Warum massenhafte Corona-Tests von Kindern zweifelhaft sind

Seite 2: Welchen Nutzen haben flächendeckende Tests an Schulen und Kitas?

Einen Nutzen würde es dann bringen, wenn man mit solchen Tests zuverlässig die Schüler identifizieren könnte, welche tatsächlich infiziert und ansteckend sind.

Der Begriff "zuverlässig" bezieht sich dabei auf zwei unterschiedliche Aspekte:

  1. In Wirklichkeit gesunde Schüler sollten möglichst selten ein positives Testergebnis erhalten (falsch-positives Testergebnis)
  2. Tatsächlich infizierte Schüler sollten möglichst häufig ein positives Testergebnis erhalten (echt-positives Testergebnis)

Ausgehend davon kann man nun die verschiedenen Probleme von flächendeckenden Corona-Schnelltests beleuchten.

Das Problem zahlreicher falsch-positiver Testergebnisse

Ein Problem besteht darin, dass bei flächendeckenden Tests zahlreiche gesunde Schüler fälschlicherweise ein positives Testergebnis erhalten können. Bei den in Deutschland zugelassenen Tests liegt die Falsch-Positiv-Rate laut Herstellerangaben bei in etwa zwei Prozent.

Allerdings handelt es sich bei den von den Herstellern durchgeführten Validierungsstudien meist um Tests unter Laborbedingungen, so dass davon auszugehen ist, dass die Falsch-Positiv-Rate bei der Anwendung in der Praxis größer ist. So schreibt das RKI in einer aktuellen Fachpublikation:

Ob in Fachkreisen bekannt ist, dass die Herstellerangaben zur Sensitivität und Spezifität [= 1 - Falsch-Positiv-Rate] von Antigentests auf PCR-positiven Proben beruhen und zudem in der Praxis davon stark abweichen können, ist zusätzlich unklar.

In der Tat kann die Falsch-Positiv-Rate in der Praxis deutlich höher sein. Beispielsweise liegt laut einer Studie der österreichischen Gesundheitsbehörde (Ages) die Wahrscheinlichkeit, dass eine eigentlich gesunde Person bei Antigen-Schnelltests mit Nasenabstrichen fälschlicherweise ein positives Testergebnis erhält bei 4,3 Prozent. Das heißt: Bei 100 Schnelltests an gesunden Schülern erhält man im Schnittt fälschlicherweise gut vier positive Testergebnisse.

In Einzelfällen kann es bei fehlerhaften Tests oder Problemen bei der Testdurchführung und Testauswertung sogar noch zu einer weitaus höheren Anzahl an falsch-positiven Testergebnisse kommen. So berichtet beispielsweise die Mitteldeutsche Zeitung über problematische Testungen an einer Naumburger Grundschule:

Vergangenen Donnerstag waren rund 30 Schüler und Pädagogen der Naumburger Uta-Grundschule untersucht worden. Bis auf zwei fielen alle Schnelltests positiv aus, und die Schule wurde umgehend, auch für den Freitag, geschlossen. Die sich sofort anschließenden PCR-Tests bei den Betroffenen wurden am Wochenende ausgewertet. Und siehe da: Kein einziges positives Ergebnis hielt stand. PCR-negativ, durchweg. Warum dies ein Skandal ist? Weil man dies nicht mal mehr als überraschend bezeichnen kann. Bereits an der Bad Kösener Berg- sowie in Naumburg an der Jan-Hus- und der Salztorschule hatte es massenhaft Testergebnisse gegeben, die sich im Nachhinein als falsch-positiv herausstellten. Und diese Auflistung erhebt nicht mal Anspruch auf Vollständigkeit.

Interessant ist an diesem Fall auch, dass selbst eine Testung durch Fachkräfte nicht vor Problemen schützt. So wird die Schulleiterin im Artikel folgendermaßen zitiert:

Alle Schnelltests waren mit bloßem Auge ganz klar als negativ zu werten. Der dicke Strich war eindeutig. Der Rettungssanitäter hat dann aber mit seiner Lampe in das Positiv-Feld geleuchtet, wo ein zarter hellblauer Schimmer zu erkennen war. Und da sagte er uns, er habe die Anweisung, beim kleinsten Anzeichen auf "positiv" zu entscheiden

Eine insbesondere auch für Schulen relevante Fehlerquelle kann der Ort der Testdurchführung sein. Oft werden Schnelltests im Freien durchgeführt, verbunden mit dem Argument, dass das Infektionsrisiko in geschlossenen Räumen höher sei. Wie die Testhersteller aber explizit in den Packungsbeilagen erwähnen, besteht bei kälteren Temperaturen die Gefahr von verfälschten Ergebnissen, da die Testkomponenten eine Temperatur zwischen 15 und 30 Grad haben müssen.

Dazu eine Beispielrechnung: Würde man alle der rund 1,65 Millionen Schüler in Bayern einmal pro Woche testen, würden bei einer Falsch-Positiv-Rate von 4,3 Prozent – siehe Studie der österreichischen Gesundheitsbehörde Ages – pro Woche knapp 70.950 Schüler fälschlicherweise ein positives Testergebnis erhalten. Diese Schüler müssten zumindest bis zum Erhalt des Ergebnisses der Nachtestung mit einem PCR-Test grundlos in Quarantäne und womöglich auch jeweils die ganze Klasse, und die Schüler und Familien würden grundlos in Angst versetzt.

Falls wirklich die ganze Klasse bei einem positiven Testergebnis zunächst in Quarantäne müsste, hätte das folgende Konsequenzen: Wenn man vier Klassen mit jeweils 25 gesunden Kindern testet und sich die falsch-positiven Testergebnisse ungünstig über die Klassen verteilen, kann es passieren, dass man bereits bei einer einzigen Massentestung alle Klassen grundlos in Quarantäne schickt.

Dass solche Szenarien nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigen entsprechende Medienberichte. Erwähnt wurden bereits die fälschlichen Schulschließungen aufgrund von falsch-positiven Testergebnissen im Naumburger Raum. Konkret heißt im Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung:

Dutzende Familien wurden von Donnerstag bis Sonntag unter Quarantäne gestellt, darunter viele Eltern in systemrelevanten Berufen, die ihre Kinder in die Notbetreuung gebracht hatten. Wie gesagt: nicht zum ersten, sondern zum vierten Mal in der Domstadt.

Ein ähnlicher Bericht findet sich im Saarländischen Rundfunk. In Saarbrücken wurden wegen falsch-positiver Testergebnisse fälschlicherweise fünf Kindertagesstätten geschlossen. Im Artikel heißt es:

Eine Charge offenbar fehlerhafter Corona-Schnelltests hat im Regionalverband Saarbrücken zur teilweisen oder kompletten Schließung von fünf Kindertagesstätten geführt. Mehrere Erzieher in verschiedenen Einrichtungen hatten beim Schnelltest einen falsch-positiven Corona-Befund erhalten. Nach den Schnelltests am vergangenen Dienstag wurden die betroffenen Erzieher und die Kita-Kinder als Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt. Donnerstagabend erfolgte dann die Entwarnung: Alle bei den Erziehern durchgeführten PCR-Tests waren negativ, die Quarantäne nicht mehr notwendig. Dennoch haben einige Eltern der betroffenen Kita-Kinder bis Freitag lediglich einen Quarantänebescheid, anstatt einer Quarantäne-Aufhebung für ihr Kind erhalten.

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