Warum KI-Tools kritisches Denken verkümmern lassen
(Bild: Collagery / Shutterstock.com)
Eine neue Studie zeigt: Je mehr Menschen KI-Tools nutzen, desto weniger denken sie kritisch. Vor allem Jüngere sind gefährdet. Was raten die Forscher?
Künstliche Intelligenz (KI) ist dabei, viele Bereiche unseres Lebens zu verändern. Wir nutzen KI-Tools zum Schreiben von E-Mails, für Recherchen und Übersetzungen. Manche lassen sich von ihnen lustige Geschichten schreiben oder befragen sie, wenn sich Fragen beim Einkauf ergeben.
KI-Tools sind bequem und erleichtern vieles – doch dies hat seinen Preis. Eine neue Studie des Zentrums für Strategische Unternehmensvorausschau und Nachhaltigkeit der SBS Swiss Business School zeigt: Die verstärkte Nutzung von KI-Tools geht zulasten des kritischen Denkens.
KI-Nutzung führt zu kognitiver Entlastung
Studienautor Michael Gerlich sieht den Hauptgrund für diesen Effekt in der kognitiven Entlastung der Nutzer. Das heißt, die Menschen verlassen sich zunehmend auf KI-Tools, um die mentale Anstrengung zu reduzieren.
Dieser Prozess wird in der Wissenschaft als kognitives Offloading bezeichnet. Geistige Prozesse werden dabei an externe Werkzeuge ausgelagert. So wird etwa der Taschenrechner benutzt, statt eine mathematische Aufgabe im Kopf zu rechnen. Oder KI-Tools geben Antworten auf komplexe Fragen und ersparen es den Nutzern, selbst zu recherchieren, die Informationen zu verarbeiten und miteinander zu verknüpfen.
Jüngere Nutzer besonders gefährdet
Für die Studie haben Gerlich und sein Team 666 Personen in Großbritannien unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Bildungsgraden befragt.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Je häufiger die Teilnehmer KI-Tools nutzten, desto schlechter schnitten sie bei Tests zum kritischen Denken ab. Besonders deutlich wurde dies bei jüngeren Nutzern im Alter zwischen 17 und 25 Jahren. Sie nutzten die Tools häufiger, sie schnitten beim kritischen Denken deutlich schlechter ab als ältere Nutzer.
Ein höheres Bildungsniveau wirkte sich mit Blick auf das kritische Denken positiv aus: Unabhängig vom Alter schnitten Teilnehmer mit höherer Bildung besser beim kritischen Denken ab. Die Studie legt damit nahe, dass Bildung helfen kann, die potenziell negativen Auswirkungen der KI-Nutzung abzumildern.
Auswirkungen auf Gedächtnis und Problemlösung
KI-Technologien sind noch sehr neu; aber sie entwickeln sich schnell und unklar ist, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird. Deshalb stellen sich schon heute Fragen, wie sie sich auf lange Sicht auf kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und die Fähigkeiten zur Problemlösung auswirken werden.
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen: Wenn sich die Menschen zu sehr auf KI-Tools verlassen, neigen sie dazu, weniger selbstständig und tiefgründig zu denken.
Auswirkungen auf Bildung und Gesellschaft
Das hat Auswirkungen auf Bildung und Gesellschaft. Und Gerlich betont, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Schulen und Universitäten sorgfältig abgewogen werden muss. Zwar können KI-Tools das Lernen erleichtern, doch sie dürfen das eigenständige Denken nicht ersetzen.
Stattdessen sollten Bildungseinrichtungen kritisches Denken gezielt fördern, etwa durch aktives Lernen und Aufgaben für Problemlösungen. Auch Unternehmen und politische Entscheidungsträger sind demnach gefordert, verantwortungsvoll mit KI umzugehen und ihre Auswirkungen auf kognitive Fähigkeiten zu berücksichtigen.