Wartung in Norwegen lässt Gaspreise in Europa erzittern

Ventile auf der Hauptgasleitung in Norwegen

(Bild: Fly Of Swallow Studio / Shutterstock.com)

Norwegens Gassektor plant jährliche Wartung. Europa muss drei Wochen auf Lieferungen verzichten. Drohen erneut Preisschocks?

Die norwegische Erdgasindustrie bereitet sich auf die jährliche Wartung vor, die Ende August beginnen soll. Für etwa drei Wochen wird Europa auf Gaslieferungen verzichten müssen, die dem Tagesbedarf von Italien oder Frankreich entsprechen. Dies teilte das Unternehmen Gassco mit, das die norwegische Anlage Karsto betreibt.

Warnung vor Schwankungen der Gasverfügbarkeit und Marktpreise

Florence Schmit, europäische Energiestrategin bei der Rabobank, warnt laut Bloomberg: "Jede Abweichung von der geplanten Wartungssaison kann zu erheblichen Schwankungen der Gasverfügbarkeit und damit der Marktpreise führen, insbesondere in diesem Jahr".

Die Wartungsarbeiten fallen in eine Zeit starker Preisschwankungen auf dem europäischen Gasmarkt. Hitzewellen in anderen Teilen der Welt haben den Wettbewerb um den Brennstoff verschärft.

Zudem bereiten sich die Händler auf eine mögliche Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland vor. Auch der Konflikt im Nahen Osten könnte, sofern er weiter eskalieren sollte, die Lage weiter verschlimmern.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor zwei Jahren ist Norwegen zum wichtigsten Gaslieferanten Europas aufgestiegen. Die Europäer verlassen sich weitgehend auf ein einziges Unternehmen, Equinor ASA.

Komplexität der Anlagen macht Wartungsprozess unvorhersehbar

Alfred Skar Hansen, Senior Vice President für Systembetrieb bei Gassco, erklärt in dem Bericht: "Etwas dauert länger oder kürzer, und das wirkt sich auf den Rest der Arbeit aus. Die Komplexität der Anlagen und die raue Umgebung der Nordsee machen den Wartungsprozess unvorhersehbar.

Während der Arbeiten wird das Karsto-Feld vollständig stillgelegt. Auch die Produktion des von Equinor betriebenen Troll-Feldes wird gedrosselt. Insgesamt werden die norwegischen Gasmengen für etwa drei Wochen um mehr als 120 Millionen Kubikmeter pro Tag sinken – etwa ein Drittel der üblichen Gaslieferungen nach Europa.

Wie wichtig die norwegische Wartungssaison für die Energiesicherheit Europas ist, zeigte sich im vergangenen Sommer, als ungeplante Arbeiten die Preise in die Höhe trieben. Auch Anfang Juni führte ein kleiner Riss in einer Pipeline im Sleipner-Riser-Feld zu Versorgungsunterbrechungen und Preissteigerungen im Vereinigten Königreich.

Experten warnen vor höheren Preisen durch unerwartete Wartungsprobleme

Positiv ist, dass die Gasspeicher auf dem Kontinent für diese Jahreszeit überdurchschnittlich gut gefüllt sind. Sie haben die wichtige 90-Prozent-Marke zwei Monate früher als geplant erreicht, was dazu beitragen könnte, kleinere Rückschläge abzufedern.

Dennoch ist die Situation nicht unproblematisch. Zwar wurde in Europa die Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG) ausgebaut, um Erdgas auch aus anderen Ländern importieren zu können. Doch der LNG-Markt ist umkämpft. Europa muss mit asiatischen und anderen Ländern um das begehrte Gut konkurrieren.

In einigen Wochen beginnt die Heizsaison, und Experten warnen bereits, dass unerwartete Probleme bei den Wartungsarbeiten zu höheren Preisen für Industrie und Verbraucher führen könnten.