Handelskriegs führt Xi Jinpings erste Auslandsreise in die asiatische Nachbarschaft. Was das mit der Neuordnung der Weltwirtschaft zu tun hat. Ein Überblick.

Anfang April berichtete The Diplomat noch abwartend, ob die angeblichen Reisepläne Wirklichkeit werden würden: Chinas Staatspräsident Xi Jinping bricht nur wenige Wochen nach dem Ende des Nationalen Volkskongresses und inmitten eines eskalierenden Zoll- und Handelsstreits mit den Vereinigten Staaten von Amerika, zu einer Dreiländerreise auf.

Xis erste Auslandsreise 2025, die erste in die Region seit seinem Vietnambesuch 2023, ist eine gigantische Chance für das Reich der Mitte. Sie fällt, kalkuliert oder nicht, in eine Zeit der Verunsicherung.

Der als Partner geglaubte amerikanische Hegemon entzaubert sich in den Augen der aufstrebenden südostasiatischen Tigerstaaten als egomanischer Raubtierkapitalist und hinterlässt wirtschaftliche Ratlosigkeit. Trump öffnet mit Zollstrafen Lücken für neue chinesische Angebote. Xi dürfte wirtschaftsdiplomatische Nachbarschaftsangebote im Gepäck haben.

Zu Gast bei Freunden?

Präsident Xi Jinping wird in wenigen Tagen drei Staaten besuchen: Vietnam, Malaysia und Kambodscha.

Zunächst wird er vom 14. bis 15. April in Vietnam zu Gast sein. Xi, der neben seiner Funktion als Präsident auch Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) ist, wurde in Vietnam von seinem Amtskollegen To Lam, und dem Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam, Luong Cuong, empfangen.

Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, soll die gesamte Reise einen "neuen Impuls für Frieden und Entwicklung in der Region und in der Welt" geben.

Gerade vor dem Hintergrund der wechselvollen gemeinsamen sino-vietnamesischen Geschichte eine bedeutsame Aussage. Immerhin führte man 1979 Krieg gegeneinander, Territorialkonflikte hielten bis zur Implosion der Sowjetunion.

Doch das scheint Geschichte zu sein: Nach dem Ende der Grenzstreitigkeiten ging es wirtschaftlich steil bergauf. 2021 lag das Handelsvolumen bereits bei über 200 Milliarden US-Dollar. Dies untermauerte Xi in einem Gastbeitrag für die vietnamesische Zeitung Nhan Dan, in dem er schrieb, Vietnam und China teilten "dieselben Ideale und strategischen Interessen".

Von Schienen und Schaukelstühlen

Diese gemeinsamen Interessen sind leicht auszumachen: eine verstärkte gemeinsame Feindschaft zu den USA unter Trump, das Eintreten für eine Freihandelspolitik sowie tiefe wirtschaftliche Verflechtungen.

Innerhalb der Asean-Staatengemeinschaft ist China der größte Handelspartner Vietnams, der Bau mehrerer Eisenbahnverbindungen von Vietnam an die chinesische Grenze wird vorangetrieben.

Beijing lockt mit günstigen Krediten. Bereits 2024 wurden wichtige Schritte unternommen: erleichterte Investitionen chinesischen Kapitals gegen guten Marktzugang für vietnamesische Agrarprodukte, engere Zusammenarbeit im Verteidigungssektor und eine verstärkte Einbindung in die Neue Seidenstraße.

Trotzdem hat sich Vietnam eine klare strategische Eigenständigkeit bewahrt, handelt gerne und intensiv auch mit den USA. Die steigenden Löhne in China haben sogar Unternehmen aus China nach Vietnam gelockt. Erst im September 2023 besuchte der damalige US-Präsident Joe Biden Vietnam, sehr zum Missfallen Beijings.

Zankapfel bleibt das Südchinesische Meer: Sowohl China als auch Vietnam erheben, wie andere Anrainerstaaten auch, Anspruch auf die geostrategisch und maritim interessanten Spratly- und Paracel-Inseln. Generell erweckt Vietnam den Eindruck, sich (noch) nicht auf einen Pol festlegen zu wollen. Wie ein Schaukelstuhl chargiert es zwischen den USA und China hin und her.

Neuer Kipppunkt?

Kippt der Schaukelstuhl ganz nach Beijing? Klar ist, dass Hanoi die Trump'sche Politik einer 46-prozentigen Zollerhöhung nicht schmeckt, hier liegt der chinesische Trumpf. Die Reise soll mit 45 neuen Abkommen zu Ende gehen. China gibt sich Mühe: Vor seiner Abreise nach Hanoi kündigte Beijing an, in den kommenden Monaten die erste hochrangige Nachbarschaftskonferenz seit 2013 auszurichten.

Nach SZ-Informationen soll es Lieferketten und Sicherheitsfragen gehen – vertrauensbildende Maßnahmen also. Beijing wird versuchen, die vietnamesischen Zweifel an einer aggressiven Landnahme zu zerstreuen. Gelingt dies, ist das vietnamesische Band zu den USA sicherheitspolitisch gekappt.

Wirtschaftlich scheint Beijing für Hanoi ohnehin attraktiver, das Weiße Haus verprellt seine Freunde, Xi Jinping gastiert in Hanoi, Kuala Lumpur und Phnom Penh auf Einladung der Kommunistischen Partei oder der jeweiligen Königshäuser.