Was eine Metalband mit dem Fachkräftemangel zu tun hat

Seite 2: Wem Metal hilft

Laut einer Studie der Böckler-Stiftung steigt dieser Wert derzeit um das Fünffache innerhalb einer Generation. Würde jemand unseren heimischen Shoutern mal zuhören, wäre ein mutmaßlicher Grund dafür schnell gefunden.

Der Mangel an Menschlichkeit ist zum Beispiel das Thema einer 2022 erschienenen Single von SCHMIER und seinem Kollegen Damir Escin. Darin wird besungen, was Arbeitgeber heutzutage genauso beklagen wie ihre Arbeitnehmer und Arbeitslose auch:

- "So much foolishness and Grief" (so viel Dummheit und Kummer),

- "The Curse of Urbanity" (der Fluch der Urbanität) und

- "No cohesion at all" (überhaupt kein Zusammenhalt)!

Bei einem solchen Arbeitsalltag brennen viele aus und werden lieber krank, als auf die Arbeit zu gehen. Wer in solchen Augenblicken einen Soundtrack zu seiner Verzweiflung braucht, ist mit Metal bestens bedient. Aber wer für solche Situationen verantwortlich ist, genauso.

Denn es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass Metal hochwahrscheinlich auf aggressive und dominante Charakterprofile durchaus angenehme Wirkung hat, wenn man von Tieren auf Menschen folgern darf.

Metal macht glücklich

Mozart macht nämlich Kühe glücklich, aber Haie nicht. Dafür macht Metal Kühe kirre, aber Haie glücklich. Es heißt, der Sound erinnert sie an Beutetiere im Todeskampf. Unter dem Strich ist die Lage im Haifischbecken Arbeitsmarkt also für alle Beteiligten angespannt, und die Entwicklung der Altersstruktur und die Zuwanderung unzureichend ausgebildeter Menschen macht die Lage nicht unbedingt rosiger.

Die Statistiken dazu sind allesamt beunruhigend. Aber Marx schrieb seinerzeit, dass eine Zuspitzung der Verhältnisse zur Lösung der Probleme führt. Was für ein Glück. Tröstlich ist: Wir wissen nie, was wir nicht wissen – und das könnte ausnahmsweise ja durchaus einmal auch etwas Positives sein. Bleiben wir beim Beispiel SCHMIER.

So wie Thrash-Metal im Allgemeinen, ist auch er im Besondern nicht jedem geläufig. Wer ihn bisher nicht kannte, kannte an schwarz gewandeten Sängern wahrscheinlich nur Ozzy Osbourne aus dem Fernsehen. Das Verhältnis von offiziellen Informationen aus dieser Quelle und im Mainstream fast unbekannten Möglichkeiten sein Geld zu verdienen, entspricht dem eines Ozzy im Vergleich zu einem SCHMIER.

Der bleibt auf den Straßen meist unerkannt. So manche Mütter drücken in Sichtweite seiner fast flächendeckend tätowierten und fast zwei Meter großen Erscheinung ihre Kinder fester an sich und Streetworker legen ihr Pausenbrot zur Seite.

Immer viel mehr Möglichkeiten, als man meint

Das würde einem Ozzy Osbourne nicht passieren, nicht einmal in Lörrach – und das ist der entscheidende Unterschied und zeigt nicht etwa (nur), dass Größe doch wichtig ist. Sondern es verdeutlicht, wie sehr man sich manche Unkenrufe besser ans Bein schmieren sollte, weil es irgendwo da draußen immer viel mehr Möglichkeiten gibt, als man meint. Nicht nur mehr Menschen, Möglichkeiten und Musikrichtungen. Sondern auch schillernde Seitenaspekte.

Zum Beispiel wäre ein Vergleich der Lebenspartnerinnen von Ozzy und SCHMIER zwar geschmacklos, aber sinnig. Lassen wir an dieser Stelle Sharon Osbourne also außen vor und schließen mit SCHMIERS Freundin Jennifer Gruber von der Band Fireborn, ebenfalls aus Lörrach.

Würden nämlich die arbeitslosen Philosophen unseres Landes derzeit nicht alle zu SAP-Spezialisten ausgebildet, dann hätte vielleicht einer davon schon darüber geschrieben, wie sehr diese Verbindung zweier Menschen und Bandnamen an ein berühmtes Werk der philosophischen Erhabenheitstheorie erinnert, nämlich Paradise Lost aus der Feder von John Milton (1608-1674).

Die Kurzfassung davon lautet: Ein Ist-Zustand ist doof und mündet aufgrund eines krassen Engels, known as SATAN, dann in einem destruktiven Chaos und geht schlussendlich in ein reinigendes Feuer über.

Diese Assoziation an Milton im Speziellen und an Thrash-Metal per se hilft bei der Jobsuche zwar niemandem. Aber sie ist ein poetisches Sinnbild der Hoffnung auf eine Zukunft, in der das einstige Jobparadies Deutschland die chaotische Umstellung auf Digitalisierung und Weltuntergangszenarien vielleicht irgendwann hinter sich und das Buzzword Fachkräftemangel ausgedient hat.

DESTRUCTION ist mittlerweile auch wieder zurück und tourt hier weiter.

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