Wahldebakel: Spanische Sozialdemokraten setzen schnelle Neuwahlen an

Seite 2: Wenn Linke keine linke Politik machen, dann kommen die Rechten

Wie erwartet hat das, was man hier "Linke" nennt, bei den Wahlen weitere wichtige Regionen wie Valencia verloren. Das schmerzt die PSOE genauso wie der Verlust der Balearen oder der Tatsache, dass in der Rioja keine "Linke" mehr regiert, sondern ab jetzt wieder die PP, sogar mit absoluter Mehrheit.

Besonders schmerzt die PSOE aber, dass sie nun auch die ehemalige Hochburg Extremadura und Aragon verloren hat.

Besonders der Verlust der Extremadura kam unerwartet, zumal die PSOE-Regionalregierungen in der Extremadura oder Aragon einen Diskurs geführt haben, der sehr an den der PP erinnerte. Doch die Wähler wählen lieber das Original statt der Kopie. Nur in Kastilien-La Mancha ging die Strategie auf, eine der wenigen Regionen, welche die PSOE retten konnte.

Die Wahlen haben auf allen Ebenen gezeigt, dass Sánchez eigentlich schon seine Koffer packen kann. Das Debakel ist auch deshalb so groß, weil der Koalitionspartner Podemos auch dafür abgestraft wurde, dass man in fast vier Jahren kaum etwas gegen die neoliberale PSOE durchsetzen konnte.

Die Mitglieder der zerstrittenen und gespaltenen Linkskoalition UP sind nicht gemeinsam angetreten, sondern meist getrennt. Das Ergebnis für die Podemos-Partei: Sie ist nun auch in den Regionalparlamenten von Valencia, Madrid und den Balearen nicht mehr vertreten.

Verteidigen kann die PSOE vermutlich auch Navarra, wo sie stagnierte. Allerdings wurden dort Unterstützer, allen voran die linksnationalistische EH Bildu (Baskenland Vereinen) gestärkt, wie auch in der angrenzenden baskischen Gemeinschaft bei den Kommunalwahlen. Ganz anders erging es aber dem strategischen Partner von Bildu in Katalonien.

Die Republikanische Linke (ERC), die Katalonien noch in einer sehr schwachen Minderheitsregierung regiert, wurde massiv für ihren Schmusekurs zu Sánchez und der PSOE abgewatscht.

Der versprochene Dialog zur Konfliktlösung fand nie statt und wurde jetzt wohl definitiv beerdigt. Es riecht hier in Katalonien ebenfalls nun nach vorgezogenen Neuwahlen, da die ERC den letzten Rest an demokratischer Legitimation verloren hat.

Auch bei den Kommunalwahlen verhielten sich Katalonien und das Baskenland anders als der Rest des spanischen Staates. In Spanien werden fortan alle großen Städte von der PP oder in Koalition mit den Ultras nicht. Nur in Barcelona und Bilbao ist das anders. Statt in Barcelona Wahlsieger wie vor vier Jahren zu werden, wurde die ERC nur noch viertstärkste Kraft.

Statt 21 kam sie nur noch auf 11 Prozent und ganz ähnlich sieht die ERC-Katastrophe in ganz Katalonien aus. Dass die plötzlich kurz vor dem Wahlkampfende die Unabhängigkeit und die "Republik als Zukunft" auspackte, gegen die sie real seit Jahren arbeitet, hat kaum jemanden an der Nase herumführen können.

Viele ehemalige ERC-Wähler blieben den Wahlen fern oder wählten andere Formationen. Der Dialog der ERC mit Madrid hat Sánchez nie real gestartet. Dazu konnte auch die ERC in ihrer Funktion als Mehrheitsbeschaffer in Madrid kaum etwas durchsetzen.

Die Wähler haben sich nicht hinters Licht führen lassen. Deshalb hat die Partei von Exilpräsident Carles Puigdemont die Metropole Barcelona gewonnen. Xavier Trias hat für "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat) kandidiert, der einst mit einer Schmutzkampagne aus den spanischen Kloaken aus dem Amt gejagt wurde.

Trias hat dem ehemaligen Podemos-Anhängsel En Comú und deren Führungsfigur Ada Colau, die gegen den Wahlsieger ERC vor vier Jahren nur mit rechten Stimmen erneut Bürgermeisterin werden konnte, den Todesstoß versetzt. Sie hat damit viel Wähler schockiert und viel Sympathie eingebüßt, wie mit ihrer Politik. Sie wurde nur noch drittstärkste Kraft hinter den Sozialdemokraten.

Mit den Wahlen und dem Absturz von Colau ist wie erwartet auch das neue Linksprojekt Sumar (Summieren) angezählt, bevor es überhaupt an Wahlen teilgenommen hat. Das Projekt hatte bisher ohnehin eher gespalten als addiert. Das hat die Linke bei diesen Wahlen teuer bezahlt.

Eigentlich sollte Colau ein Stützpfeiler des Sumar-Projekts werden. Sie wird wie erwartet aber eine Belastung, denn sie ist längst unglaubwürdig für eine linke und soziale Politik. Dagegen konnte sich der Sánchez und Sumar-Unterstützer Más Madrid (Mehr Madrid) halten und legte sogar weiter leicht zu. Die Formation wurde erneut, nun mit gut 18 Prozent, zweitstärkste Kraft.

Praktisch alle Sánchez-Unterstützer außer Mas Madrid und Bildu haben mehr oder weniger stark Stimmen eingebüßt. Dass die PSOE in Navarra mit Bildu und anderen Kräften erneut eine Regierung stellen kann, ist für Sánchez bei den kommenden Parlamentswahlen eher eine weitere Belastung.

Rechte wie Ayuso, aber auch Regionalfürsten der PSOE hatten sich stets gegen solche Bündnisse gewandt. Die PP wird das nutzen. Denn angeblich handele es sich nach deren Ansicht bei der Koalition aus drei Parteien um Nachfahren der Untergrundorganisation ETA soll, die ohnehin seit vielen Jahren aufgelöst und abgewickelt ist, woran der Bildu-Chef Arnaldo Otegi gearbeitet und dafür illegal sechs Jahr als angebliches ETA-Mitglied im Knast saß, wie der Straßburger Menschenrechtsgerichtshof geurteilt hatte.

Die PP und Vox werden diesen Joker bei den Wahlen im Herbst erneut gegen Sánchez ausspielen.