Was uns die Corona-Krise lehrt

Seite 2: Ländervergleich: Was haben die Maßnahmen in Deutschland gebracht?

Dass Virologen sich um sie nicht besonders kümmern, liegt schlicht darin, dass sie Virologen sind und nicht Persönlichkeitspsychologen oder Pädagogen, die sich erst langsam getrauten, auf die Fehlentwicklungen bei Kindern und Jugendlichen durch die Coronamaßnahmen hinzuweisen.

Von Anfang an war offensichtlich, dass die hauptsächlich gefährdeten Menschen alte Menschen sind. 80 Prozent der Coronatoten (Stand 7. Februar 2022, laut RKI) sind älter als 70 Jahre. Corona ist also vor allem ein Problem der älteren Mitbürger.

Das lässt sich auch an den Todeszahlen in Afrika, hier in Kenia, ablesen. 60 Prozent der Menschen in Kenia sind nicht älter als 24 Jahre, 90 Prozent nicht älter als 54 Jahre, und Kenia hat 5.580 Coronatote (7.2.2022 lt. Johns-Hopkins), weil junge Menschen an dem Virus, wie auch in Deutschland, sehr, sehr selten sterben. Interessant ist auch, dass Japan nur rund 18.800 Coronatote zu beklagen hat (2.2.2022, Johns-Hopkins).

Umgerechnet auf deutsche Verhältnisse – Japan ist dichter besiedelt als Deutschland und hat 125 Millionen Einwohner, Deutschland rund 83 Millionen – würden wir ungefähr 12.000 Coronatote haben.

Warum haben vor allem die Fernsehmedien, die die Mittel dazu haben, diesen Sachverhalt nicht genauer recherchiert? Wir hätten andere Methoden finden können als nur den Lockdown, den es in Japan so nicht gegeben hat (in Südkorea sieht es ähnlich gut aus).

Auch die viel gescholtenen Schweden stehen eigentlich ganz gut da: 15.960 Tote (2. Februar, Johns-Hopkins), wobei seit Ende November "nur" 800 neue Fälle hinzukamen.

In Deutschland, das wesentlich schärfere Maßnahmen ergriff, waren es 18.000 zusätzliche Tote; aufgrund der Bevölkerungszahl hätte man im Vergleich zu Schweden in Deutschland mit ca. 105.000 Toten rechnen müssen und nicht mit 118.000 (eigene Berechnungen aufgrund der Zahlen von Johns-Hopkins).

Dass Schweden weniger dicht besiedelt ist, ist ein Argument, aber die meisten Schweden leben im dichter besiedelten Süden des Landes, was das Argument relativiert. Allein in den drei größten Städten, die im Süden liegen, leben 5,5 von zehn Millionen Menschen.

Naomi Oreskes, US-amerikanische Wissenschaftshistorikerin, schreibt in ihrem Buch Why Trust Science?: "Scientists should still bear in mind, that … even with the best practices and the best of intentions, there is always the possibility of being wrong, and sometimes seriously so." Wissenschaftler können sich täuschen, trotz guter Absichten, und oft tun sie es auch.

In der Coronakrise ist dieser Grundsatz von den meisten Virologen missachtet worden und durch Gewissheit ersetzt. Alternativen zu anderen methodischen Vorgehensweisen sind so von vornherein verbaut worden in einer Gesellschaft, die von Anfang an durch zu viel Angst geprägt wurde und den einmal eingeschlagenen Weg kaum mehr verlassen konnte.

Und was machen wir mit der Grippe?

Im Übrigen werden erst langsam nicht nur die Studien zur Kenntnis genommen, die Grundlage für weiter restriktive Maßnahmen sein können, sondern die andere Wege aufzeigen könnten.

Vor allem für die Zukunft stellen sich aufgrund der Coronamaßnahmen Fragen. Wie gehen wir mit der Influenza um, an der oft auch Tausende von Menschen sterben? Mit Lockdowns? Oder sind ist die Zahl der Influenza-Toten zu niedrig, um einen Lockdown anzuordnen? Werden wir in Zukunft im Winter grundsätzlich Masken tragen müssen, um normale Grippetote zu vermeiden?

Die Konsequenz aus den Coronamaßnahmen muss heißen, dass wir die Influenza-Infizierten genauso intensiv schützen müssten wie die Coronainfizierten. Oder sind Grippe-Infizierte nicht so wichtig? Das heißt, dass Maske und Lockdown uns die nächsten Jahre dauerhaft begleiten könnten.

Mit den Coronamaßnahmen wollen wir doch Menschenleben retten, das betont auch immer wieder Karl Lauterbach. Wie sollen wir daher in Zukunft mit den Rauchern umgehen? Rauchen verursacht nicht nur enorme Kosten für unser Gesundheitssystem, sondern auch 127.000 Tote jährlich.

Können wir es zulassen, es in ihrer Verantwortung zu belassen, so dass sie früher sterben? Und welche Konsequenzen ziehen wir aus jährlich 3.300 Menschen, die durch Passivrauchen sterben.

Das sind auch Fragen für den Ethikrat. Müssen wir nicht sogar eingreifen, um die Menschen zu gesunder Ernährung zu verpflichten, da besonders ältere Menschen immer mehr Übergewicht haben? Adipositas sei schließlich folgenschwerer für schwere Corona-Erkrankungen als Diabetes, so brasilianische Wissenschaftler.

Wie wir mit Corona umgehen, wirft eine Fülle von nachfolgenden ethischen und auch medizinischen Fragen auf. Wenn wir den Schutz des Lebens ernst nehmen, und bei Corona haben wir das getan, auch durch massivste Eingriffe in die Grundrechte, müssen wir uns fragen, ob wir andere Gefahren, denen sich die Menschen aussetzen, ebenso restriktiv verbieten müssen.

Die Abwägung findet statt zwischen mehr Sicherheit und weniger Freiheitsrechten, für ein (etwas) längeres Leben, garantiert durch staatlich einschränkende Maßnahmen, oder mehr Freiheit für den einzelnen, der sich des Risikos seines Lebensstils bewusst ist und in Kauf nimmt, früher zu sterben.