Wahl in El Salvador: Der "coolste Diktator der Welt" paktiert mit China

Seite 2: Die Kehrseite von Bukeles Regierung in El Salvador

Die Aushebelung von Grundrechten in El Salvador durch den verhängten Ausnahmezustand wird schweigend in Kauf genommen. Menschen dürfen in diesem "Notstandsregime" ohne Grund festgenommen werden, die Versammlungsfreiheit wurde eingeschränkt, Telefone dürfen auch ohne konkreten Verdacht überwacht werden.

Die Opposition ist faktisch machtlos. Präsident Nayib Bukele käme nach einer Umfrage der Zentralamerikanischen Universität José Simeón Cañas derzeit auf fast 82 Prozent. Gegenkandidaten wie Manuel Flores von der linken FMLN auf rund vier Prozent, der Oppositionspolitiker der rechten Arena-Partei Joel Sánchez auf etwas über drei Prozent.

Finanzielle Ungleichheit im Wahlkampf El Salvadors

Bei der Wahl am Sonntag wird nicht nur der Präsident gewählt. Auch Abgeordnete für den Kongress werden gewählt. Laut Gesetz steht allen teilnehmenden Parteien dabei eine gewisse Summe Geld für den Wahlkampf zur Verfügung. Tatsächlich hat keine der beiden wichtigen Oppositionsparteien – die rechte Arena-Partei und die linke FMLN – bis vor einem Monat auch nur einen einzigen Cent gesehen.

Ganz im Gegensatz zur Regierungspartei Bukeles, die Propaganda-Events ohne Probleme durchführen konnte und sich ohnehin ständig im Wahlkampf-Modus befindet.

Bukeles umstrittene Justizpolitik

Niemand widerspricht ihm, weder Kongress noch Justiz – denn die hat er mit ihm nahestehenden Personen besetzt. Bereits 2021 kam Kritik aus den USA, nachdem seine Partei Nuevas Ideas (Neue Ideen) fünf Richter des Obersten Gerichtshofs entlassen und deren Posten mit freundlicheren Vertretern besetzt hatte.

Diese Richter beugten kurzerhand Verfassungsrecht und erklärten, dass Bukele eine zweite Amtszeit anstreben könne, indem sie die lange Zeit verbotene Wiederwahl ermöglichten. Das US-Außenministerium setzte die fünf regierungsfreundlichen Richter entzogen ihnen ihre US-Visa und setzte sie auf die Liste "undemokratischer und korrupter Akteure".

Resonanz in der gesamten Region: der "Bukele-Effekt"

Der "Däumling Zentralamerikas", wie der Autor Roque Dalton seine Heimat El Salvador einst nannte, wird seit den 90ern vom Terror der Gangs heimgesucht. Die Mara Salvatrucha-13 (MS-13) und die Barrio 18 sind die beiden relevantesten.

Mitglieder der MS-13. Bild: chuck holton, CC BY-NC-SA 2.0

Die USA spielen bei der Geburt der Gangs eine immens wichtige Rolle. Während der Zeit des Kalten Krieges unterstützten die Vereinigten Staaten stramm rechte Kräfte im Land, wohl wissend, dass diese für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich waren. Das führte zu vielen Flüchtlingen, die Schutz in den USA suchten.

Dort akzeptierten lokale Straßengangs die salvadorianischen Migranten allerdings nicht – weshalb sie ihre eigenen kriminellen Gruppen formten. In den 90ern deportierten die USA viele dieser gefährlichen Gangmitglieder zurück nach El Salvador; ein Land, das gerade einen Bürgerkrieg hinter sich hatte.

Bukeles umstrittene Strategien: Gangs und Kartelle

Perspektivlosigkeit und viel kriminelle Energie ließen diese Jugendbanden Strukturen schaffen, um das Land komplett zu dominieren. Nayib Bukele inszeniert sich jetzt als Retter, als Messias des Friedens seiner Nation. Dabei wurde bereits Ende 2021 bekannt, dass er zur Reduzierung der Mordraten mit den Gangs kooperierte.

Freilassungen und bevorzugte Behandlung in den Gefängnissen bot seine Regierung im Gegenzug an. Vor rund einer Woche wurde bekannt, dass Staatschef Bukele über einen Mittelsmann Kontakt zum mächtigen mexikanischen Kartell Jalisco Neue Generation (CJNG) aufgenommen hatte. Das CJNG zählt zusammen mit dem Sinaloa-Kartell zu den einflussreichsten kriminellen Organisationen der ganzen Region.

Es sind keine amateurhaften Jugendbanden, sondern professionelle transnationale Netzwerke. Bukele bot dem mexikanischen CJNG eine Million Dollar dafür an, Élmer Canales Rivera, alias "Crook" zu fassen. "Crook" ist ein wichtiger Bandenchef der Mara Salvatrucha-13 (MS-13). Erst zwei Jahre zuvor, im November 2021, hatte die Bukele-Regierung ihn im Rahmen heimlichen Paktierens mit den Gangs, denen er den Krieg erklärt hat, freigelassen.

Das Investigativmedium "El Faro", Hassobjekt von Präsident Bukele, recherchierte den Fall ausgiebig. In den Verhandlungen habe die Regierung Bukeles gefordert, dass der illegal freigelassene Bandenchef noch vor den Wahlen im Februar entführt und "vorzugsweise lebend" an "einen geheimen Ort" gebracht werden sollte.

Nachahmer von Bukeles Politik in Lateinamerika

Die Erfolge der Bukele-Regierung im Kampf gegen die Gangs inspirieren viele Politikerinnen und Politiker in Zentral- und Südamerika. Ob links oder rechts stehend, das spielt dabei keine Rolle. Im vergangenen Jahr lobte die Kandidatin Zury Ríos bei den Präsidentschaftswahlen in Guatemala Bukeles eiserne Faust gegen die Gangs, reiste sogar selbst nach El Salvador.

Recherche von "El Faro" – Bukele gefällt das nicht.

Sie ist Politikerin und Tochter des verurteilten Massenmörders Efraín Ríos Montt. Aber auch Nachbarland Honduras mit seiner linken Präsidentin Xiomara Castro kopierte die Blaupause der "harten Hand": Ein Ausnahmezustand wurde verhängt, Castro kopierte die imponierenden Bilder nackter tätowierter Oberkörper, die zusammengepfercht auf dem Boden knien.

El Salvadors neues Mega-Gefängnis: Symbol der harten Hand

In El Salvador ist das in unter einem Jahr fertiggestellte CECOT das laut Aussage der Regierung größte Gefängnis Lateinamerikas. Es soll bis zu 40.000 Häftlinge beherbergen können. Baukosten, Details zum Ausschreibungsverfahren: All diese Informationen hält die Bukele-Regierung unter Verschluss.

Der Trend zu Mega-Gefängnissen in Südamerika

Auch Ecuador, noch vor wenigen Jahren ein relativ ruhiges Land in Südamerika, hat nun massive Probleme mit eskalierender Gewalt krimineller Gruppen. Der kürzlich gewählte Präsident Daniel Noboa sieht die Banden als Terroristen an, hat den Ausnahmezustand verhängt und baut im Sinne der Bukele-Blaupause jetzt auch ein Mega-Gefängnis.

2024 wird das Super-Wahljahr auf dem amerikanischen Kontinent. Von Norden bis Süden wird um das Präsidentenamt gekämpft: Die USA, Mexiko, Panama, die Dominikanische Republik, Venezuela und Uruguay wählen.

El Salvador macht den Anfang am kommenden 4. Februar. Das Jahr sorgt für einen historischen Rekord. Nie wurden so viele Wählerinnen und Wähler zum Urnengang aufgerufen.

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