Warum Alkohol als Einschlafhilfe ein fataler Irrtum ist
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Ein Glas Wein vor dem Schlafengehen ist für viele Menschen ein festes Ritual. Doch was zunächst beruhigend wirkt, kann fatale Folgen haben.
Alkohol wird oft als Einschlafhilfe eingesetzt – manche Menschen schreiben einem "Schlummertrunk" zu, dass er ihnen das Einschlafen erleichtert. Aber auch wenn es schön sein mag, sich nach einem langen Tag bei einem Glas Wein oder Bier zu entspannen, ist Alkohol möglicherweise nicht so vorteilhaft für den Schlaf, wie manche denken. Tatsächlich kann er sogar zu einer insgesamt schlechteren Nachtruhe führen.
Wenn vor dem Schlafengehen Alkohol konsumiert wird, kann dies zunächst eine beruhigende Wirkung haben, sodass man schneller einschläft. Aber auch wenn wir vielleicht denken, dass ein Schlummertrunk die Zeit bis zum Einschlafen verkürzt, zeigen neuere Untersuchungen, dass diese beruhigende Wirkung erst nach dem Trinken höherer Dosen Alkohol – je nach Person zwischen drei und sechs Standardgläsern Wein – innerhalb von drei Stunden vor dem Schlafengehen eintritt.
Und obwohl dies vorteilhaft erscheinen mag, wird davon abgeraten, Alkohol zum Einschlafen zu verwenden. Dies liegt nicht nur an den negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums, sondern auch daran, dass Alkohol den Schlaf später in der Nacht stört.
Diese Störung betrifft hauptsächlich den REM-Schlaf (Rapid Eye Movement). Alkohol verzögert den ersten REM-Schlaf und reduziert die anschließende Menge an REM-Schlaf, die Sie im Laufe der Nacht bekommen. Er kann auch dazu führen, dass Sie häufiger aufwachen oder in der zweiten Nachthälfte weniger tief schlafen. Dies ist von Bedeutung, da der REM-Schlaf – manchmal auch als "Traumschlaf" bezeichnet – für das Gedächtnis und die Regulierung von Emotionen wichtig sein soll.
Diese Störungen des REM-Schlafs treten sogar auf, wenn innerhalb von drei Stunden vor dem Schlafengehen geringe Mengen Alkohol (etwa zwei Standardgetränke) getrunken werden.
Schlafstörungen jeglicher Art können dazu führen, dass Sie sich am nächsten Tag müder fühlen. Ein gestörter REM-Schlaf kann auch zu Beeinträchtigungen bei der Konsolidierung von Erinnerungen, der kognitiven Funktion und der Regulierung Ihrer Emotionen führen.
Es ist erwähnenswert, dass sich die meisten Forschungsarbeiten nur auf die Auswirkungen von Alkohol auf eine einzige Nacht Schlaf konzentrieren. Im Allgemeinen ist weniger über die Auswirkungen bekannt, die mehrere Nächte mit Alkoholkonsum auf den Schlaf haben – nur eine geringe Anzahl von Studien (mit geringer Teilnehmerzahl) zeigt widersprüchliche Ergebnisse.
Eine Studie ergab jedoch, dass nach mehreren Nächten mit Alkoholkonsum auch in der ersten Nacht ohne Alkohol noch Schlafstörungen auftraten. Dies deutet darauf hin, dass es einige Zeit dauern kann, bis sich der Schlaf nach wiederholten Nächten mit Alkoholkonsum wieder erholt hat.
Warum Alkohol den Schlaf beeinträchtigt
Es sind zwar noch weitere Untersuchungen erforderlich, um genau zu verstehen, warum Alkohol verschiedene Komponenten des Schlafs beeinträchtigt – insbesondere bei Personen, die regelmäßig große Mengen trinken –, aber wir kennen einige Mechanismen, die den Alkoholkonsum mit dem Schlaf in Verbindung bringen.
Erstens erhöht Alkohol die Wirkung eines chemischen Botenstoffs im Gehirn namens GABA. Dieser hat eine beruhigende Wirkung, die vermutlich zu dem schläfrigen Gefühl beiträgt, das viele Menschen beim Alkoholkonsum verspüren. Alkohol kann auch den Adenosinspiegel erhöhen, einen chemischen Botenstoff, der für die Schläfrigkeit wichtig ist.
Der Anstieg dieser chemischen Stoffe beim Trinken ist jedoch nur von kurzer Dauer. Sobald der Körper den Alkohol verstoffwechselt hat, kommt es häufig zu einem "Rebound-Effekt", bei dem der Körper versucht, die durch den Alkohol verursachten Veränderungen der physiologischen Funktionen und des Schlafs auszugleichen. Dies führt zu leichtem und unruhigem Schlaf, den Menschen in der zweiten Nachthälfte nach dem Trinken erleben.
Alkohol beeinflusst auch den zirkadianen Rhythmus – die 24-Stunden-Uhr des Körpers, die auf Lichtsignale aus der Umgebung reagiert, um unseren Schlaf-Wach-Zyklus zu synchronisieren. Dies geschieht unter anderem durch die Freisetzung bestimmter Hormone zu bestimmten Tageszeiten. So schüttet unser Körper beispielsweise in den dunklen Stunden Melatonin aus, damit wir uns müde fühlen und die ganze Nacht über durchschlafen.
Alkohol beeinträchtigt jedoch die Melatoninproduktion und verändert unsere Körpertemperatur. Der Zeitpunkt und die Menge des ausgeschütteten Melatonins sowie die Senkung der Körperkerntemperatur sind für den Schlaf wichtig. Veränderungen in diesen Bereichen führen zu Veränderungen im Schlaf.
Ferner entspannt Alkohol die Muskeln in den Atemwegen, was das Schnarchen verschlimmern kann und auch den Schlaf Ihres Partners stört.
Schließlich kann der Konsum von Alkohol vor dem Schlafengehen aufgrund seiner harntreibenden Wirkung zu mehr Toilettengängen während der Nacht führen, was den Schlaf weiter stört.
Wie Sie erholsamer schlafen können
Wenn Sie manchmal Alkohol trinken, um besser einschlafen zu können, finden Sie hier einige Tipps, wie Sie stattdessen erholsamer schlafen können:
- Halten Sie einen regelmäßigen Zeitplan ein. Wenn Sie jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen, hilft dies, den Tagesrhythmus des Körpers zu regulieren und den Schlaf zu verbessern.
- Schaffen Sie eine ruhige Schlafumgebung. Ein kühler, ruhiger und dunkler Raum ist ideal für einen erholsamen Schlaf.
- Schaffen Sie eine gleichbleibende Schlafenszeit-Routine. Machen Sie vor dem Schlafengehen einige entspannende Aktivitäten, um das Gehirn zur Ruhe kommen zu lassen – wie Lesen oder ein Bad nehmen.
- Schränken Sie Ihren Koffeinkonsum am Nachmittag ein. Koffein ist ein Stimulans – und seine Wirkung kann viele Stunden anhalten, wobei durchschnittlich die Hälfte davon vier bis sechs Stunden nach dem Konsum in unserem Körper verbleibt. Nehmen Sie koffeinhaltige Lebensmittel und Getränke nur früher am Tag zu sich.
- Werden Sie aktiv. Körperliche Aktivität kann sich positiv auf die Regulierung des Tagesrhythmus auswirken und dazu beitragen, dass wir uns am Ende des Tages müde fühlen. Noch besser ist es, wenn Sie Ihr Training im natürlichen Morgenlicht absolvieren können, da die morgendliche Lichteinwirkung den Tagesrhythmus reguliert und die Schlafqualität verbessert.
Die gute Nachricht für Menschen, die gerne einen Schlummertrunk genießen oder gelegentlich ausgehen: Viele der negativen Auswirkungen von Alkohol auf den Schlaf sind relativ kurzlebig und können durch Alkoholverzicht oder -reduzierung rückgängig gemacht werden. Bei Menschen, die häufiger und größere Mengen Alkohol trinken, kann es länger dauern, bis sich der Schlaf und der Tagesrhythmus wieder normalisieren. Ein Alkoholverzicht kann jedoch helfen.
Besserer Schlaf sorgt nicht nur für ein erfrischteres Gefühl, sondern wirkt sich auch positiv auf Ihre allgemeine Gesundheit und Ihr Wohlbefinden aus.
Emma Sweeney ist Dozentin für Sportwissenschaften an der Nottingham Trent University.
Fran Pilkington-Cheney ist Dozentin für Psychologie und Schlaf an der Nottingham Trent University.
Dieser Artikel wurde zuerst von The Conversation unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Lesen Sie den Originalartikel. Übersetzer: Bernd Müller