Wärmewende: Warum Nutzenergie so wichtig ist
Endverbraucher erwarten, dass die Heizung im Winter dafür sorgt, dass sie nicht frieren und sie die Kosten dafür tragen können. Warum löst die Idee eines Wärmekatasters so viel Ängste aus?
Nur weil der aktuelle Anlauf zur Nutzenergie aus Berlin kommt, muss er jetzt schlecht sein? Sowohl einzelne Bundesländer als auch mehrere Kommunen sind da schon weiter und niemand hat sich daran gestört. Schon in den 1990er-Jahren war die Erkenntnis gewachsen, dass sich die deutsche Bevölkerung von der Heizung in erster Linie Wärme erhoffte und dies nicht unbedingt durch die Verbrennung von Energieträgern.
Daraus entwickelte sich die Idee von der Nutzenergie. Im Zusammenhang damit kam international der Begriff "Combined Heat" auf, wenn in einem sogenannten Blockheizkraftwerk (BHKW) die bei der lokalen Stromerzeugung anfallende Wärme zum Heizen oder Kühlen genutzt wurde.
Den etwa zur gleichen Zeit entwickelten gas- oder strombetriebenen Wärmepumpen, die zusätzlich auch noch Umweltwärme nutzen konnten, war anfangs nur wenig Erfolg beschieden. Zu kämpfen hatten dabei vor allem die Gaswärmepumpen, die zwar die größte Effizienz erreichten, in der praktischen Anwendung jedoch vor einem Systemproblem standen.
Eine Gaswärmepumpe benötigt weniger Gas als ein Brennwertkessel. Und durch den geringeren Gasbedarf reduziert sich der Gasabsatz im Verteilnetz. Mit der aufkommenden Wärmedämmung sank der Bedarf an Gas weiter, so dass sich der Netzausbau, ja sogar teilweise auch der Netzbetrieb nicht mehr lohnte.
In der Marktwirtschaft sorgte diese Entwicklung für das weitgehende Ende der Gaswärmepumpe in Deutschland. Für gut gedämmte und mechanisch belüftete Häuser ("Nullenergiehäuser") mit Wärmetauscher benötigt man zum Heizen oftmals nur die Körperwärme, die von den Bewohnern abgestrahlt wird. Eine solarthermische Anlage lieferte meist den Warmwasserbedarf und eine kleine Elektrowärmepumpe besorgte dann den Rest.
Solange die Energie billig war, war das Interesse an Effizienzsteigerungen gering
Wie im Automobilbau wurde über lange Zeit nur die bekannte Technik verfeinert, jedoch das Ziel aus den Augen verloren. In beiden Fällen hat man darauf gesetzt, dass man seine Ziele nur mit Verbrennern erreichen kann und andere technische Möglichkeiten verdrängt.
Bei den Fahrzeugen setzten dann chinesische Hersteller erst mit batterieelektrischen Fahrzeugen zum Überholen an, andere elektrische Antriebe werden nachschieben.
Bei der Heizung kommt jetzt die Elektrowärmepumpe wieder ins Spiel, bei der zwei Drittel der Energie nicht über das Verteilnetz transportiert werden müssen, sondern dezentral aus der Umwelt gewonnen werden. Je kürzer die Transportwege, desto kostengünstiger die Wärmeversorgung.
Die Technik der Wärmepumpe ist nicht neu und wurde in Japan erstmals in großem Stil bei der Installation von Klimaanlagen eingesetzt, steht als im Prinzip vergleichbare Lösung aber auch als Kühlschrank in praktisch jedem Haushalt.
Mit ihrer langjährigen Erfahrung bei den Klimaanlagen haben die asiatischen Hersteller heute einen Vorsprung. Die chinesischen Hersteller müssen zur Anpassung die Erfordernisse der europäischen Märkte jetzt nur noch bei den Kühlmitteln nachrüsten. Wärmepumpen, die den europäischen Anforderungen nicht entsprechen, sind in Deutschland nicht förderfähig.
Zu den Alternativen bei der Heizung zählen jedoch nicht nur Wärmepumpen, die für jedes Haus getrennt eingebaut werden wie die Gas- oder Ölheizungen, sondern auch Fern- oder Nahwärme-Netze, die sich vorwiegend für die Versorgung zahlreicher Kunden aus einer Anlage lohnen können.
Als Nahwärmeinseln sorgen sie für die Beheizung eher kleiner Nachbarschaften und dafür, dass die Kosten für eine möglichst umweltfreundliche Heizung unter mehreren Nutzern aufgeteilt werden können. Als Wärmequellen eignen sich nicht nur Blockheizkraftwerke, sondern auch Abwärme aus der Industrie oder aus großen Kühlhäusern.
Wärmekataster als erster Schritt zum effizienten Wärmeeinsatz
Wenn man wissen will, welche Energiequelle, wo am effizienten zum Einsatz kommen kann, muss man auf der Nutzerseite die Bedarfslage kennen und auf der anderen Seite das verknüpfbare Angebot.
Die Nutzung industrieller Abwärme zur Belieferung von Wärmekunden stieß in der Vergangenheit vielfach auf Vorbehalte der betroffenen Betriebe, weil sie sich in einem solchen Wärmeverbundsystem auch verpflichten mussten, eine bestimmte Wärmemenge bereitzustellen.
Zu Zeiten, in welchen die Controller im Unternehmen vielfach darauf drängten, die Produktion in Deutschland stillzulegen oder zumindest die am meisten energieintensiven Produktionsschritte in Länder zu verlagern, wo die Kosten niedriger und meist auch die Umweltvorschriften weniger streng waren, wollte sich niemand mit der Lieferverantwortung für ein Wärmenetz belasten.
Unter den inzwischen geänderten Voraussetzungen bei der Versorgung mit Brennstoffen, die nicht zuletzt auf die Kappung der Lieferungen von Erdgas aus Russland zurückgeht, aber auch auf den nur wenig beachteten Lieferstopp von Erdölprodukten aus Russland haben sich die Voraussetzungen in Deutschland maßgeblich verändert.
Jetzt will die Bundesregierung den realen Wärmemarkt nicht nur in der Summe, sondern auch in seiner regionalen Verteilung besser kennenlernen und muss die entsprechenden Daten dafür erfassen. Die einzelnen Kommunen sollen künftig Heizungsdaten über jedes Gebäude in ihrem Bereich erfassen. Und dies soll letztlich bis 2026 in einem Wärmeplan münden.
Kleinere Städte und Landkreise sollen bis 2028 Zeit haben. Die geht aus einem Gesetzesentwurf hervor, den das Bundesbauministerium gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet hat. Nach dem durchaus ruckeligen Umgang mit den Lieferstopps will man die Wärmewende deutlich besser planen. Die jetzt zusammenzutragenden Daten sollen als Basis für eine Wärmeplanung der einzelnen Bundesländer Länder dienen.
Mit dem Gesetz soll auch das Ziel festgelegt werden, bis zum Jahr 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Die Wärmewende gilt als zentraler Baustein, um Deutschland bis zum Jahr 2045 vollständig klimaneutral umzugestalten. Die deutsche Wärmewende ist ein wahrlich gigantisches Projekt, denn heute werden noch etwa 75 Prozent der Haushalte mit Öl und Gas beheizt.
Stand der Wärmeplanung
Ohne große Aufregung ist Baden-Württemberg bei der Wärmeplanung schon tätig geworden und hat seine großen Kreisstädte und Stadtkreise verpflichtet, bis Ende dieses Jahres eine Wärmeplanung zu erstellen.
Schnelle Kommunen haben ihre Konzepte sogar schon jetzt bereits fertiggestellt. Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben zumindest die entsprechenden Gesetze verabschiedet. Nordrhein-Westfalen befindet sich noch in der Vorbereitung eines entsprechenden Gesetzes.
Die Kommunen müssen jetzt die Daten erfassen, welche Häuser in ihrem Zuständigkeitsbereich wie geheizt werden. Die Daten werden jedoch nicht direkt bei den Einwohnern erhoben, sondern bei den Betreibern der jeweiligen Energieinfrastrukturen, welchen diese Daten schon vorliegen.
Es sollen mit dem Zugriff auf bestehende Register und Datenbanken so ausschließlich auf bereits vorhandene Daten zurückgegriffen und somit datenrechtliche Probleme vermieden werden. Von den zuständigen Verbänden kommt hinsichtlich der Wärmepläne der Bundesregierung kein Widerstand, sondern Zustimmung.