Wahlen in Uttar Pradesh: Gewaltige Fortschritte

Seite 2: Indische Dimensionen: 12,5 Millionen Bewerber auf 35.000 Stellen

Die größte Familie-Clan-Partei, der Indian Kongress der Nehru-Gandhis, ist nur noch ein Schatten einziger Größe. Vor den Wahlen in Uttar-Pradesh sorgte sie aber damit für Aufsehen, dass sie die 55-jährige Aktivistin Asha Singh auf ihre Wahlliste setzte. Ihre Tochter überlebte eine Gruppenvergewaltigung in Unnao im Jahr 2017 nur knapp.

Doch landesweite Aufmerksamkeit erregte der brutale Fall erst ein Jahr später, nachdem ihre Tochter versucht hatte, sich vor der Residenz des Chefministers von Uttar Pradesh anzuzünden, um auf die Untätigkeit der Polizei aufmerksam zu machen.

Narandra Modi sorgte auf besondere Art für Wahlhilfe für seinen Parteikollegen in Uttar Pradesh: Ende September 2021 zog die BJP die umstrittenen Agrarreformen im Parlament zurück, gegen die Bauern seit mehr als ein Jahr in Delhi protestieren. Bisher war dies Narendra Modi egal, doch am 3. Oktober 2021 fuhr ein Konvoi von Minister Ajay Mishra Teni (BJP) in einen Umzug demonstrierender Bauern nahe der Stadt Tikunia in Uttar Pradesh.

Vier Bauern wurden getötet. Bei anschließenden Ausschreitungen starben ein Journalist und drei Mitglieder des Konvois. Dadurch drohten die Bauernproteste auf den ganzen Bundesstaat überzuschwappen.

Wirtschaftlich sieht es auch nicht gut aus: Die Beschäftigungsrate in Uttar Pradesh ist im Vergleich zu 2017 zurückgegangen, das bedeutet, der Anteil der Menschen im arbeitsfähigen Alter, die eine Arbeit haben, ist noch geringer. Doch "Arbeit" ist in ganz Indien ein Problem – schon vor Corona hatte der Subkontinent die höchste Arbeitslosenquote seit 45 Jahren.

Ende Januar wurde das wieder sichtbar, als es in Prayagraj zu gewaltigen Ausschreitungen von Jobsuchenden kam, bei denen auch ein Zug in Brand gesetzt wurde: Die vor allem jungen Demonstranten hatten sich um eine der 35.000 Stellen beworben, die von der indischen Eisenbahn ausgeschrieben worden waren, auf die 12,5 Millionen Bewerber kamen. Das hat auch demographische Gründe: Jedes Jahr strömen 12 Millionen junge Inder auf den Arbeitsmarkt dazu.

So wie in diesem Slum leben in Prayagraj noch hundertausende. Bild: Gilbert Kolonko

Einer der wenigen Erfolge wurde für Yogi Adityanath dann zum Eigentor unter seinen Anhängern: Der Priester prahlte damit, milliardenschwere Investoren für die Elektronikindustrie gewonnen zu haben; nur kamen die auch aus China.

Ausgerechnet China, das seit den Grenzstreitigkeiten mit Indien zum Hassobjekt für patriotische Hindus geworden ist. Boykottaufrufe chinesischer Waren gibt es regelmäßig auch von der Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), dem eigentlichen Architekten eines Hindu-Indiens nur für Hindus – Modi und Yogi sind nur austauschbare Figuren in ihrem Spiel.

Warum die USA gegen Russland hetzen dürfen und gleichzeitig weiter von ihnen Öl kaufen, so etwas bei religiösen Extremisten jedoch anstößig ist? Das verstehen die meisten von ihnen eh nicht, weil "Demokraten" so etwas dürfen! Warum Deutschland dann kein Gas von Russland einkaufen soll? Das verstehe ich jetzt auch nicht, also zurück zu Yogi Adityanath.

Er machte dann im Wahlkampf wieder das, was er am besten kann, und sagte, dass die Wahl doch schon mit 80 zu 20 Prozent entschieden sei. Bei einer späteren Veranstaltung setzte er hinzu, dass diese 20 Prozent mit der Mafia und Terroristen sympathisieren. In Uttar Pradesh sind knapp 80 Prozent der Bevölkerung Hindus, 20 Prozent Muslime.

Innerhalb der BJP gibt es viele, die den Priester bei einem Wahlerfolg als Nachfolger von Narendra Modi im Amt des Premierministers sehen wollen, um in ganz Indien die gleichen gewaltigen Fortschritte wie in Uttar Pradesh zu machen.