Warum massenhafte Corona-Tests von Kindern zweifelhaft sind

Seite 5: Tests geben keine Sicherheit, nicht ansteckend zu sein

Oft wird argumentiert, dass flächendeckende Tests hilfreich seien, weil sie einem bei einem negativen Testergebnis die Sicherheit geben würden, nicht infiziert zu sein. So schreibt Katharina Schüller, Vorstandsmitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft, im Focus:

Die Frage "Bin ich eine Gefahr für andere?" lässt sich auch per Schnelltest mit ziemlich hoher Sicherheit mit "Nein" beantworten.

Auf den ersten Blick scheint das in der Tat so zu sein. Im obigen Beispiel der Testung von 100.000 Personen bei einer Inzidenz von 50 pro 100.000 würden bei einer Entdeckungswahrscheinlichkeit von 80 Prozent von den 50 infizierten Personen zehn fälschlicherweise ein negatives Testergebnis erhalten (falsch-negatives Testergebnis). Bei einer Falsch-Positiv-Rate von 4,3 Prozent würden von den 99.950 nicht infizierten Personen 95.652 richtigerweise ein negatives Ergebnis erhalten. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem erhaltenen negativen Testergebnis in Wirklichkeit trotzdem infiziert zu sein, beträgt also: zehn (falsch-negative Testergebnisse) geteilt durch 95.662 (insgesamt erhaltene negative Testergebnisse) = 0,0001 – also nur 0,01 Prozent.

Der Erhalt eines negativen Testergebnisses sagt einem also wirklich sehr zuverlässig, dass man nicht infiziert ist. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass deswegen flächendeckende Tests tatsächlich einen Vorteil mit sich bringen würden. Aber ist dem eigentlich wirklich so? Hier muss man sich klarmachen, dass der durch einen Test erzielte Erkenntnisgewinn davon abhängt, um wie viel sicherer man sich über einen Zustand ist, im Vergleich dazu, wenn man den Test nicht gemacht hätte.

Nehmen wir dazu an, wir würden bei einer Inzidenz von 50 pro 100.000 einfach eine Person aus der Menge von 100.000 ziehen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person infiziert ist? Diese beträgt: 50 geteilt durch 100.000 = 0.0005 – also 0,05 Prozent.

Man kann sich also bereits ohne überhaupt einen Test zu machen sehr sicher sein, dass eine Person nicht infiziert ist. Würde man bei 10.000 Personen von der Annahme "gesund" ausgehen, würde man nur fünfmal falsch liegen.

Würde man nun bei den 10.000 Personen die Zusatzinformation "negatives Testergebnis" erhalten und darauf vertrauen, würde man noch immer einmal falsch liegen. Obwohl also der Test gesunde Personen sehr zuverlässig als negativ klassifiziert, ist der zusätzliche Erkenntnisgewinn klein, wenn die Wahrscheinlichkeit, überhaupt infiziert zu sein, bereits sehr klein ist.

Das ist insbesondere für den Bereich der Schulen und Kindergärten relevant. In der Münchner Virenwächter-Studie gab es beispielsweise in der Zeit von September bis zu den Herbstferien – da gab es damals noch Inzidenz-Werte von bis zu 150 pro 100.000 Einwohner – insgesamt nur zwei positiv getestete Kinder in den zehn überwachten Kindergärten und Grundschulen, welche laut Kontaktnachverfolgung beide von einem Lehrer angesteckt worden waren.

In einem Zeitraum von zwei Monaten gab es also nur zwei infizierte Kinder, von denen zumindest im Bereich der Schule keines ansteckend war. Eine zusätzliche wöchentliche Massentestung an den zehn Kindergärten und Grundschulen hätte also das Infektionsgeschehen nicht verbessern können, weil kein Infektionsgeschehen vorhanden war.

Sind flächendeckende Tests zur Öffnung der Schulen nötig?

Die Münchner Virenwächterstudie widerlegt auch das Argument, dass man ohne Massentestungen Schulen nicht sicher öffnen könne. Wie die Studie zeigt, scheinen die bereits an den Schulen etablierten Maßnahmen vollkommen ausreichend zu sein.

Es ist nicht zu erkennen, welchen zusätzlichen Mehrwert weitere Maßnahmen wie ein engmaschiges und flächendeckendes Testen zusätzlich erbringen sollen, da bereits ohne solche Teststrategien praktisch kein Infektionsgeschehen zu beobachten ist.

Hier trifft auch das Argument nicht zu, dass es eine versteckte Dunkelziffer an zwar infizierten aber nicht entdeckten Schülern gäbe, denn in der Münchner Virenwächter-Studie wurde unabhängig von Symptomen getestet.

Bestätigt wird das auch durch eine aktuelle Studie des RKI zum Infektionsgeschehen an Schulen, dort heißt es:

Zusammenfassend legen die vorgestellten Daten und die genannten obigen Studien nahe, dass Schülerinnen und Schüler eher nicht als "Motor" eine größere Rolle spielen (…). Auftretende Ausbrüche sind im Regelfall im beobachteten Zeitraum klein (…). Hilfreich ist die Erkenntnis, dass Lehrerinnen und Lehrer eine vielleicht wichtigere Rolle zu spielen scheinen als die Schülerinnen und Schüler.

Hinzu kommt noch ein weiterer interessanter Aspekt, welcher in großen aktuellen Studien nachgewiesen wurde. Anstatt wie von manchen vermutet, sind Kinder nicht nur kein Treiber der Pandemie. Vielmehr scheinen Kinder sogar eine Schutzfunktion darzustellen.

In einer der bisher umfangreichsten Studien wurden alle der in Schottland aufgetretenen Corona-Fälle analysiert und untersucht, welche Faktoren beeinflussen, ob jemand eine schwere Covid-19-Erkrankung entwickelt.

Dabei zeigte sich, dass Lehrkräfte im Vergleich zu anderen Berufen ein um 64 Prozent reduziertes Risiko aufweisen, schwer an Covid-19 zu erkranken. Weiterhin zeigte sich, dass das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung bei Erwachsenen um 28 Prozent reduziert war, wenn Kinder im selben Haushalt lebten.

Dieser Effekt von Kindern zeigte sich sogar dann, wenn Erwachsene zu einer Hochrisikogruppe zählten (z.B. Krebserkrankung, schweres Asthma und andere schwere chronische Atemwegserkrankungen, Bluthochdruck, Immunsuppression, etc.).

Die Autoren der Studie vermuten, dies könne daran liegen, dass der Kontakt mit Kindern den vorbestehenden Immunschutz aufgrund von Kreuzreaktionen mit anderen Corona-Viren erhöht. Eine weitere mögliche Erklärung könnte sein, dass inzwischen sehr umfangreiche Studien zeigen, dass die Viruslast bei Kindern in der Tat kleiner ist – anders als anfänglich in einer statistisch falsch ausgewerteten Studie einer Forschergruppe um Christian Drosten vermutet.

Wie aktuelle Studien wiederum zeigen, sinkt mit der Viruslast der Person, von der die Ansteckung ausgeht, das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung.

Zusammengenommen ist es fraglich, inwiefern aufgrund des bereits sehr geringen Infektionsgeschehens an Schulen überhaupt zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Vielmehr könnte es sogar sein, dass Schulen und Kindertagesstätten entgegen anfänglicher Befürchtungen nicht nur keine Treiber der Pandemie sind, sondern sogar eine Schutzfunktion vor schweren Erkrankungen darstellen können.

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