Welche Zukunft bleibt deutschen KrankenhÀusern?
Teure Kliniken: Sollen sie vor der Insolvenz gerettet werden? Gesetzliche Krankenkassen wollen deutlich weniger KrankenhĂ€user. HeiĂt der Trend: Konzentration auf lukrative Behandlungen?
Die Corona-Pandemie hatte zu einer krĂ€ftigen Verminderung der Leistungen von KrankenhĂ€usern gefĂŒhrt. Mit Ausgleichszahlungen konnten die dadurch bedingten Erlösminderungen aufgefangen werden, so dass das Jahr 2020 [1] fĂŒr KrankenhĂ€user unterm Strich wirtschaftlich besser war als 2019.
Das lieà sich dem "Krankenhaus Rating Report 2022 [2]" entnehmen. Sollte die Leistungsmenge nach der Pandemie jedoch niedrig bleiben und keine Ausgleichszahlungen mehr geleistet werden, stehen die KrankenhÀuser wieder vor gewaltigen Herausforderungen.
Ohne die Sonderzuwendungen von 2020 wird es fĂŒr viele KrankenhĂ€user schon bald sehr eng. Dies gilt vor allem fĂŒr KrankenhĂ€user im lĂ€ndlichen Raum und fĂŒr Patienten, fĂŒr die eine schnelle Versorgung ĂŒberlebenswichtig ist.
Die neunzehnte Ausgabe des "Krankenhaus Rating Report [3]", der im Rahmen des âłHauptstadtkongress 2023 â Medizin und Gesundheitâł vorgestellt wurde und gemeinsam vom RWI â Leibniz-Institut fĂŒr Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) erstellt wurde, stellte fest, dass sich die wirtschaftliche Lage deutscher KrankenhĂ€user im Jahr 2021 wieder verschlechtert hat.
Elf Prozent liegen demnach im âłroten Bereichâł mit erhöhter Insolvenzgefahr. Ihre Ertragslage hat laut des Berichts negativ entwickelt, 32 Prozent der Kliniken notieren auf Konzernebene einen Jahresverlust.
MaĂgeblich fĂŒr die schlechtere wirtschaftliche Lage der Kliniken, so stellt der Bericht fest, sei der RĂŒckgang der Ausgleichszahlungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie bei einem nach wie vor geringen Leistungsniveau der KrankenhĂ€user.
Dem deutschen Gesundheitswesen wird attestiert, dass es vor groĂen Herausforderungen steht, fĂŒr die es aktuell nicht gerĂŒstet sei.
Wenn die Statistik das Leben nur rudimentÀr abbildet
Auf die Frage, wie viele Kliniken Deutschland fĂŒr eine gute Versorgung brauche, will eine Berechnung des Verbands der Gesetzlichen Krankenversicherung [4] (GKV) ermittelt haben, dass kĂŒnftig 1.247 [5] der noch knapp 1.700 KrankenhĂ€user fĂŒr die Versorgung der deutschen Bevölkerung ausreichen wĂŒrden, also auf etwa 400 derzeit noch bestehende KrankenhĂ€user verzichtet werden kann.
Diese 400 Kliniken mĂŒssten nun erklĂ€ren, warum sie gebraucht wĂŒrden und unnötig FachkrĂ€fte bĂ€nden. Diese Vorstellung geht davon aus, dass die FachkrĂ€fte, die bei einer SchlieĂung dieser Kliniken entlassen wĂŒrden, dann wie selbstverstĂ€ndlich bei den verbliebenen Einrichtungen weiterarbeiten wĂŒrden.
Die GKV-Berechnung nimmt an, dass 1.247 Kliniken fĂŒr die medizinische Versorgung der Bevölkerung in Deutschland ausreichen wĂŒrden. FĂŒr eine erweiterte oder umfassende Notfallversorgung wĂŒrden sogar 422 Kliniken genĂŒgen.
358 Kliniken mit Notfallstufe gĂ€be es darĂŒber hinaus in einem Fahrzeitradius von 30 Minuten. AuĂerdem gĂ€be es 272 FachkrankenhĂ€user mit mindestens 500 vollstationĂ€ren somatischen FĂ€llen und 64 alleinstehende KinderkrankenhĂ€user, Schlaganfall-Stationen oder Traumazentren. Zudem brĂ€uchte es 131 regionale KrankenhĂ€user, ohne die die Versorgung vor Ort nicht sichergestellt wĂ€re.
Die Gesetzlichen Krankenkassen wollen mit ihrer aktuellen Berechnung sicherstellen, dass sie kĂŒnftig nur noch fĂŒr die Behandlung in solchen KrankenhĂ€usern bezahlen mĂŒssen, welche die geplanten bundesweit geltenden QualitĂ€tsstandards mit ihren einheitlichen Kriterien fĂŒr die Ausstattung erfĂŒllen.
Die Ausstattung der KrankenhĂ€user mĂŒsste jedoch von den jeweiligen BundeslĂ€ndern finanziert werden, was diese seit vielen Jahren nicht mehr wie eigentlich vorgesehen leisten.
An diesem Punkt scheiterten bislang auch die Verhandlungen der LĂ€nder mit dem Bundesgesundheitsministerium. Aktuell mĂŒssen sich die Kliniken auf solche Eingriffe konzentrieren, bei welchen sie sehr effizient arbeiten können und gut verdienen.
Nur so können sie die anstehenden Investitionen ermöglichen, wobei es den Kliniken auch kaum verĂŒbelt werden kann, wenn sie unter den gegebenen Bedingungen vorrangig in solche Bereiche investieren, die einen schnellen Return on Investment ermöglichen.
Um diese Entwicklung zu beenden, muss es fĂŒr die Kliniken dringend zur EinfĂŒhrung einer fallmengenunabhĂ€ngigen Vorhaltefinanzierung der Krankenhausleistungen kommen, die den Mengenanreiz bei den geleisteten Eingriffen reduziert und die Daseinsvorsorge stĂ€rkt.
Demografischer Wandel in Europa
Da das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland in den kommenden Jahren stark sinken wird, weil die geburtenstarken JahrgÀnge schrittweise den Arbeitsmarkt verlassen und die geburtenschwachen JahrgÀnge aus den 2000er-Jahren in den Arbeitsmarkt eintreten, steht die Gesundheitspolitik vor dem Dilemma, dass der Knappheit von FachkrÀften mit qualifizierter Zuwanderung nur bedingt entgegengewirkt werden kann.
Denn da der demographische Wandel die Bevölkerungsstruktur in ganz Europa prĂ€gt, muss man die Anwerbung von FachkrĂ€ften auf andere Kontinente ausdehnen, wobei dort dann das Problem entsteht, dass die flexibelsten und am besten ausgebildeten FachkrĂ€fte abgeworben werden und ihrem Heimatland nicht mehr zur VerfĂŒgung stehen.
ErgĂ€nzen will man das Gesundheitswesen kĂŒnftig durch eine effiziente Patientensteuerung. Dahinter verbirgt sich die Etablierung einer sogenannten Gatekeeper-Funktion mit sozial abgefederten Eigenbeteiligungen und dem Ausbau der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung.
Bislang reduziert sich diese in den meisten FÀllen auf den Heilungsanspruch der Versicherten. Die Eigenverantwortung der Patienten beschrÀnkt sich meist auf die Bezahlung der KrankenkassenbeitrÀge.
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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.vdek.com/magazin/ausgaben/2022-04/krankenhaus-rating-report-2022.html
[2] https://www.rwi-essen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhaus-rating-report-2022
[3] https://idw-online.de/de/news816085
[4] https://www.gkv-spitzenverband.de/
[5] https://www.msn.com/de-de/finanzen/finance-healthcare/gesundheit-kassenverband-h%C3%A4lt-mehr-als-400-kliniken-f%C3%Bcr-verzichtbar/ar-AA1c1RjI?li=BBqg6Q9
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