Website des irakischen Fernsehens gecrackt
Offenbar handelt es sich um einen amerikanischen Täter, der meint, im göttlichen Auftrag zu handeln
Während noch unbekannt ist, ob die ersten Luftangriffe im Sinne des Pentagon erfolgreich waren, hat zumindest ein Cracker einen Erfolg erzielt und die Website des irakischen Fernsehens schon vor einiger Zeit gecrackt.
Die Website der irakischen Regierung, die von einem Provider im Libanon gehostet wird, war schon mehrfach das Ziel von Angriffen. So wurden beispielsweise einmal die Mails der Öffentlichkeit bekannt, die Menschen aus aller Welt Saddam Hussein geschickt haben. Dessen Account war aber offenbar unbenutzt und quoll auch von Spam über (Die Geheimnisse der Mailbox von Saddam Hussein).
Jetzt also hat ein Cracker, der irgendwie politisch und amerikanisch patriotisch motiviert zu sein scheint, die englische Webseite des irakischen Fernsehens - unter der TLD von Samoa - gecrackt und mit Botschaften auf Englisch an die Iraker gefüllt. Das scheint die Verantwortlichen nicht sehr zu stören, womöglich sind sie anderweitig zu sehr beschäftigt oder die englische Seite wird nicht beachtet. Dass das Internet für das Irak-Regime nicht sonderlich wichtig zu sein scheint, lässt sich auch daraus erschließen, dass sich hier auf englisch keine neuen Informationen finden. Der letzte Eintrag betrifft ein Präsidententreffen am 17. März. Man setzt offenbar vielmehr auf das Fernsehen selbst, das über Eutelsat auch anderswo empfangen werden kann, um die Propaganda des Regimes auszustrahlen, bis das Pentagon möglicherweise mit seiner Wunderwaffe alles lahm legt (Schon wieder eine neue "Wunderwaffe") oder sonst die irakischen Medien als erster Schritt im Informationskrieg ausschaltet (Bildbereinigung in den Medien).
Offenbar war der hinter der Bush-Regierung stehende Cracker auch von einer Art psychologischer Kriegsführung motiviert (oder ist überhaupt messianisch gestimmt, was sich auch an diesem Spruch ablesen lässt: "Learn More to Earn More! Thanks to God!"). Während das Pentagon Emails verschickte, Millionen von Flugblättern über dem Irak abwarf oder mit Radiosendungen die Menschen zu erreichen suchte (Die Online-Miliz), spricht der Cracker den "irakischen Freunden" Mut zu und verkündet, dass Gott - dann wohl in Gestalt von Bush - ihre Gebete erhört habe:
"Seine Menschen aus dem heiligen Land werden kommen, um euch vor Verzweiflung und Angst zu retten. Genau wie Er diese Site in meine Hände gegeben hat, um euch zu helfen und euch zu stärken, wird Er euch aus der bösen Gefangenschaft des dämonischen Killers Saddam befreien. Dieser Antichrist wird dem nicht standhalten können, unabhängig davon, wie viele Menschen ihn unterstützen."
Das scheint also ein Cracker mit göttlichem Auftrag zu sein, der auf ähnlicher Wellenlänge wie Teile der US-Regierung liegt. Vielleicht ein Novum in der Geschichte der Cracker. Wenn denn der Cracker tatsächlich mit Domain TechTrainingInAudio.com verbunden ist, die auf der überschriebenen Seite steht, dann scheint er aus Florida zu stammen. Eigentlich hatte ja das National Infrastructure Protection Center (NIPC) schon im Februar Cracker davor gewarnt, sich in den Irak-Konflikt einzumischen. Unabhängig von der Motivation seien Spammen, das Überschreiben von Webseiten, DoS-Angriffe oder andere Hackeraktivitäten illegal:
"Die US-Regierung duldet kein sogenannten 'patriotisches Hacken'. Auch nichtpatriotische Hacker können so getäuscht werden, dass sie Angriffe gegen ihre eigenen Interessen durch die Benutzung von bösartigen Programmen starten, die so gemacht sind, dass sie den Anschein erwecken, als würden sie Angriffe auf den Gegner richten, aber in Wirklichkeit die Interessen der Seite angreifen, die sie sendet. So und auf andere Weisen riskieren nichtpatriotische Hacker, Werkzeuge ihres Feindes zu werden."
Solche etwas halbherzigen Warnungen, doch nur dem Feind in die Hände spielen zu können, haben unseren von noch höherer Stelle beauftragten Cracker natürlich nicht beeindrucken können. Er gibt sogar der FBI noch seine Personalien an die Hand. Vielleicht will er aber auch nur Aufmerksamkeit finden oder einer ungeliebten Person eine auswischen.
Er weiß jedenfalls, dass der "Schlächter von Bagdad" beispielsweise US-Uniformen gekauft haben soll. Damit bekleidet sollen dann seine Schergen Iraker töten und quälen, um die Menschen gegen die USA einzunehmen. Doch die US-Truppen kommen nur, wie ja auch der Präsident sagt, um die Menschen zu befreien, wird den Lesern versichert. Schon die in die USA ausgewanderten Araber würden wissen, wie gut es ist, in einem solchen Land zu leben:
"Ich wünschte, ihr könntet alle im Land von Milch und Honig leben und ein friedliches Leben führen. Wir tolerieren in den USA Religionen lieben alle unvergänglich, die zu uns kommen. Unser Land ist auf der Religionsfreiheit gegründet, dass alle kommen und Gott auf ihre Weise verehren können.... Es ist wirklich ein Paradies auf Erden hier, und ich hoffe, dass ihr euer Land zu einem ähnlich glorreichen Maß an Frieden und Liebe entwickeln könnt."
Der gute Cracker im Paradies verweist auf die Website Exmuslim, wo man viele Geschichten von Muslims lese könne, die ihren Frieden in den USA gefunden haben, vor allem, weil sie zum Christentum übergetreten sind. Es gebe aber auch viele Millionen, die Muslims geblieben sind und ihre Religion frei praktizieren. Und weil im Paradies alle so gut sein sollen und für alle Menschen nur Gutes wollen, fordert der Cracker - der dem Krieg zuvorgekommen ist - dazu auf, schnell noch Hussein zu stürzen, um den Krieg zu vermeiden, oder eben den Amerikanern zu helfen, wenn sie angreifen.
"Schließt euch unserer von Gott gegebenen Regierungsform an und erfreut euch derselben Freiheiten. Gott segne euch alle."
Das ist alles so übertrieben, dass sofort der Verdacht aufkommen mag, es handele sich einmal wieder um eine Ironie. Oder ist gar die Seite von der amerikanischen Regierung gecrackt worden, um hier psychologische Kriegsführung zu betreiben und den Irakern das sagen zu können, was man trotz aller sonstigen Formulierungen sonst in der Öffentlichkeit eher nicht so direkt ausdrückt? Schließlich gibt es auch noch einen Link auf eine Pressekonferenz im Weißen Haus, bei der die geplanten humanitären Wiederaufbaumaßnahmen für den Irak das Thema waren. Aber das wäre dann doch ein wenig weit hergeholt, denn es gibt da auch noch einen Link, um für den wirklichen oder angeblichen Cracker aus Florida etwas zu spenden. Er nimmt gerne jede Summe und akzeptiert verschiedene Kreditkarten. Auch Befreiungsmissionen im göttlichen Auftrag müssen finanziert werden.