Wahlen in Russland: gesteigerte Finanzströme und spezielle Programme
- Wahlen in Russland: gesteigerte Finanzströme und spezielle Programme
- Wahljahre: 2007 Parlamentswahl, 2008 Präsidentschaftswahl
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Russland: Zwischen Auslandseinfluss und Souveränität - Teil 4
Betrachtet man die insgesamt von der US-Regierung angesetzten Haushaltmittel von rd. 18,3 Mrd. Dollar (s. Teil 1: Russland: Zwischen Auslandseinfluss und Souveränität), also nicht nur die mit politischem impact, so kann zumindest im Vergleich des durchschnittlichen Budgets von Wahljahren zu dem von Nichtwahljahren eine signifikante Abweichung festgestellt werden.
Vergleicht man in der Zeit von 1993 bis 2014 die festgesetzten Budgets der 11 Wahljahre mit denen der 11 Nichtwahljahre, so liegt der Duchschnitt der Nichtwahljahre bei rd. 750 Mio. Dollar. Dagegen fällt der Durchschnitt der Wahljahre mit rd. 915 Mio. Dollar um 22% bzw. 165 Mio. Dollar höher aus.
Wählt man zum Vergleich nicht die jeweiligen Mittelwerte, sondern den jeweiligen Median der (Nicht-) Wahljahre (Zentralwert = der genau in der Mitte liegende Wert, wenn alle Werte der Größe nach aufgereiht werden), liegt der Median der Wahljahre mit 749.290.319 sogar 48% über dem der Nichtwahljahre mit 505.659.700. Die beiden ermittelten Werte ( 22% bzw. 48%) sind ein starkes Indiz für wahlbedingt höhere Investitionen der US-Regierung in Russland.
Um statt dieser auf den Gesamtinvestitionen fußenden Analyse den Einfluss speziell der hier ermittelten politisch indizierten Finanzströme (s. Teil 2: Was US-Stiftungen in Russland fördern) bzw. Aktivitäten und Programme insbesondere auf Wahlen aufklären zu können, musste berücksichtigt werden, dass die Finanzjahre der US-Regierung sowie der NED- und Ford-Stiftung von Oktober eines Jahres bis September des Folgejahres laufen (nach letzterem sind sie benannt). Das bedeutet z. B., das von den Mitteln des Fiskaljahres 2009 auch die Monate Oktober, November, Dezember 2008 (2008 Präsidentschaftswahljahr) finanziert werden; ein Viertel des Budgets eines Fiskaljahres fließt somit in das vorhergehende Kalenderjahr.
Das Budget des auf eine Wahlperiode folgenden Jahres spielt daher auch bei der Frage nach den wahlrelevanten Aktivitäten eine Rolle. Bei den anderen Stiftungen ist das Finanzjahr mit dem Kalenderjahr identisch. Um die Daten vergleichbar zu machen und die tatsächlich in einem Kalenderjahr geflossenen Finanzaufwendungen bestimmen zu können, wurden die Fiskaljahre von US-Regierung und der beiden Stiftungen anteilig auf Kalenderjahre umgerechnet. Da Wahlkampf im Übrigen auch in zeitlicher Hinsicht strategisch angelegt und nicht erst unmittelbar im Wahljahr begonnen wird, spielt auch das Budget des jeweiligen Vorwahljahres eine Rolle.
Seit 1995 folgt auf das Jahr der Parlamentswahl regelmäßig im nächsten Jahr die Präsidentschaftswahl. Bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1999/2000 konnten vergleichsweise deutlich höhere Zuflüsse von Finanzmitteln mit politischem impact festgestellt werden. Bei den nachfolgenden Wahlen ab 2003/4 konnten angesichts der Tendenz insgesamt rückläufiger Investitionen nicht die Vorwahljahre als Maßstab genommen werden; bei generell abnehmender Tendenz sind die Budgets der Vorwahljahre selbstredend in der Regel höher als die in der nachfolgenden Wahlperiode. Auch konnte im Vergleich zum durchschnittlichen Budgetrückgang kein typisch signifikant größerer Budgetrückgang nach einer Wahlperiode festgestellt werden (als Indikator dafür, dass aus Wahlkampfgründen die Budgets in den Wahljahren nicht so stark reduziert wurden). Stattdessen wurden aber in den Wahljahren die aufgewandten (tendenziell sinkenden) Finanzmittel in auffällig hohem Umfang konzentriert für wahlrelevante Aktivitäten verwandt.
Wahljahre: 1999 Parlamentswahl, 2000 Präsidentschaftswahl
Die Mittelaufwendungen für politische Zwecke in der Wahlperiode 1999/2000 konnten in Bezug gesetzt werden zu den Aufwendungen in den Vorwahljahren 1997/8 um festzustellen, ob und in welchem Umfang dazu die Aufwendungen in dieser Wahlperiode höher waren. Im Vergleich zum Vorwahljahr 1998 mit rd. 74,2 Mio. Dollar stiegen im Parlamentswahljahr 1999 die Finanzaufwendungen für politische Aktivitäten um 101% bzw. rd. 74,6 Mio. Dollar auf insgesamt rd. 149 Mio. Dollar. Im Präsidentschaftswahljahr 2000 stiegen die Mittel im Vergleich zu 1998 sogar um 135% bzw. rd. 100 Mio. Dollar.
Nimmt man zusätzlich das Jahr 1997 zum Bezugspunkt, wird der Unterschied noch extremer:
Eine Betrachtung der in dieser Wahlperiode besonders geförderten Programme und Aktivitäten der US-Regierung konnte nicht angestellt werden, da die dafür erforderliche Spezifizierung im Foreign Aid Explorer erst ab 2001 einsetzt. Bei den Stiftungen lassen sich nicht konkrete wahlkampfspezifische Programme identifizieren.
Allerdings sticht heraus, dass die Open Society Foundation von den in den 15 Jahren von 1999-2013 insgesamt investierten rd. 261 Mio. Dollar 45% bzw. rd. 118 Mio. Dollar in den beiden Wahlkampfjahren 1999/2000 ausgegeben hat. Davon entfallen auf die allgemein deklarierten Themenkomplexe "Information" und "Media" allein 45,6 Mio. Dollar. Ebenso wurde 1999/2000 der Komplex "Civil Society/Human Rights" von OSF mit 6 Mio. Dollar unterstützt. Bei der Ford-Foundation fallen in diesen Jahren nicht die Budgethöhen auf, sondern die nicht weiter konkretisierten Zuwendungen von 1 Mio. Dollar an Einzelpersonen für Human Rights ($ 0,5 Mio.), Civil Society ($ 0,2 Mio.) und Media ($ 0,3 Mio.).
Wahljahre: 2003 Parlamentswahl, 2004 Präsidentschaftswahl
Für die Wahlperiode 2002-2005 (2003/2004 inkl. des Vor- bzw. Nachwahljahres 2002/2005) konnte nur eine kleine Auffälligkeit registriert werden: Die Aufwendungen für das Open World Program, also die 10-tägigen in den USA stattfindenden politischen Austauschprogramme für die vorausgewählten young leaders, lagen in 2002-2004 zwischen 56% und 126% höher als der Durchschnitt der Aufwendungen in den anderen Jahren (für 2005 ist im Foreign Aid Explorer keine Mittelbereitstellung verzeichnet).
Insbesondere das Parlamentswahljahr 2003 liegt mit rd. 19,2 Mio. Dollar 126% bzw. 10,7 Mio. Dollar über dem Referenz-Durchschnitt. Inwieweit der damit einhergehende inhaltliche Austausch mit den young leaders auch der Beeinflussung der anstehenden Wahlen diente, lässt sich nicht dem Foreign Aid Explorer entnehmen.