Wasserstoff und Industriepolitik: Deutschland und Frankreich demonstrieren Einigkeit
Im Handelsstreit mit den USA sollen die EU-Länder ihre Wirtschaft stärker unterstützen können. Beim Thema Wasserstoff fanden beide Länder einen Kompromiss. Doch der Teufel liegt im Detail.
Deutschland und Frankreich sind sich einig: Im Handelsstreit mit den USA müssen die EU-Länder ihrer Industrie unter die Arme greifen. Beide Länder seien sich einig, dass die EU Mittel für "grüne Investitionen" im Industriesektor finden müsse, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron.
Macron traf sich am Sonntag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem Gipfel in Paris. Sie versuchten, die Differenzen zu überbrücken, die spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Beziehungen zwischen den beiden Regierungen belasten.
Bei dem Treffen wurde auch versucht, eine gemeinsame Antwort auf das Anti-Inflationsgesetz von US-Präsident Joe Biden zu formulieren. Konkrete Details wurden bei der Pressekonferenz nicht genannt, aber Macron betonte: "Wir haben eine echte Konvergenz in den Antworten, die wir geben".
Scholz erklärte, man wolle vor allem sicherstellen, dass die Europäische Union nicht schlechter behandelt werde als die unmittelbaren Nachbarn der USA: Kanada und Mexiko. "Das können wir nicht akzeptieren. Er fügte hinzu, dass Washington in diesem Punkt großes Verständnis signalisiert habe.
Im kommenden Monat werden sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder treffen, um über die Optionen zu beraten, die den Europäern bleiben. Eine sei, so der Finanzdienst Bloomberg, eine Klage bei der Welthandelsorganisation einzureichen.
Eine andere könnte darin bestehen, die EU-Beihilferichtlinien zu ändern, um den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum bei der Unterstützung ihrer Unternehmen zu geben. Auch Gelder aus EU-Fonds könnten an bedürftige Unternehmen weitergereicht werden.
Man sei sich einig, so Bloomberg, dass europäische Unternehmen Investitionen in fast beispiellosem Ausmaß tätigen müssten, um nicht von amerikanischen und chinesischen Unternehmen abgehängt zu werden.
Bei der konkreten Umsetzung der Ziele hört die demonstrative Einigkeit allerdings auf. Wie Reuters berichtet, sieht man in Berlin wenig Bedarf für einen neuen souveränen EU-Fonds, den Frankreich für notwendig hält.
In der Energiepolitik haben sich beide Seiten wieder angenähert: Die geplante Wasserstoff-Pipeline H2Med zwischen Spanien und dem südfranzösischen Marseille soll bis nach Deutschland verlängert werden. Darüber hatte es im vergangenen Jahr Streit gegeben. In einer am Sonntag vorgestellten Erklärung sprechen sich beide Länder nun dafür aus, die Pipelines grenzüberschreitend auszubauen und miteinander zu verbinden.
Im Gegenzug war die Bundesregierung bereit, ihren Widerstand gegen "kohlenstoffarmen" Wasserstoff aufzugeben. Das ist Wasserstoff, der nicht mit Strom aus erneuerbaren Energien, sondern mit Atomstrom hergestellt wird.
In der gemeinsamen Erklärung heißt es: "Wir werden außerdem sicherstellen, dass sowohl erneuerbarer als auch kohlenstoffarmer Wasserstoff bei den europäischen Dekarbonisierungsziele berücksichtigt werden kann".
Zu diesem Kompromiss kam es wohl auch, weil in der Vergangenheit Zweifel am Sinn des Pipelineprojekts H2Med aufgekommen waren. Denn der in Spanien produzierte Strom aus erneuerbaren Quellen dürfte nicht ausreichen, um den Bedarf an grünem Wasserstoff in Europa zu decken.
Die Regierung in Madrid geht in ihrer Energiestrategie bislang davon aus, dass bis 2030 nur 74 Prozent des Stroms in Spanien aus erneuerbaren Quellen stammen sollen. Für die Produktion von grünem Wasserstoff dürfte unter dieser Voraussetzung kaum Strom übrig bleiben.
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