Warum sind Rechte so erfolgreich, gegen die Energiewende zu mobilisieren?
- Warum sind Rechte so erfolgreich, gegen die Energiewende zu mobilisieren?
- Degrowth lenkt ab und ist keine Lösung
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Der Neoliberalismus hat die Gesellschaften sozial verwüstet. Das macht die grüne Wende so schwer. Die Linke muss die Lösung ergreifen, die beides verbindet – und den Rechten das Wasser abgräbt.
Ein weiterer Sommer. Hitzewellen haben viele Teile der Welt versengt und Tausende von Temperaturrekorden gebrochen. Sogar die Oberflächentemperatur der Weltmeere erreichte nie dagewesene Werte, während das Meereis in der Antarktis das zweite Jahr in Folge einen Rekordtiefstand erreicht hat.
Der Planet Erde schreit auf, weil der "Klimawandel außer Kontrolle geraten ist", wie der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, es kürzlich ausdrückte. Doch die Reaktion der Weltgemeinschaft auf die größte existenzielle Bedrohung der Menschheit ist nicht nur unannehmbar langsam, sondern grenzt an kriminelle Nachlässigkeit.
Wir kennen die Gründe dafür.
Fossile Brennstoffe liefern etwa 80 Prozent der Weltenergie. Die gegenwärtige Politik ist in kurzfristigem Handeln gefangen, ohne dass es Anzeichen dafür gibt, dass das korrigiert werden kann. Überall auf der Welt gehen die Politiker im Namen der Energiesicherheit weiterhin enorme Kompromisse für kurzfristige Interessen ein.
China und die USA sind die größten Kohlenstoffverschmutzer der Welt. Dennoch hat Präsident Joe Biden eine Reihe von Großprojekten für fossile Brennstoffe abgesegnet. China baut mehr neue Kohlekraftwerke als der Rest der Welt. Und das, obwohl beide Länder eine aggressive Politik für einen sauberen Energiewandel verfolgen – ja, sie konkurrieren sogar miteinander.
Hinzu kommt, dass die Regierungen die Produktion fossiler Brennstoffe weiterhin subventionieren. Im Jahr 2022 stiegen die weltweiten Subventionen für den Verbrauch fossiler Brennstoffe nach Angaben der Internationalen Energieagentur auf über eine Billion Dollar. Und die größten Banken der Welt haben in den letzten sieben Jahren 5,5 Billionen Dollar an Finanzmitteln für die fossile Brennstoffindustrie bereitgestellt.
Was die globalen Klimakonferenzen betrifft, so haben sie sich nicht nur als ineffektiv, sondern auch als ein inhumaner Witz erwiesen. Sie funktionieren ohne einen "Durchsetzungsmechanismus", leere Worte und Versprechungen sind ihr Markenzeichen.
Greta Thunberg traf den Nagel auf den Kopf, als sie auf der Youth4Climate-Veranstaltung in Mailand die Staats- und Regierungschefs für ihr Versagen bei der Bewältigung des Klimanotstands anprangerte und ihre Rhetorik als "bla, bla, bla" abtat.
Überdies haben Daten gezeigt, dass die Anzahl der Lobbyisten der fossilen Brennstoffe, die an den Verhandlungen der Klimakonferenzen teilnehmen, fast alle nationalen Delegationen übertreffen. Auf der COP26-Klimakonferenz im schottischen Glasgow waren mehr als 500 Lobbyisten für fossile Brennstoffe anwesend, auf dem COP27-Gipfel im ägyptischen Sharm el-Sheikh mehr als 600.
Gastgeber der COP28, die dieses Jahr vom 30. November bis zum 12. Dezember stattfindet, sind die Vereinigten Arabischen Emirate, einer der größten Öl- und Gasproduzenten der Welt, unter dem Vorsitz von Sultan al-Jaber, dem Vorstandsvorsitzenden der Abu Dhabi National Company. Es wird erwartet, dass die Unternehmen für fossile Brennstoffe auf diesem globalen Klimagipfel eine noch größere Stimme haben werden.
Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Förderung von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung. Diese Technologien müssen ihre Leistungsfähigkeit in großem Maßstab erst noch unter Beweis stellen und haben zudem ihre eigenen gefährlichen Nebeneffekte.
Das alles ist ziemlich erwartbar. So sieht Kapitalismus aus, wenn er sich ans Werk macht.
Aber wir sollten uns auch eine weitere Frage stellen: Warum ist die Bevölkerung nicht motiviert genug, um die Klimakrise anzugehen? Nicht nur das, auch rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien, die dem Klima und kohlenstoffarmen Energien feindlich gegenüberstehen, gewinnen an Bedeutung und Einfluss.
Der Aufstieg rechtsextremer Bewegungen ist nicht nur in Europa und den Vereinigten Staaten zu spüren, sondern auch in Eurasien und Südasien, während rechtsgerichtete Plattformen in ganz Lateinamerika nach wie vor populär sind, obwohl sich die Region in den letzten zwei Jahrzehnten nach links bewegt hat.
Die Gründe für diese unseligen und beunruhigende Entwicklung sind etwas komplizierter. Demagogen sind die schlimmsten Feinde der arbeitenden Bevölkerung, doch die Arbeiterklasse und die Armen sind leichte Opfer.
In unserer Zeit hat die neoliberale Politik (Deregulierung der Wirtschaft, Privatisierung, Lohndumping und die Verlagerung staatlichen Handelns weg von Umverteilung und einer sozial ausgerichteten Agenda) zu äußerst schädlichen Folgen geführt, darunter Armut, Massenarbeitslosigkeit, Einkommensungleichheit, Defizite bei menschenwürdiger Arbeit und Arbeitsrechten, soziale Ausgrenzung und ein allgemeiner Rückgang des Lebensstandards.
In Europa, wo die meisten der reichsten Länder der Welt beheimatet sind, waren im Jahr 2022 mehr als 95 Millionen Bürger der Europäischen Union, d. h. fast 22 Prozent der Bevölkerung von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht.
In den USA verdienen nach Angaben von Oxfam derzeit mehr als 51 Millionen Arbeitnehmer weniger als 15 Dollar pro Stunde – fast ein Drittel der Erwerbstätigen. Die offizielle Armutsquote von rund 38 Millionen Menschen beruht nach Ansicht vieler Experten auf einer äußerst ungenauen Messung der Armut in den Vereinigten Staaten. Das MIT-Modell für existenzsichernde Löhne beispielsweise verwendet eine Schätzung der Lebenshaltungskosten, die weit über den bundesstaatlichen Armutsgrenzen liegt.
Im Mittelpunkt der neoliberalen Vision steht eine Gesellschafts- und Weltordnung, die die Macht der Unternehmen und der freien Märkte ins Zentrum stellt und den öffentlichen Dienst abschaffen möchte. Die neoliberale Behauptung lautet, dass die Volkswirtschaften effektiver arbeiten und mehr Wohlstand für alle schaffen würden, wenn die Märkte ohne staatliche Eingriffe funktionieren dürften.
Diese Feststellung stützt sich auf die Vorstellung, dass freie Märkte von Natur aus gerecht sind und effektive, kostengünstige Wege zur Herstellung von Konsumgütern und Dienstleistungen schaffen können. Eine interventionistische oder staatlich gelenkte Wirtschaft wird als verschwenderisch und ineffizient angesehen, da sie Wachstum und Expansion abwürgt, während sie Innovation und Unternehmergeist einschränkt.
Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Während der Periode, die als "staatlich gelenkter Kapitalismus" bezeichnet wird (etwa von 1945 bis 1973, auch bekannt als die klassische keynesianische Ära), wuchsen die westlichen kapitalistischen Volkswirtschaften schneller als zu jedem anderen Zeitpunkt im 20. Jahrhundert. Der Wohlstand erreichte die Menschen am unteren Ende der sozialen Pyramide effektiver als jemals zuvor.
Auch die Annäherung der Schichten war in dieser Zeit weitaus größer als in den letzten 45 Jahren der neoliberalen Politik. Darüber hinaus haben die westlichen kapitalistischen Volkswirtschaften unter der neoliberalen Wirtschaftsordnung nicht nur nicht die positiven Trends, Wachstumsmuster und Verteilungseffekte erreicht, die unter dem "organisierten Kapitalismus" zu beobachten waren.
Vielmehr hat die Orthodoxie des "freien Marktes" eine Reihe nicht enden wollender Finanzkrisen hervorgebracht, die Realwirtschaft gehemmt, die Ungleichheit auf ein neues historisches Niveau gehoben und die bürgerlichen Tugenden und demokratischen Werte untergraben. In der Tat hat sich der Neoliberalismus als die neue Dystopie der heutigen Welt erwiesen.