Was hat ein Fußball-Länderspiel mit toten Kindern in Kolumbien zu tun?

Zwei Aktivisten der Letzten Generation wollten sich aus Protest an ein Tor während des Länderspiels Deutschland gegen Kolumbien festbinden. Sie wurden abgeführt. Bild: Letzte Generation

Energie und Klima – kompakt: Aktivisten wollten sich an ein Tor binden, das Spiel wurde unterbrochen. Der Grund: Die Bundesregierung hat einen fatalen Kohle-Deal mit Kolumbien geschlossen. Wer den Preis zahlt.

Am Dienstagabend wurde in Gelsenkirchen das Länderspiel zwischen den Mannschaften Kolumbiens und Deutschland kurz unterbrochen. Zwei Personen, ein Mann und eine Frau, waren auf das Feld gestürmt, mit der Absicht, sich mit Kabelbindern an Torpfosten zu befestigen. Die Verantwortung übernahm die Gruppe Letzte Generation. Was sollte denn das schon wieder, wird sich mancher Fußballfan dabei gefragt haben.

Ein Teil der Antwort ist an der Spree im Kanzleramt zu finden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vor einem guten Jahr, als man in Deutschland entschieden hatte, sich vom russischen Erdgas unabhängig zu machen, zum Telefonhörer gegriffen. Ein Anruf beim kolumbianischen Präsidenten soll dazu geführt haben, dass in dem südamerikanischen Land ein umstrittener Kohletagebau ausgeweitet wurde, berichtete seinerzeit die Tagesschau.

Wie dem auch sei, Deutschland importiert seit vergangenem Jahr vermehrt Steinkohle aus Kolumbien - Steinkohle, die im Norden des Landes in Tagebauen gewonnen wird, die die Landschaft fressen und mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen verbunden sind. Verbrannt wird diese Kohle in den Kraftwerken von RWE und des kürzlich verstaatlichten Konzerns Uniper.

Was das für die Betroffenen im Nordosten Kolumbiens bedeutet, erläuterten kürzlich Esneda Saavrada, Luis Uribe und Juan Pablo Gutierrez vom kleinen Volk der Yukpa. 8000 Köpfe zähle ihr Volk, auf dessen Territorium einer der Tagebaue betrieben werde, so Uribe. Aber pro Jahr würden durchschnittlich 40 Kinder an Atemwegserkrankungen sterben.

Das sei eine Folge der vielen eingesetzten Chemikalien und des Staubes, der aus den Gruben in die Siedlungen weht. In diesem Jahr seien bereits 17 Kinder dran gestorben und in anderen, größeren indigenen Gemeinschaften seien es noch deutlich mehr, so der Yukpa-Vertreter gegenüber Telepolis. Sein Volk sei vom Aussterben bedroht, klagt er.

Bei einer anderen indigenen Gemeinschaft, den nördlich der Yukpa in der Nachbarschaft eines der größten Tagebaue der Welt lebenden Guajira würden sogar durchschnittlich 3000 Kinder pro Jahr an ähnlichen Erkrankungen sterben.

Landwirtschaft könne kaum noch betrieben werden, so Uribe weiter. Wenn es regnet, würden viele Chemikalien auf ihre Äcker gespült. Das Oberste Gericht des Landes habe bereits 2017 entschieden, dass die Grenzen der indigenen Territorien festgelegt werden müssen, doch das Urteil werde nicht umgesetzt. Andernfalls wäre klar, dass der Tagebau auf ihrem Land liegt, von dem sie gewaltsam vertrieben wurden.

Die Menschen wehren sich, aber das ist nicht ungefährlich. Die Zusammenarbeit internationaler Konzerne mit lokalen Paramilitärs sei wohl dokumentiert, schreibt Le Monde Diplomatique. Das sei auch für die Bergbau-Konzerne Glencore (Schweiz) und Drummond (USA) belegt, die in Kolumbien die Kohle abbauen.

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