Wenn China Deutschland beim Umweltschutz überholt
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Lange Zeit galt Deutschland in Asien als leuchtendes Vorbild in Sachen Umweltschutz. Die Verlagerung so mancher umweltschädlichen Produktion ins Ausland war daran nicht ganz unbeteiligt. Diese Zeiten gehen zu Ende.
Das gute Vorbild schlägt in Fernost meist jede mühsame Argumentation. Chinesische Delegationen waren in der Vergangenheit ziemlich beeindruckt, wie sauber und aufgeräumt die Umwelt in Deutschland ist und waren ganz aus dem Häuschen, wenn sie dann auf dem Land doch mal eine Rauchwolke entdeckten, die sich dann bei näherem Betrachten doch nur als Kartoffelfeuer auf einem abgeernteten Acker entpuppte.
Schon in den 1990er-Jahren war "Clean Energy" in Shanghai ein nachgefragtes Thema. Kongresse und Vorträge in diesem Umfeld waren gut besucht. Parallel zur Motorisierung hat man in der Stadt, die sich schneller wandelte, als es sich ein Europäer damals vorstellen konnte, mit deutscher Hilfe den Bau eines U-Bahn-Netzes begonnen, das zügig um eine Hochbahn aus eigener Entwicklung ergänzt wurde.
Typisch für China haben sich die einzelnen Provinzen unabhängig von Vorgaben Beijings entwickelt und jede für sich hat selbst zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Schonung der Umwelt entschieden. Inzwischen fällt die Entscheidung immer häufiger für Umwelt und Klima.
Denn der Klimawandel ist heute nicht nur gut sichtbar in China angekommen, das Niedrigwasser im Jangtse sorgt auch dafür, dass die Wasserkraftwerke dort kaum noch zur Stromerzeugung beitragen, was inzwischen zu periodischen Stromabschaltungen führt und die Industriebetriebe in der Produktion behindert, was dem erhofften Wirtschaftswachstum eher hinderlich ist. Das haben inzwischen auch die staatlichen Stellen erkannt.
Das Sozialkreditsystem als Instrument für mehr Umweltschutz
Das chinesische Sozialkreditsystem (SCS) wird in Deutschland meist mit einer Bestrafung für das Überqueren einer Kreuzung bei einer roten Ampel in Verbindung gebracht. Die Überwachung der Individuen im täglichen Leben ist dabei mitnichten die Kernaufgabe des SCS und auch keine Aktivität der Zentralregierung in Beijing, sondern Aufgabe der Provinzen, die da weitgehend eigenständig vorgehen.
So gibt es einige Regionen, in welchen der Umweltschutz im SCS eine Rolle spielt. Das SCS ist Teil eines umfassenden Vorstoßes der chinesischen Regierung unter Xi Jinping zur Durchsetzung von Regeln und Vorschriften. Der wichtigste Kategorisierungsmechanismus des Systems besteht aus Einträgen in Register und Listen, mit denen das Verhalten von Unternehmen und Einzelpersonen belohnt (Redlisting) oder bestraft wird (Blacklisting und sogenannte Verwaltungsstrafen).
Bekannt ist die Bedeutung des SCS in Bezug auf Umweltschutzregeln aus den Provinzen Shanghai, Jiangsu und Jilin, wo Verwaltungsstrafen und die entsprechenden Einträge im SCS gegenüber Bayrischen Unternehmen im Rahmen einer Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) gefunden wurden.
Wie unterschiedlich die einzelnen Provinzen ihre Schwerpunkte bei der Verfolgung von Regelverstößen setzen, erkennt man nicht zuletzt daran, dass aus den Provinzen Peking und Guangdong bislang keine entsprechenden Verwaltungsstrafen mit Umweltbezug bekannt sind. In diesem Zusammenhang wird es spannend, ob das chinesische SCS auch wie beabsichtigt Anwendung findet im Falle von chinesischen Beteiligungen an europäischen Firmen.
Schon seit 2017 sind einschneidende Umweltschutzmaßnahmen aus China bekannt, als fast 4.000 von über 7.000 Unternehmen in der Provinz Hebei ihre Produktion einstellen mussten, weil sie die Luft über Hebei zu stark verpesteten.
Ausländische Firmen, die ihre schmutzige Produktion nach China verlagern wollen, um deutsche Umweltvorschriften zu umgehen, werden kaum noch eine Chance im Reich der Mitte haben.
Alle Warnungen, wonach verschärfte Umweltvorschriften zu einer Gefährdung des Industriestandorts Deutschland führten, wie dies aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium kürzlich verlautete, haben die chinesische Politik nicht verstanden